Mubarik fährt eine reiche Obsternte ein

Naila Janjua ist zusammen mit der kleinen Schwester von Mubarik (v. r.) froh, dass der Pflücker bis in die Baumwipfel am Grünen Weg greift und auf diese Weise reiche Ernte macht. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Sie sind an den grünen Rändern der Stadt unterwegs. Sie haben lange Stangen dabei, an denen ein Sack hängt. Es ist die Zeit der Selbstpflücker. Die Stadt hat ein halbes Dutzend Streuobstwiesen für die Ernte freigegeben, damit Äpfel und Birnen nicht zum Fallobst werden und am Boden verfaulen. Familien gehen mit Kind und Kegel auf Tour und bringen dem Nachwuchs die Natur näher.

Die Lizenz zum Ernten gibt das Büro der Sozialen Stadt aus. Teilnehmer am „Obstprojekt“ verpflichten sich, mit den eingesammelten Früchten keinen Handel zu treiben. Wer auf die Leiter oder von Ast zu Ast steigt, tut dies auf eigene Gefahr. Die erntereifen Bäume sind mit rot-weißen Bändern gekennzeichnet. Sie stehen am Grünen Weg, an der Ecke Nicolaiweg/Kronberger Straße, an der Gemarkungsgrenze jenseits des Apfelwegs, an der Regionalparkroute unterhalb des Fohlenhofs und in der Nähe des katholischen Kindergartens nördlich des Nicolaiwegs. Die Zeit der Kirschen und Beeren ist vorbei, aber Äpfel und Birnen locken mit köstlichem Aroma. Auch Nussbäume sind im Angebot.

Vergangenen Samstag war für Familie Janjua Erntezeit. Mutter Naila trägt die einjährige Tochter vor der Brust. Der zehnjährige Mubarik verschwindet erst einmal im Geäst eines Birnbaums. Der steht am Rande des Grünen Wegs in Höhe des Basketballfelds. Mutter und Sohn haben sich bei der Sozialen Stadt einen Obstpflücker ausgeliehen. Nun wandern die Blicke über einen Streifen mit sieben Obstbäumen, in deren oberen Etagen sie reiche Ernte machen. Die beiden führen die Stange geschickt durch das Astgewirr und setzen den Pflücksack behutsam an. Ansonsten könnten die Äste brechen und das Obst zu Boden fallen.

Für die Familie aus der Nachbarschaft des Spielplatzes in der Obergasse, auf dem Naila die Leihstation für Sandkastenspielzeug betreut, ist es die zweite Erntetour, und wieder füllen sich die Taschen. Naila hat bereits acht Gläser mit dem Obst aus den Steinbacher Wiesen eingemacht. Es sind Geschenke für besondere Gelegenheiten. Äpfel werden mit Zimt und Birnen mit Kardamom verfeinert, einem Gewürz aus ihrer pakistanischen Heimat. Mubarik isst das Obst aus der Hand. Ihm macht die Ernte viel Spaß, vor allem wenn er den Stamm hochkraxeln kann, bekommt der Ausflug eine abenteuerliche Note, erinnert ein wenig an den Besuch im Kletterpark.

Für den IGS-Schüler ist der Ausflug zur Streuobstwiese im Steinbacher Grüngürtel nichts besonderes. Mubarik, ein arabischer Vorname, der Glück und Segen bedeutet, hält sich oft im Freien auf, geht mit der Familie regelmäßig in den Stadtwald, war auch schon auf einem Bauernhof. Er trägt ein blaues Trikot mit der Nummer 7, womit er seinem Fußballidol Ronaldo huldigt Für den Fall eines Malheurs beim Pflücken hat er Heftpflaster dabei, mit dem er an der Schule schon öfter Erste Hilfe geleistet hat. Der Junge weiß schon, was er will. Zu 70 Prozent stehe fest, dass er Arzt werde.

Quartiersmanagerin Bärbel Andresen, Organisatorin des „Obstprojekts“, unterstreicht den Spaßfaktor für die Familien, von denen 20 an der Pflückaktion teilgenommen haben. Sie sieht aber auch einen Lerneffekt, denn nun wüssten die Kinder: „Das Obst kommt nicht aus dem Supermarkt, sondern vom Baum.“ Im vergangenen Jahren hatte die Stadt ihre Wiesen erstmals für die Obsternte freigegeben. Damals gab es 18 Anmeldungen.

Weitere Artikelbilder



X