Zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit – Händel in St Marien

Königstein (aks) – Kaplan Marc Stenger begrüßte die versammelten Zuhörer in St. Marien zum Tag der Deutschen Einheit, der sich am Samstag zum 25. Mal jährte: „Hinter allem Bemühen um Einheit steht der Messias und welch besseren Anlass gibt es, Gott zu loben und Dank zu sagen?“ Es herrschte eine feierliche Stimmung in St. Marien, wo Händels Utrechter Te Deum und Jubilate (1713) sowie Arien aus dem Messiah (1742) von einem zahlreich erschienenen Publikum mit Spannung erwartet wurden. Feierlicher ging es kaum!

Die Leitung des Motettenchors Königstein und des Barockorchesters Armonia dell’Arcadia aus Bamberg hatte Carsten Rupp, Chordirektor des Städtischen Konzertchors Winfridia Fulda, der sogleich ein energisches Tempo vorlegte, dass es eine Freude war. Eine interessante Mischung hatte Carsten Rupp da im Programm: Er führte das Te Deum und Jubilate, ein Chorwerk für Streicher und Trompeten, im Wechsel mit Arien aus dem Messiah – ohne Chor – auf. Beide Werke in englischer Sprache, was den Sängern einiges abverlangte. Das Te Deum zum Utrechter Frieden von 1713 ist das erste Auftragswerk des englischen Königshauses, das die Karriere Händels in England beflügelte. Das Oratorium „Messiah“, 30 Jahre später aufgeführt, gilt als populärstes Beispiel der geistlichen Musik des christlichen Abendlandes mit vornehmlich Bibelversen aus dem Alten Testament. Wer kennt nicht das Hallelujah, bei dem schon George II. aufsprang – und mit ihm seine gesamte Entourage – so die Legende! (Seitdem erhebt man sich in England von den Sitzen, wenn das Hallelujah erklingt).

Der Koloratur-Sopran von Christine Graham, die zurzeit ihr Debüt an der Oper Frankfurt in Lachenmanns „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ gibt, war von schöner Klarheit. Ihr „Rejoice Greatly“ war ein eindringlicher Appell zu größter Freude, denn „siehe dein König kommt zu dir“. Der Chor stimmte in der Te-Deum-Komposition in den Lobgesang ein „Voll sind Erd’ und Himmel der Herrlichkeit deines Ruhms – The Majesty of thy Glory“. Die Mezzosopranistin Cornelia Sander erweckte die Messiah-Arie „But who my abide – doch wer kann bestehen den Tag seiner Ankunft“ ebenso zum Leben wie die weiteren Sätze des Te Deum. Sebastian Kitzinger, der in London geborene Bariton, Marcus Ullmann (Tenor) und die Solistinnen mit Jana Degebrodt (Sopran) sangen a cappella „Als du siegreich zerbrachst den Stachel des Todes, hast du geöffnet die Gefilde des Himmels für all die Gläubigen“, dann setzte der Chor ein – ein schöner Kontrast. „Day by day we magnify thee“ – Tag für Tag erschallt dein Preislied“ ist ohne Pauken, aber mit Trompeten, ein Bekenntnis an die Kraft des Glaubens und eine wunderbare Überleitung zu „The Trumpet shall sound“, mit Macht und großer Ausdruckskraft gesungen von Sebastian Kitzinger. Diese Arie ist ein Aufruf zum Leben – sie weckt im wahrsten Sinne Tote auf: „Die Posaune wird ertönen und die Toten werden auferstehen unverwest (incorruptible!)“ Etwas Unglaubliches wird den Menschen auf Erden prophezeit: „Wir werden verwandelt werden“ – welch ungeheure Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod soll den Menschen Mut machen – allen Menschen.

Dann kehrte ein kleines bisschen Ruhe und Beschaulichkeit in St. Marien ein mit der Händel Sonate G-Dur mit Florian Reuthner am Cembalo und Christina Mackenrodt an der Querflöte. Da schweben die meisterlichen instrumentalen Klänge zu den gespitzten Ohren und bescherten einen Augenblick der Besinnlichkeit. Auch Carsten Rupp durfte einmal nur Zuhörer sein.

Weiter geht es mit dem Jubilate, das mit „O be joyful in the Lord, be joyful all ye lands – O frohlocke alle Welt!“ fester Bestandteil des anglikanischen Morning-Prayers war, Sopran und Chor waren bestens aufeinander eingestimmt.

Der Tenor Marcus Ullmann, der für sein „schönes Timbre und beste Geschmeidigkeit“ bekannt ist, meisterte die Koloraturen der berühmten Messiah-Arie „Every valley“ bravourös. Gott als Hirte, das ist das tröstende Bild, das nach dem Jubilate-Satz „be ye sure that the Lord he is God“ auch im Messiah anklingt. Melodiös und trostreich ist das Versprechen „He shall feed His flock like a shepherd – er wird seine Herden weiden wie ein Hirte“. Der warme Sopran von Jana Degebrodt, die in Frankfurt lebt, ging unter die Haut – sie verkündet ein göttliches Versprechen – das Versprechen des inneren Friedens, die Seelen werden Ruhe finden in Gott: „Lernt von ihm, denn er ist sanftmütig und von Herzen demutsvoll, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.“ Gott als fürsorgender und nicht als strafender Gott, der den Menschen nicht ob ihrer Unzulänglichkeiten zürnt, sondern verzeiht, das entspricht dem „lieben Gott“ des Christentums. Die gesungene frohe Botschaft eroberte unaufhaltsam die Herzen der Zuhörer. Der Chor und die Sänger glänzten im Finale mit „Glory“ und das Konzert endete – wie bei einer Messe üblich - mit dem Amen.

„Wie es war im Anbeginn, und ist nun und ewig wird sein ohne Ende, Amen“. Ein sehr besinnlicher Abend ging feierlich zu Ende, der Motetten-Chor, die Musiker, Solisten und Dirigent Carsten Rupp bereiteten all jenen Kirchenbesuchern ein unvergessliches und würdiges Geschenk zur Deutschen Wiedervereinigung, die nur durch Zuversicht und mit Gottes Hilfe entstehen konnte. Das war durchaus ein Kontrastprogramm für alle, die auf Feuerwerk und Politiker-Spektakel in Frankfurt verzichtet hatten.

Der Motettenchor Königstein in schönster Einheit mit den Musikern des Barockorchesters Armonia Dell’Arcadia Bamberg und den Solisten Cornelia Sander (Mezzosopran), Marcus Ullmann (Tenor) und Sebastian Kitzinger (Bass) (re.) unter der Leitung von Carsten Rupp (nicht auf dem Foto die Sopranistinnen Christine Graham und Jana Degenbrodt).

Foto: Bender



X