Lüdtke engagiert zwischen Bütt und Aschermittwoch

Steinbach (HB). Der politische Aschermittwoch, den kennen die Älteren, seitdem Franz Josef Strauß im Passauer Bierzelt den Untergang des Abendlandes durch die „Roten“ beklagt hat. In der Steinbacher St.-Georgs-Kirche wurde bereits am Sonntag vor Aschermittwoch reilich Politik gemacht. Protagonist war Pfarrer Herbert Lüdtke, der seit Jahren zur Fassenacht die rote Narrennase aufsetzt und eine „Büttenpredigt“ hält, die überaus populär ist. Ansonsten ist die Kirche nur am Heiligen Abend so voll. In der Gemeinde gibt es dennoch Stimmen, die verlangen, die Politik draußen vor der Kirchentür zu lassen. Die sind ganz offensichtlich in der Minderheit.

Als das Blutbad von Hanau die Runde machte, öffnete der Seelsorger vergangenen Donnerstag das Kirchendenkmal für ein Friedensgebet, an dem auch Muslime teilgenommen haben. Es stellte sich die Frage, ob er den „Spagat“ schaffen werde zwischen „Trauer und Nachdenklichkeit“ auf der einen Seite und dem Wunsch, „durch Lachen die Furcht zu vertreiben.“ Lüdtke schaffte es. Im Stile eines närrischen Protokollers spießte er – garniert mit Bibelzitaten – das Thüringer Polit-Trauerspiel („Da hawwe FDP und CDU de dickste Bock nach 1945 geschosse.“) genauso auf wie „Flinten-Uschis“ Wechsel von Berlin nach Brüssel: „Ein Glück, dass se dort is und nemmer hier.“ Der gebürtige Frankfurter kann Hessisch.

Im blauen Pulli prophezeite er von der Kanzel: „Die Briten werde ganz schnell kapiern, dass se allaans net weit komme.“ Greta Thunberg nannte er eine „Superökotante“, und wie Frankfurts OB „so viele Affäre üwerleeve kann“, das sei ohne Beispiel. Der Synodale Weg der katholischen Glaubensbrüder und -schwestern wird nach seiner Überzeugung in die Sackgasse führen. „Am End bleibt alles, wie es is.“ Und deshalb „tut sich auch am Zölibat überhaupt nix ännern und die Nächstenliebe bleibt weiter a Sach zwische Männern.“

Nach einem Ausflug zum Coronavirus landete Lüdtke bei dem „Flüchtlingssterben im Mittelmeer“, das jedem aufrechten Christen Alpträume bereite. Dem Rettungschiff „Poseidon“, das mit Spendengeldern der evangelischen Kirche gekauft wurde, wünchte er allzeit gute Fahrt: „Ich hoff, dass unser Arche viel Leute rette tut, auch in der St.-Georgs-Gemeinde finde mir des gut.“

Mit Gelächter quittierte die Gemeinde das Bild, das ihr Pfarrer vom Elterntaxi im SUV-Format zur Grundschule zeichnete: „De 120-Kilo-Stadtpolizist in seinem Smart-Autosche grimmig grollt, wenn die 40-KiloPilates-Mutti in ihrem tonneschwere Panzer anrollt“. Warum macht Bürgermeister Steffen Bonk eine „guude“ Figur? „Ei der war mal Kirchevorsteher, der is aaner wie mir.“ Dem „Kronefischer-Kapitän“ Lars Knobloch heftete er das Etikett „Verständlich-Schwätzer“ an. Und überhaupt: „Mir hawwe viele nette Leut im Parlament, da brauche mir net die schmierische Faschiste von der AfD.“

Der närrische Gottesdienst klang mit einem Appell aus. „Fallt nicht auf Faschismus und völkisches Denken rein. Das ist vom Teufel und soll nach Gottes Willen nicht sein.“ Christen müssten überall gegen Hass und Intoleranz ihre Stimme erheben. „Schweigen, das geht gar nich.“ Lüdtke hat, seit vergangenen Freitag die Mainzer Fassenacht im TV lief, ein professionelles Vorbild. Was der Vorsitzende Andreas Schmitt aus dem Hanauer Amoklauf geschlossen hat, das gefällt dem Pfarrer:. „Demokratie wird triumphieren., dieses Land werdet ihr niemals regieren.“



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