Wasser und Walzer zum Saisonauftakt

Einen kurzen Halt für den Fotografen machen beim Flanieren über die Brunnenallee (v. l.) der Mediziner Eduard Christian Trapp, die Brunnenmädchen Hannah, Amelie und Marie, ein Kurgast, ein Golfer, Golfspielerin Georgina Lewis, Spielbankdirektorin Marie Blanc, der Schriftsteller Fjodor M. Dostojewski und Gräfin Kisseleff. Foto: jas

Von Janine Stavenow

Bad Homburg. Im feinen schwarzen Kleid und mit Pelzjäckchen über den Schultern, den Fächer elegant in der Hand, flaniert Gräfin Kisseleff die Brunnenallee entlang. An ihrer Seite: Spielbankdirektorin Marie Blanc und der Schriftsteller Fjodor M. Dostojewski. Auch der berühmte Arzt Eduard Christian Trapp, Gründer des Heilbads Homburg vor der Höhe, hat sich eingefunden. Selbstverständlich, schließlich steht die Saisoneröffnung im Kurpark im Kalender.

Und dieses Ereignis, für das das Kurensemble mit beschwingten Melodien den Auftakt machte, wollte sich am Sonntagvormittag niemand entgehen lassen. Auch die Darsteller der Volksbühne Bad Homburg nicht, die zu diesem Anlass in die Rollen berühmter Persönlichkeiten von einst geschlüpft waren. So konnten die Besucher auch illustre Gäste wie die Golfspielerin Georgina Lewis treffen, die Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Golfplatz gleich neben der Brunnenallee so manchen Preis errungen hatte.

In schickem Zwirn und – dem Anlass entsprechend – mit Hut auf dem Kopf präsentierten sich Oberbürgermeister Alexander Hetjes nebst Gattin und Kurdirektor Holger Reuter auf der Bühne des Musik-Pavillons, um das fröhliche Treiben zu eröffnen. Beiden war die Erleichterung anzumerken, bei herrlichem Frühlingssonnenschein und blauem Himmel so viele Kurparkliebhaber begrüßen zu können. Nach dem heftigen Unwetter, das am Donnerstagabend über die Kurstadt hinweggefegt war, hatte man begründete Zweifel daran gehabt, ob die Eröffnung des Kurparks überhaupt möglich ist. „Der Park war regelrecht überflutet, der Elisabethenbrunnen stand 80 Zentimeter tief unter Wasser“, sagte Reuter und schickte ein Dankeschön an die Mitarbeiter von Kur- und Kongress-GmbH und Betriebshof, die alles in Windeseile wieder hergerichtet und damit die Saisoneröffnung im 100. Jahr des Bestehens der Kur gerettet hatten. „Der Kurpark ist die Keimzelle von dem, was den kometenhaften Aufstieg der Stadt ausgemacht hat“, sagte Hetjes. „Hier im Park fand das gesellschaftliche Leben statt.“

Am Brunnen und im Café

Und so war es auch am Sonntag. Am Elisabethenbrunnen gaben die Brunnenmädchen Hannah, Amelie und Marie das gute Heilwasser an Kurgäste aus, und gleich daneben lud das Wassercafé „Schönes Wasser“ zum Platznehmen und Genießen ein. In der fantasievoll gestalteten Oase unter mächtigen Kurparkbäumen schenkten Torsten Blunk und Hanna Linde die kühle Erfrischung an ihre Gäste aus und zelebrierten dies auf ihre ganz eigene humorvolle und charmante Art und Weise. Eine schöne, verspielte Art, deutlich zu machen, wie groß das Thema Wasser für die ganze Welt ist.

Wer die Allee, vorbei an Auguste-Viktoria-Brunnen und Landgrafenbrunnen zum Kaiserbrunnen, entlangspazierte, konnte weitere Gäste antreffen. Mit einer Mülltonne voll Slapsticks, Gags und verrückter Ideen sowie einer feurigen Show machte der Kaosclown vom Straßentheater „Kaos in Orange“ seinem Namen alle Ehre. Nur ein kleines Stück entfernt begeisterte das Bauchladen-Theater mit Shakespeares „Romeo und Julia“ im Miniaturformat. Unterwegs waren darüber hinaus die „Opas on Tour“, und wer sein Glück herausfordern wollte, konnte das am „Glücksrad der Artistik“ tun. Erste Hilfe für Spinner und Sympathisanten bot Laura Dilettante in der Nähe des Kaiser-Wilhelms-Bads mit Miniklavier, Akkordeon und Tröte. Im Repertoire hatte die Sängerin Lieder aus den 1920er-Jahren, Jazzstücke, aber auch eine Coverversion von Barry Manilows „Copacabana“.

Diejenigen, die es im frühlingshaften Kurpark gerne etwas ruhiger und beschaulicher haben mochten, die konnten unter dem Titel „Geschichten, Gäste, Gefährten“ eine Zeitreise ins Kurleben der 1920er-Jahre unternehmen – die Zeit, in der die damalige Kur-AG gegründet worden war. Die lebensgroßen Figuren der Jubiläums-Ausstellung, die bei einem Spaziergang entdeckt werden können, erzählen spannende Kurzgeschichten über das Kurleben, wenn der jeweilige QR-Code per Handy gescannt wird. Da warten zum Beispiel Märta Holmberg, die Leiterin des Therapeutikums, Tennisspieler Otto Foitzheim, Kunstfeuerwerker Fritz Sauer und Musiker Gustav Fischer auf Zuhörer. Auch die Schwimmerinnen Lucie Schmitz und Paula Weis, die Schauspielerin Maria Orska und Kurdirektor Ferdinand Meister plaudern aus ihrem Leben.

Der heutige Kurdirektor Holger Reuter nutzte die Kurparkeröffnung, um dem Kurensemble einen besonderen Dank auszusprechen. Besonders geehrt wurden Dirigent Mike Mihaj-lovic, der bereits seit 46 Jahren im Orchester spielt, sowie Matthias Sauerbier (Bass), der seit 36 Jahren dabei ist. Auch erinnerte Reuter an Schlagzeuger Paul Pflanz, der im vergangenen Jahr mit 97 Jahren verstarb.

Mit einem Höhepunkt endete die offizielle Eröffnung der Kurparksaison am frühen Nachmittag. Die Landgräfin hatte die Besucher zum Kaffeekränzchen in die Louisen-Lounge eingeladen, um vom neuesten Projekt der Stiftung Historischer Kurpark zu berichten: der Rekonstruktion des Louisenbrunnens. Mitte des 19. Jahrhunderts war das sehr schwefelige Wasser bei Herz- und Kreislauferkrankungen sehr beliebt. In jüngster Zeit wurde die Quelle durch eindringendes Grundwasser verunreinigt. Um die Heilquelle wieder nutzen zu können, strebt die Stiftung nun eine Komplettsanierung des Brunnens an.

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