Steinbach zeigt Solidarität in der Krise

Jürgen Galinski unterstützt Bärbel Andresen bei der Verteilung von Lebensmitteln im Stadtteilbüro. Foto: privat

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Das Büro der Sozialen Stadt hat auch auf die Corona-Krise eine passende Antwort. Das Bürgerbüro im Rathaus ist geschlossen, aber die Anlaufstelle in der Untergasse an jedem Werktag drei Stunden lang geöffnet, damit sich bedürftige Steinbacher von 13 bis 16 Uhr mit Lebensmitteln zum Nulltarif versorgen können. Der Bürgermeister hat schon den Begriff von der „Steinbacher Tafel“ geprägt, mit der das sozialpolitische Profil der Kommune einmal mehr geschärft wird. Während ansonsten auf Abstand geachtet wird, will die Aktion „Wir sind Steinbach“ wenigstens virtuelle Nähe schaffen.

Die Woche hat gerade begonnen, da bildet sich vor dem Stadtteilbüro in Nachbarschaft des Bürgerhauses, vor dem die Fahnen wegen der Trauer um den toten Finanzminister auf Halbmast wehen, bereits eine Schlange. Es sind Menschen, die auf die kostenlose Ausgabe von Lebensmitteln angewiesen sind. Sie dürfen den Raum, in dem sich ansonsten zahlreiche Interessengruppen treffen, nur einzeln betreten. Bärbel Andresen erwartet sie hinter zwei Holztischen, die für den gebotenen Sicherheitsabstand sorgen, um die gewünschten Artikel, die in einem Holzregal liegen, auszuhändigen.

Die Quartiersmanagerin hat mit den ortsansässigen Supermärkten Aldi, Edeka und Rewe ein Sortiment auf die Beine gestellt, das jeweils am Vormittag vom städtischen Bauhof abgeholt und in die Untergasse gefahren wird. Im „Supermarkt“ der Sozialen Stadt findet man Karotten und Radieschen, Salat und Lauch, Zwiebeln und Kartoffeln, Bananen und Äpfel – gelegentlich Milchprodukte, Fertigsuppen und Backwaren aus der Flach-Filiale in der Bahnstraße. Alles in allem „Grundbedarf in der Notsituation“. Wer nicht vorbeikommen kann, ruft die Telefonnummer 2078440 an und lässt sich die Ware nach Hause bringen.

Über 30 fleißige Einkaufshelfer

Diesen Service übernehmen „Einkaufshelfer“, von denen sich mehr als 30 gemeldet haben. Zwischen 15 und 60 Jahre alt, bereit, zum Arzt oder in die Apotheke zu gehen, wenn nötig auch den Hund an die Leine zu nehmen. Die ehrenamtlichen Helfer stehen ebenfalls für den Einkauf in den Supermärkten zur Verfügung, für alle jene, die den Notbedarf nicht in Anspruch nehmen müssen.

Derweil macht sich der Magistrat, der am Montag erstmals bei seiner Sitzung via Skype kommunizierte, gemeinsam mit dem Gewerbeverein Gedanken, wie „Betriebe und Kleinunternehmer in unserer Stadt bestmöglich zu unterstützen sind, um diese schwere Zeit zu überstehen.“ Die Stadtregierung geht mit gutem Beispiel voran und kauft bei einheimischen Händlern. Für Geschäftsleute hat die Stadt den Online-Marktplatz „Steinbach TO GO“ eingerichtet, auf dem diese ihre wegen der Pandemie modifizierten Angebote präsentieren können. Auf diese Weise möchte die Stadt mithelfen, dass die Bahnstraße nach der Krise noch die frühere Ladenvielfalt bietet. Die unausweichlichen Mindereinnahmen bei Gewerbe- und Einkommensteuer hat man im Rathaus schon einkalkuliert. Die SPD richtet den Blick auch auf Familien mit Kindern als potentielle Adressaten städtischer Hilfe. Ansonten handelt sie nach dem Motto „Lokal einkaufen – lokal bestellen“.

Unter dem Dach von Facebook hat sich gerade die Gruppe „Wir sind Steinbach“ etabliert. Sie versteht sich als virtuelle Plattform „für aufmunternde, unterhaltende, verbindende Aktivitäten, um etwas menschliche Nähe zu schaffen“. Wer Ideen einbringt, der nimmt an einer Verlosung teil, deren Preise gesponsert werden sollen. Die Unterhaltungs-Plattform wurde von Daniel und Kimy samt Mops mit einem Foto eröffnet, und auch zwei Gutscheine für das Café Mint&Thinks im Wert von 25 Euro wurden eingestellt. Um den Zeitverteib kümmert sich die Soziale Stadt mit der Anregung, eine Geschichte aufzuschreiben und vorbeizubringen, in der die fünf Wörter „Steinbach“, „Frühling“, „Regenwurm“, „Sternenhimmel“ und „Großeltern“ vorkommen.

Würde man das Wort „Feuerwehr“ hinzufügen, dann gäbe es aus Sicht des Stadtbrandinspektors Markus Bergmann zu berichten, dass die Einsatzbereitschaft trotz Corona gewährleistet ist. Um im Alarmfall auf Abstand zu gehen, sind die Löschfahrzeuge nicht mehr mit neun, sondern nur noch mit sechs Personen besetzt. Im übrigen hat sich die Tagesstärke der Einsatzabteilung durch Home Office erheblich verbessert. „Ein beruhigendes Gefühl“, findet der Bürgermeister.



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