Nachhaltigkeit kommt auf den Laufsteg

Über den Laufsteg zu schreiten macht den beiden „Damen mit Hut“, Judith Ballwieder und Ludmilla Staffenberger (v. l.), sichtlich Spaß. Zumal sie aus den Beständen des Awo-Kleiderladens zünftig eingekleidet sind. Dafür gibt es kräftigen Applaus vom Publikum. Foto: bmi

Von Bettina Müller-Ifland

Steinbach. Eine gelungene Auftaktveranstaltung läutet ein neues Zeitalter der Bürgerbeteiligung ein. Mit Interessengemeinschaften und einem Gesamtbeirat werden vielfältige Themen aufgegriffen, Ideen gesammelt und weitergetragen.

Nachhaltigkeit ist eins der großen Themen unserer Zeit. Dass es die Steinbacher intensiv beschäftigt, war am vergangenen Freitagabend im Bürgerhaus zu erleben. Mit „Nachhaltigkeit auf dem Laufsteg“ stellte sich die erste der neu gegründeten Interessengemeinschaften (IGs) vor, in der sich Bürger aller Altersstufen treffen, um sich auszutauschen, Ideen zu sammeln und Wünsche für die Zukunft zu äußern. Als erste der sechs Gruppen präsentierte sich die IG Nachhaltigkeit mit einer bunten Modenschau und vielen Ideen an den Pinnwänden, die im Anschluss zum Diskutieren und Mitmachen einluden.

Am nachhaltigsten ist Kleidung dann, wenn sie nicht entsorgt, sondern weitergegeben wird. Und so vielleicht im Awo-Kleiderladen in Steinbach landet – und es von dort sogar wie an diesem Abend bis auf den Laufsteg schafft. Zahlreiche Steinbacher präsentierten in Grüppchen oder gleich als eingeschworene AG die erstaunlich vielfältige und ansprechende „Awo-Mode“ vom rustikalen Karohemd bis zum schicken Sommerkleid mit Strohut. Alle „Models“ von Klein bis Groß waren mit sichtlich Spaß bei der Sache, drehten angefeuert von Moderatorin Katja Sattler so manche Extra-Runde, damit „die sommerliche Kombination für sie und ihn, passend zum Sundowner“ ebenso wie Cocktailkleid und Abendrobe oder auch Sportdress und Wanderhose mit Funktionsjacke gebührend gewürdigt werden konnten. Auch Einflüsse aus fernen Ländern fanden sich mit nachhaltig hergestellter, handgefärbter und handbestickter Kleidung aus Bangladesh oder den farbenfrohen Kleidern aus Kamerun. Es war ein Abend der Vielfalt, nicht nur hinsichtlich der Mode, sondern auch hinsichtlich der Teilnehmer und der Besucher. Die kulturelle Vielfalt Steinbachs, die schon in den diversen AGs harmoniert, zeigte sich auch unter den zahlreich erschienen Besuchern, die sich im Bürgerhaus einfanden.

Kulturelle Vielfalt ist ein Plus

Quartiersmanagerin Bärbel Andresen lobte dementsprechend auch diese kulturelle Vielfalt als einen der „Schätze“ Steinbachs, als Potenzial, das es zu festigen gelte. Dieses Potenzial wurde bereits sichtbar unter dem Einfluss der „Sozialen Stadt“, das Bürger-Engagement blühte auf und schlug sich in zahlreichen AGs nieder. So beispielsweise in der „Nähwerkstatt“, der „Eine-Welt-Gruppe“, „Steinbach repariert“ und „Steinbach blüht“, die an diesem Abend mit über den Lauftsteg zogen und ihr nachhaltiges Handeln demonstrierten, up-cycelte Kleidung und Umhängetaschen zeigten, mit einem Wildblumenstrauß das Auge erfreuten oder daran erinnerten, dass oft auch bei elektrischen Kleingeräten viel repariert werden kann, so dass eine Neuanschaffung entfällt. Auch die „Fahrradwerkstatt“ zog mit einer echten Antiquität über den Laufsteg, einem Faltrad, das immer noch seinen Dienst tut. Dazu zeigte die Girls-Group mit den Gemüsekisten, welche heimischen Genüsse Gärten und Felder hervorbringen können, und die „Eine-Welt-Gruppe“ hatte fair gehandelten Kaffee, Tee und Schokolade im Angebot.

Eigene Ideen sind gefragt

Nach der Modenschau war Zeit, sich nicht nur zu stärken, sondern sich auch an den Pinnwänden die bisher gesammelten Ideen und Wünsche zur Nachhaltigkeit anzusehen und auch selbst zu Stift und Papier zu greifen, um eigene Gedanken aufzuschreiben und anzupinnen. Das war ganz im Sinne von Bürgermeister Steffen Bonk, der in seiner Einführung in den Abend erläuterte, dass „wir ein neues Kapitel der Bürgerbeteiligung mit den IGs aufschlagen wollen“ mit dem „Ziel, die Stadt gemeinsam leben und gestalten“. Jeder, der in Steinbach lebt, ist aufgerufen sich zu beteiligen, entsprechend seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen, ohne dass eine thematische oder zeitliche Festlegung auf eine bestimmte IG erforderlich ist. Bärbel Andresen erläuterte, dass sich die unterschiedlichen IGs in der nächsten Zeit jeweils mit einer eigenen Veranstaltung vorstellen werden, ebenfalls mit Zeit zum Diskutieren und Ideen sammeln. Bei dem danach folgendem Treffen werden die Ideen und Ziele ausgewertet, die bis dahin zusammen getragen wurden. Beim vierten Treffen, das noch in diesem Jahr stattfinden soll, wählt dann jede IG jeweils zwei stimmberechtigte Vertreter für den Gesamtbeirat. Dieser fungiert als Dachorganisation der IGs und bündelt ihre Interessen.

Neue Wege der Bürgerbeteiligung

Dem Gesamtbeirat gehören weiterhin nicht stimmberechtigte Vertreter der Institutionen und Gremien an wie etwa der Bürgermeister, Stadtverordnetenvorsteher, Vorsitzende der Sozialen Stadt, von Vereinsring und Gewerbeverein. Sie sollen Unterstützung gewähren bei der Durchführung der Anliegen und Vorhaben der Bürger und als Multiplikatoren wirken. Andresen betonte, dass mit dem Gesamtbeirat kein „Scheinparlament“ aufgebaut werden solle, sondern ein „Mitmachangebot für alle Bürger“. Im kommenden Jahr sind dann die ersten Treffen des Gesamtbeirats geplant, ergänzt mit weiteren Treffen der IGs. Zwischen diesen und dem Gesamtbeirat soll ein transparenter steter Informationsfluss in beide Richtungen stattfinden, so dass hier Bürgerbeteiligung gelebt werden kann.



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