Keine Tagespflege im Neubauprojekt

Pfarrer Werner Böck zeigt auf die Wiese neben dem Gemeindezentrum, die als Baugrund für 15 Senioren-Wohnungen vorgesehen ist. Foto:HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. In der Rückschau mutet die Idee geradezu aberwitzig an. Aber in den 1960er-Jahren sollte die denkmalgeschützte St.-Georgs-Kirche tatsächlich auf das Abstellgleis bugsiert und zur Kulturkirche degradiert werden. Statt dessen war auf dem Gelände an der Untergasse ein Kirchenneubau geplant. Doch schließlich fehlte es am Geld für das Gotteshaus. Gut 50 Jahre später wird auf dem Grund und Boden der evangelischen Gemeinde aber wirklich gebaut. Neben dem Gemeindezentrum sollen 15 Wohnungen hochgezogen werden.

Die Konzentration des Gemeindelebens in der Nähe des Bürgerhauses war damals keine Fiktion, sondern Realität. Die Stützpfeiler für den Glockenturm wurden bereits gegründet und sind noch heute an der Treppe vor dem Kindergarten zu erkennen. Dabei bedarf es aber der Hilfestellung und des kundigen Blicks von Pfarrer Werner Böck, der sich zum Bauexperten in der Gemeinde entwickelt und das aktuelle Projekt von Anfang an begleitet hat. Im Oktober 2015 beschloss der Kirchenvorstand, die Wiese zwischen dem Gemeindezentrum und dem Altenpflegeheim von Avendi mit einem dreistöckigen Wohnhaus zu bebauen.

Lerngemeinschaft

Das 300 Quadratmeter große Rechteck wird für einen Erbpachtzins an die Zentrale Pfarrvermögensverwaltung der Landeskirche in Darmstadt abgetreten, die bereits 18 derartige Flächen bebaut hat. Ursprünglich sollten hier auch „anerkannte Asylbewerber eine Perspektive für die Integration finden“, wie es in dem von Böck formulierten Konzept hieß. Mittlerweile sind Senioren die alleinige Zielgruppe, deren Zahl in der Alterstufe 75 plus in der Gemeinde um 20 Prozent zugenommen hat. 15 Wohnungen sollen dem Bedarf gerecht werden und „diesen Menschen in Steinbach eine geistliche Heimat“ und eine Bleibe-Perspektive geben. Aus der unmittelbaren Nachbarschaft zum Gemeindezentrum könne sich „eine Lerngemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ entwickeln, stellt Pfarrer Böck in seiner Agenda über „seniorengerechtes Wohnen“ in der Gemeinde fest.

Von Flüchtlingen als Mieter in dem Kirchenhaus ist nicht mehr die Rede. Die wegen der überhitzten Konjunktur galoppierenden Baupreise treiben die Miete auf zwölf Euro pro Quadratmeter hoch, erläuterte der kirchliche Vermögensverwalter Markus Keller bei einer Gemeindeversammlung von St. Georg. Deshalb verbietet es sich, von bezahlbarem Wohnraum zu sprechen, wenngleich die Wohnungsgröße zwischen 50 und 60 Quadratmetern die Miete ingesamt in Grenzen hält. „Wir fokussieren uns auf seniorengerechtes Wohnen,“ gibt Werner Böck die Richtung vor. Damit leistet die Gemeinde einen Beitrag zur Minderung der Wohnungknappheit, die laut Kirchengemeinde bis 2030 in Steinbach den Bau von 500 Wohneinheiten erforderlich macht. Zugleich werde das Quartier am Bürgerhaus als „soziale Meile“ fortentwickelt.

Das ursprüngliche Konzept ist noch in einem anderen Punkt korrigiert worden. Zuletzt wurde auch die Hoffnung begraben, im Erdgeschoss des Neubaus eine Tagespflege anzubieten. Die Diakoniestation Kronberg/Steinberg spricht nunmehr von einem „Stützpunkt mit ambulanter Pflege und Demenz-Beratung“. Geschäftsführer Stephan Bentz begründet die Entscheidung mit dem generellen Personalnotstand in Pflegeinrichtungen. Bauherr und Kirchengemeinde bedauern den Beschluss des Diakonieverbands, denn der Bedarf für eine Tagespflege sei unbestritten.

Fertigstellung 2021

Der Zeitplan für das auf 2,5 Millionen Euro geschätzte Wohnungsbauprojekt sieht vor, den Bauantrag in den nächsten Wochen beim Hochtaunuskreis einzureichen und den Spatenstich im Herbst zu terminieren. Die Bauzeit wird auf ein Jahr geschätzt.



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