Zum 100. Todestag von Adelheid Marie – auf den Spuren der Grande Dame

Im Innern der Immanuelkirche, die 1888 als nassauische Hofkirche geweiht wurde, kann man die Kanzel- und Emporenbilder der Herzogin Adelheid Marie bewundern. Foto: Sura

Königstein (aks) – Vor fast 100 Jahren, am 24. November 1916, starb Großherzogin Adelheid Marie von Nassau, die auf ihrer Hochzeitsreise 1851 ihr Herz an Königstein verlor und seitdem viele Jahrzehnte in dem kleinen Ort verbrachte. Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann bot zu diesem Thema eine rund zweistündige Führung an, die trotz strömenden Regens großen Zuspruch fand. Die bunten Regenschirme boten eine unerschrockene Hommage an Königsteins „Grande Dame“ und Wohltäterin. In gewohnt unterhaltsamer Weise informierte die Lokalhistorikerin über das Hotel Stadt Amsterdam, später auch Rathaus, das gegenüber der heutigen Stadtinformation ersten Unterschlupf für das frisch vermählte Herzogenpaar bot.

Für ihren Gatten Großherzog Adolph war sie die zweite Ehefrau und 18 Jahre jünger als er, mit ihm hatte sie fünf Kinder. Seine erste Frau, die Nichte des ehemaligen Zaren, war im Kindbett gestorben. An diese Zeit erinnert die Russische Kapelle in Wiesbaden. Als Nassau nach der Niederlage gegen die Preußen vor geanu 150 Jahren annektiert wurde, war Adolph mit 49 Jahren Pensionär, der jedoch großzügig von den Preußen abgefunden wurde. So leistete man sich mit dem Umbau des Amtshauses der Kurmainzer aus den 1870er-Jahren eine Sommerresidenz unterhalb der Festung, die heute im Volksmund den Namen „Luxemburger Schloss“ trägt. Ein Traum in weißem belgischen Marmor vom Architekten Gédéon Bordiau.

Der letzte nassauische Landesherr hatte in seinem späten Leben nochmals ein hohes Amt inne: ab 1890 als Großherzog von Luxemburg – daher der Name Luxemburger Schloss. Obwohl es für die Familie noch mehr Schlösser gab, kehrte Adelheid Marie immer wieder in ihr Schloss nach Königstein zurück. Beate Großmann-Hofmann machte auf den Gewölbekeller unterhalb des Schlosses aufmerksam, der noch aus der Stolberger Zeit stammt, aber für Besuche nicht zur Verfügung steht. Die Replika-Sandsteinpfosten im Kurpark auf dem Weg von der Villa Borgnis zum Rathaus zeigen die Grenze zum großherzoglichen Gelände, auch das Pförtnerhäuschen stammt aus dieser Zeit. Das heutige Rathaus war 1822 eine Schule und wurde als Kavaliershaus 1866 für die Bediensteten des Schlosses erworben. Die Handwerker im Ort schmückten sich im Übrigen gern mit ihren Diensten für den Großherzog – sie durften sich großherzogliche Luxemburgische Hoflieferanten nennen – ein besseres Marketing konnte es damals nicht geben.

Auch die evangelische Kirche Immanuel stammt aus dieser Epoche, sie wurde 1888 von Pfarrer Bender eingeweiht, der über 40 Jahre für die Gemeinde tätig war. Das war für die protestantischen von Nassaus, die das Grundstück zur Verfügung stellten, von großem Vorteil, mussten sie doch vorher in die evangelische Kirche nach Kronberg fahren.

Die zirka 20 Teilnehmer der Führung waren froh und erleichtert, für eine kurze Weile die Schirme draußen zu lassen und im Inneren der Kirche die Malereien Adelheid Maries zu bewundern, die Zeit ihres Lebens eine große Künstlerin war. Da schmücken Lilien als Symbol für die Marienverehrung die Kanzel und zwei raffaelitische Engel den oberen Teil von zwei Holztüren. Die Original-Kirchenfenster wurden zum großen Teil bei einem Bombenangriff am 2. Februar 1945 zerstört und später wieder erneuert. Über den historischen Samt-Sesseln in der großherzoglichen Loge prangt das Allianz-Wappen von Nassau und Anhalt. In dieser Kirche wurde auch Adelheid Maries Sarg aufgebahrt und die Königsteiner konnten Abschied von ihrer geliebten „Herzogin“ nehmen. Ihr Grab ist in Weilburg. Auch im Adelheid-Stift, einem wunderschönen Kleinod von 1912, dem heutigen evangelischen Gemeindesaal, ging es trocken weiter – in dem holzgetäfelten Saal prangt das Selbstporträt der Großherzogin, die 1905 Witwe wurde. Dieses Haus beherbergte unterschiedliche Menschen: Schwestern lebten hier und Küster, es war der Versammlungsraum für den Chor, für Frauenhilfe, Jugendgruppen, ein Lazarett, den Kindergarten mit 60 Kindern, das Büro des Pfarrvikars und die Wohnung der Kantorin. Auch das katholische St.-Josef-Krankenhaus wurde in dieser Zeit fertig. Adelheid Maries Fortschrittlichkeit zeigte sich darin, dass sie dort ein „Freibett“ unterhielt, für alle – unabhängig von ihrer Konfession!

Die Stadtarchivarin Großmann-Hoffmann machte in ihrem lebendigen und sehr empathischen Vortrag klar, dass mit Adelheid Marie eine Epoche der großen Wohltäterinnen und Kunstschaffenden, die immer auch das Wohl der Bürger und der Stadt im Auge – und im Herzen – hatten, zu Ende ging. Die Kronberger waren stolz auf ihre Kaiserin Victoria, die Königsteiner hatten ihre Großherzogin.

Zum Abschluss noch der Besuch des Denkmals von Großherzog Adolph im Herzog-Adolph-Park, das 1910 eingeweiht wurde – „an einem Montag und alle Kinder hatten schulfrei“ – also auch dieser Festakt fand ganz im Sinne der Bevölkerung statt.



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