Stadt und Bauträger im Clinch über gewerbliche Nutzung

Wie die Ladenzeile in der Berliner Straße genutzt werden soll, darüber gehen die Vorstellungen des Bauträgers und der Stadtverordneten auseinander. Foto: HB

Steinbach (HB). Es war die kürzeste Sitzung aller Zeiten. Sie dauerte nur eine halbe Stunde, dann war die 28. Zusammenkunft der Stadtverordneten in der noch bis Frühjahr nächsten Jahres dauernden Wahlperiode bereits beendet. Der Bebauungsplan Berliner Straße Süd wurde am Montagabend im Bürgerhaus einstimmig ohne Aussprache auf den Weg gebracht. Nunmehr darf man gespannt sein, welches Gewerbe in den Neubau mit den Nummern 39 und 39 a einziehen wird. Das Plenum zieht an einem Strang: Cafe ja, Bistro oder Bar nein.

Sie begegnen sich normalerweise auf Augenhöhe, doch diesmal hatte der Magistrat Bühnenplätze und blickte auf die vier Reihen im Saal herab, die für die Stadtverordneten reserviert waren. Vorsteher Manfred Gönsch musste die Sitzordnung an der von Corona erzwungenen Abstandsregel ausrichten und deshalb zwei Ebenen ohne Tische bestuhlen. Es dauerte ein wenig, ehe die Mandatsträger ihre Plätze gefunden hatten. FDP-Fraktionsvize Kai Hilbig sah sich an den linken Rand des Plenums gerückt. Die einzigartige Sitzordnung animierte den Vorsitzenden des Geschichtsvereins zu einem Foto für das Vereinsarchiv. Für die Rubrik „Es war einmal in Steinbach ...“

Bürgermeister Steffen Bonk erinnerte das Bild an die beliebte „Reise nach Jerusalem“ aus Kindheitstagen, als er den teilweise mit Maske geschützten Kollegen den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan präsentierte. Das Votum der Stadtverordneten hat eine Veränderungssperre in dem Quartier zur Folge, mit der die Vermietungspläne des Bauträgers Amadeus umgehend gestoppt werden sollen. Das Limburger Unternehmen hat an der „Berliner einen vierstöckigen Baukörper mit Staffelgeschoss hochgezogen und alle 28 Eigentumswohnungen längst verkauft. Auf dem Grundstück wurde zuvor ein Supermarkt betrieben und dem Bauherrn deshalb auferlegt, im Basisgeschoss auf einer Fläche von 160 Quadratmetern einen Nahversorger anzusiedeln, damit die Anwohner Grundnahrungsmittel auch weiterhin in nächster Nähe kaufen können.

Doch davon ist keine Rede mehr. Die Inneneinrichtung – gepolsterte Sitzbänke und eine Theke – sind Indizien für eine andersartige Nutzung. Amadeus-Geschäftsführer Volker Deifel spricht von einem „Bistro“, im Rathaus hört man, es solle eine Sportbar inklusivie zweier Spielautomaten eröffnet werden. „Wir haben keinen Nahversorger gefunden“, rekapituliert Deifel. Die Gastronomie wolle ein Grieche übernehmen, der im daneben liegenden Raum auf 65 Quadratmetern auch einen Kiosk einrichten wolle, in dem frische Backwaren offeriert werden sollen.

Die kleinere Gewerbefläche war ursprünglich für das Büro der Sozialen Stadt reserviert, doch das ist mit der zentralern Lage am Bürgerhaus überaus zufrieden und wird nicht dorthin umziehjen.

Mit dem Kiosk ist die Politik einverstanden, aber auf der größeren Fläche bevorzugt sie ein Cafe, das zu dem Quartiersplatz passen würde, der laut Bebaunngsplan zwischen den Hausnummern 37 und 39 a auf einer bislang öden Fläche gestaltet werden und die Wohnqualität sinnvoll ergänzen soll. Auf der Wunschliste der Stadt steht auch eine Bäckerei mit Serviertischen, doch lässt Amadeus verlauten, ein in Rede stehender Betrieb, der bereits in einem Supermarkt im Gewerbegebiet an der Industriestraße als Untermieter zu Hause sei, habe kein Interesse an einer weiteren Filiale.

Mit dem Bebauungsplan, der innerhalb eines Jahres im Parlament verabschiedet werden soll, wil der Magistrat ein Quartier beiderseits der Berliner Straße im Süden der Stadt entwickeln. Es wird nach Osten von dem Aspahltweg „Auf der Schanz“ begrenzt, der als Zufahrt für Rettungs- und Feuerwehrfahrzuge vorgesehen ist. Zwischen den Wohnblocks, die sich bis zum Hessenring erstrecken, soll eine „verträgliche Nachverdichtung“ vorgenommen werden. Zur „kontrollierten Steuerung“, die der Bürgermeister gewährleisten will, gehört ausdrücklich „die Sicherstellung der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und der Ausschluss von Nutzungen, die mit der Wohnruhe nicht vereinbar sind“, heißt es in der Magistratsvorlage.

Das Amadeus-Management lässt verlauten, der Mietvertrag mit dem Greichen sei bereits unterschrieben. Von Seiten der Eigentümer, die etwa zu einem Drittel im Haus wohnten, habe man nichts Negatives über die Bistro-Pläne gehört. Die Stadt verweist auf die Baugenehmigung des Hochtaunuskreises, in der die Nutzung durch einen Nahversorger festgeschrieben sei. Die Stadt hofft nunmehr auf eine Verständigung mit dem Bauträger.

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