Prächtiger Rahmen für den Wahlsonntag

Gut geschützt im Schatten der Pavillons verfolgen zahlreiche Besucher den stimmungsvollen Open-Air-Gottesdienst und die vielen unterschiedlichen Musikbeiträge, die den Wahlgang zu einem Fest der Gemeinde werden lassen. Mit dazu gehört auch ein Rückblick des Kirchenvorstands auf die vergangenen sechs Jahre, verbunden mit seinem besonderen Dank an alle Mitwirkenden, die zum Gelingen dieses besonderen Sonntags mit Wahl, Gottesdienst und Konzert beigetragen haben. Fotos: Andreas Mehner

Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Es war nicht nur ein schlichter Wahlsonntag mit einem schnellen Kreuzchen in einer engen Wahlkabine, sondern ein feierlicher Tag, den die St-Georgs-Gemeinde festlich gestaltete mit einem stimmungsvollen Open-Air-Gottesdienst, untermalt von einem lustig-nachdenklichen Sketch und Musik von Klassik bis Pop.

Die evangelische St.-Georgs-Gemeinde hat einen neuen Kirchenvorstand (KV). Bei der Wahl am vergangenen Sonntag wurden sieben Mitglieder des Gremiums wiedergewählt. Drei Neue kamen hinzu. Nach dem vorläufigen Endergebnis, das vom alten Vorstand, der noch bis Ende August im Amt ist, bestätigt werden muss, haben 369 von 1961 Stimmberechtigten votiert. Damit lag die Wahlbeteiligung bei 18,82 Prozent. Im Durchschnitt beteiligten sich laut EKHN 25 Prozent an einem derartigen Urnengang.

An diesem „wichtigen Tag im Gemeindeleben,“ so KV-Vorsitzender Heinrich Schlomann, sorgte die Gemeindespitze für einen ansprechenden Rahmen. Die Wähler gingen nicht nur in den Wahlraum, sie sonnten sich auf der Gemeindewiese, folgten dem draußen zelebrierten Gottesdienst und konnten vier Stunden lang Livemusik hören aus Klassik, Pop und Chorgesang, großartig gemixt von Ellen Breitsprecher und ihrem Team. Es war unstreitig ein Höhepunkt im Jahreskalender der Stadt, ein Ereignis, das gute Laune verbreitete und zu angenehmen Gesprächen anregte. Zum Beispiel mit Tanja Sacher, der neuen Pfarrerin, die mit drei Kindern und dem Ehemann mittendrin im Geschehen Platz genommen hatte.

Als der Gottesdienst um 11 Uhr begann, saßen vor dem grün umhüllten Altartisch mit dem Kreuz und der Bibel rund 100 Menschen, teils in offenen Zelten, teils auf den Kirmesbänken. Das Motto der sakralen Feier, „Alles bleibt anders“, steigerte die Neugierde auf das, was da kommen sollte. Pfarrerin Johanna Fröhlich und Vikar Sebastian Krombacher überbrachten die frohe Botschaft, dass uns „Gott treu bleibt und für jeden von uns einen Plan hat.“

Ein Sketch und viel Musik

So einer tut auch der Kirche gut, denn die gehört anscheinend auf die Couch. Dort lag jedenfalls der Patient „Gottlob“ in Gestalt Krombachers und suchte bei Diplom-Pychologin „Pfingst“, alias Fröhlich, Spezialistin für die Behandlung „Mühseliger und Beladener“, Rat in einer existentiellen Krise. Der Sketch, der die Predigt ersetzte, vermittelte den Eindruck, die Kirche sorge sich doch zu sehr um die finanzielle Ausstattung und zu wenig um das Spirituelle.

Den Gottesdienst begleitete ein Orchester mit Natalie Sick, geborene Breitsprecher, Basile und Bea Orth an Cello und Geige, Lucia Gronchi und Melissa Bartl (Gesang) sowie Ellen Breitsprecher (Klavier). Das Orchester eröffnete dann das Open-Air-Programm, in dem besonders Simon & Garfunkels Welthit „Bridge over troubled water“ anrührte. Auch das Steinbacher Klassik-Quintett mit den Streichern Sophia Nüsslein, Theo Fritz, Paul Rothkopf und Philipp Faitz, mit Katja Sattler am Klavier, spielte im Schatten von Bäumen und Büschen auf.

Nach 15 Uhr sang Aleksandra Timofeeva, die in Moskau Sopran studiert hat, die Pamina aus der Zauberflöte und zum Finale das populäre Kirchenlied „Von guten Mächten treu und still umgeben.“ Danach rief Ellen Breitsprecher zur Probe des Projektchors für den Waldgottesdienst am 3. Juli, für den sich schon 45 von 50 Sängern angemeldet haben. Es bedarf der Übung, denn es gilt drei Meter Abstand zu halten. Distanzsingen will gelernt sein.

Kirchenvorstand zieht Bilanz

Bevor das Wahllokal im Gemeindehaus um 18 Uhr geschlossen wurde und der zehnköpfige Wahlausschuss die Stimmzettel zu zählen begann, zog Heinrich Schlomann eine Bilanz von sechs Jahren KV-Arbeit. „Wie werden wir die Coronakrise meistern“, das sei zuletzt die wichtigste Frage gewesen. Die Gemeinde habe den Kirchenraum notgedrungen verlassen und Gottesdienste im Wald, auf dem Kirchhof, in einer Scheune und auch speziell mit den Kerbeburschen gefeiert. Daran werde man prinzipiell festhalten, betonte Schlomann, aber selbstverständlich in die Kirche zurückkehren, sobald die Pandemie vorbei sei.

Insgesamt aber habe es in den zurückliegenden Jahren viele Herausforderungen gegeben, die gemeinsam gemeistert wurden, darunter neben vielen neuen Angeboten wie „Ein Mahl für alle“ und „Musik für alle“ insbesondere die Integration der Geflüchteten. Sie wurden mit Deutschkursen und in Einzelfällen auch einmal Kirchenasyl unterstützt und geschützt. Weitere Schwerpunkte waren neben dem geistlichen Leben der Gemeinde mit Angeboten für Jung bis Alt die Bemühungen um die Ökumene, nicht nur zuletzt beim Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt,sondern insgesamt in der Zusammenarbeit mit der katholischen St-Bonifatius-Gemeinde. Darüber hinaus sei das musikalische Angebot ein wichtiges Markenzeichen der St-Georgs-Gemeinde. Hier gilt, wie in so vielen anderen Bereichen ebenfalls, ein besonderer Dank allen ehrenamtlichen Helfern, die sich tatkräftig für das vielfältige und gelungene Gemeindeleben einsetzen.

Zum Abschluss bildeten die 14 Kandidaten auf der Wiese einen Kreis, als um 20.15 Uhr das Wahlergebnis feststand und das Ergebnis übermittelt wurde. Pfarrer Herbert Lüdtke hätte sich eine höhere Wahlbeteiligung gewünscht, denn schließlich habe man die Werbetrommel kräftig gerührt und die Wahl zum „Event“ gemacht. Der Seelsorger wird in vier Jahren aus Altergründen ausscheiden und die „Personalie Lüdtke“ (so Schlomann) somit zum Thema im Kirchenvorstand werden. Womöglich steht dann Tanja Sacher als Nachfolgerin bereit und bezieht mit der Familie das Pfarrhaus an der Untergasse.

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