Glaubensbastion präsentiert sich im Gerüst

Die eingerüstete St.-Georgs-Kirche gilt als Wohlfühlort der evangelischen Gemeinde. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach (HB). Sie steht auf dem Plateau oberhalb der Kirchgasse wie ein Bollwerk gegen Verfall und Vergänglichkeit. Die St.-Georgs-Kirche ist für die evangelischen Christen in der Stadt eine Glaubensbastion. Derzeit steht an dem Gotteshaus ein Gerüst, und das sorgt für Irritationen. Doch aus der Gemeinde kommt die beruhigende Nachricht, wonach die Statik auch weiterhin im Lot ist. Aber es gibt an der Außenfassade Holzelemente, die restauriert werden müssen.

Alle paar Jahre nimmt der Bauausschuss des Kirchenvorstands die Liegenschaften unter die Lupe. Das Gemeindehaus wird genauso inspiziert wie der Kindergarten und das Pfarrhaus. Aber das Augenmerk gilt vor allem der Kirche, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert stammen. „Sie ist ein Wohlfühlort“, hebt Heinrich Schlomann, seit September an der Spitze des Kirchenvorstands und Mitglied im Bauausschuss, die Bedeutung „des schönsten Gebäudes der Stadt“ hervor. Am vergangenen Sonntag saß er auf einer Gerüstbohle und gestaltete im Zwiegespräch mit Pfarrer Herbert Lüdtke den Video-Gottesdienst. Botschaft: Die Gemeinde lässt die Kirche nicht verkommen.

Im Mittelalter versammelten sich an diesem Ort die Christen aus den wenigen Steinbacher Höfen in einem niedrigen Steinbau mit Flachdach, in dem innere Einkehr gehalten, aber nicht gepredigt wurde. In dem Buch „Die Kirchen in Steinbach“, einer Publikation des Geschichtsvereins aus dem Jahr 2000 , ist von einem Raum in den Maßen neun mal sechs Meter die Rede. Bislang ist ungeklärt, ob der Dachreiter mit dem Glockenstuhl bereits Bestandteil der Ur-Kirche war.

Im 18. Jahrhundert nahm St. Georg seine heutige Form. an. Eine verlässliche und ergiebige Quelle für den Bauboom ist das allererste Kirchenbuch, das den Zeitraum von 1676 bis 1745 umfasst und Handwerkerrechnungen für Maurer und Zimmerleute auflistet. Damals wuchs die Kirche auf 17 Meter Länge und acht Meter Breite – in dieser Epoche wurden die drei Fenster auf der Südseite eingebaut, die Apsis mit dem Altarraum geschaffen und auch die Nordseite mit zwei weiteren Fenstern aufgelockert. Damit war im Innenraum genug Licht vorhanden, um Bibeltexte zu lesen und Predigten zu halten.

Gerüst für eine Holzblende

Rüdiger Voerste hat die wichtigen Daten aus der Kirchengeschichte parat, denn der gelernte Bauingenieur ist gleichsam der Kirchenpate der Gemeinde. Mit Schlüsselgewalt für den Sakralbau, in dem er am Tag des Denkmals Führungen anbietet. Bei der jüngsten Begehung mit dem Bauausschuss wurde eine Mängelliste erstellt, die unterdessen in eine Vergabe von Holz-und Malerarbeiten an eine Oberurseler Firma mündete, die den Auftrag für knapp 10 000 Euro bis zum Juni erledigen wird. Das Gerüst ist notwendig, weil eine Holzblende, die unterhalb der Dachrinne um das gesamte Gebäude verläuft, abgedichtet und gestrichen werden muss.

Im Fokus befinden sich vor allem die beiden Portale aus Holz, ebenerdige Eingänge an West- und Südwand. Es sind Holzztüren mit identischen Maßen – einen Meter breit und zwei Meter hoch. Das Südportal trägt im steinernen Rundbogen die Jahreszahl 1712. Es dient heute nurmehr als Notausgang. Am Hauptportal an der Westseite fehlt eine Jahreszahl, doch die Farbgestaltung gleicht dem Pendant.

An beiden Türen sind Restaurierungsarbeiten notwendig. Holz splittert und Farbe bröckelt. Der Erhalt des Farbtons ist durch den Denkmalschutz vorgegeben. Aus einer umfangreichen Farbpalette hat Rüdiger Voerste mit der ausführenden Firma gemeinsam ein Taubenblau und ein Grau ausgewählt, die den Anforderungen gerecht werden. Eine Behandlung braucht auch der beige Holzrahmen des oberen Fensters, bleiverglast, auf der Nordseite des Kirchenbaus., das für Licht auf der Empore sorgt.

Die nächste Baustelle auf dem Kirchenhügel wird vermutlich im Inneren liegen und einen Austausch der Elektrokabel für die Uhr und das Glockengeläut einschließen, die 50 Jahre alt sind und den heutigen Sicherheitsansprüchen nicht mehr genügen. Im Kirchhof hat der Einsturz des Ziegeldachs über einer Scheune in der Bornhohl im vergangenen Sommer Schäden angerichtet. Das Eisengeländer auf dem Mauersims und die Mauer selbst müssen repariert werden. Momentan spricht alles dafür, dass die Versicherung die Kosten übernehmen wird.

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