„Freundschaft lässt sich nicht verordnen, sie muss gelebt werden“

Während Tobias Kummer (re.), Bürgermeister von Königstein in Sachsen, merci für die gute Gastfreundschaft sagte, retteten sich Bürgermeister Leonhard Helm (v. li.), Maria Matzke, Vorsitzende des sächsischen Freundeskreises und ihr Taunus-Pendant Lutz Paul schon mal vorsorglich unter den aufgespannten Schirm, den man, angesichts des bisherigen, sonnigen Verlaufs dieser Partnerschaft wohl getrost zuklappen kann.

Foto: Schemuth

Königstein (el) – Ein Bayer in zünftiger Tracht – das kann in diesen Tagen nur eins bedeuten: Oktoberfest! Weit gefehlt, denn Hans Koch, Bürgermeister aus Königstein in der Oberpfalz, hatte etwas ganz anderes vor Augen, als er im roten Leiberl mit großen, runden metallenen Knöpfen, schwarzem Hut und Lederhose im Haus der Begegnung ans Rednerpult trat. Koch ging es vielmehr um das „gelebte Miteinander“ zwischen den Städten mit Namen Königstein. Dabei kam man aus besonders festlichem Anlass am Samstagabend an runden, liebevoll eingedeckten Tischen zusammen, um das besondere Jubiläum zu feiern, das Königstein im Taunus in diesem Jahr mit seiner gleichnamigen Schwesterstadt an der sächsischen Elbe begeht: 25 Jahre Städtepartnerschaft. Ein Meilenstein, der den einen oder anderen Redner an diesem Abend dazu veranlasste, über die Zeiten zu philosophieren, in denen es die Zweiteilung Deutschlands noch gab und an so etwas wie Einheit nicht zu denken war. Umso wichtiger sei es nun, dass man sich nicht etwa auf seinen Lorbeeren ausruhe, sondern weiter arbeite für ein friedliches Deutschland und Europa, so Lutz Paul, Vorsitzender des Freundeskreises der Städte Königstein, der im Haus der Begegnung als Gastgeber fungierte. Den ersten Teil des Jubiläums hatte man bereits vor einigen Monaten bei den Freunden in Sachsen gefeiert, was den sächsischen Bürgermeister und Nachfolger im Amt von Frieder Haase, Tobias Kummer, dazu veranlasste, einen ziemlich abgenutzten Koffer mitzubringen und auf der Bühne aufzuklappen, den Bürgermeister Leonhard Helm erst auf den zweiten Blick als sein eigenes, von ihm vergessenes Gepäckstück erkannte. War es doch nicht das Seine? Ganz egal, der Inhalt sorgte jedenfalls für Begeisterung bei den Gästen. Viele von ihnen waren angereist, um ein mit Programm gefülltes, verlängertes Wochenende zu genießen. „So eine Fahrt mit dem Ebbelwoi-Express kann ich nur empfehlen“, schwärmte Hans Koch noch lange hinterher. Aber zurück zum Geschenk an den Gastgeber und Hausherren: Ein geschmackvolles Gemälde, das Tobias Kummer da aus dem Koffer zauberte und dazu noch einen Regenschirm, unter den sich dann die handelnden Personen der Städtepartnerschaft zwischen den drei Königsteins symbolisch stellten.

Symbolträchtig und dazu noch höchst unterhaltsam war noch eine weitere Übergabe des Abends: „Der Leo hat sich doch gewünscht, dass er genauso fesch ausschaut“, offenbarte Hans Koch dem amüsierten Publikum einen von Leonhard Helm geäußerten Traum während seines Aufenthalts in der Oberpfalz, der nun in seiner Heimat Realität werden sollte. Die Lederhose zum Leiberl, das ihm Koch überreichte, habe er ja schon gehabt, also wurde Leo direkt auf die Bühne zur Anprobe gebeten, um wenige Minuten später festzustellen, dass seine neue rote Weste wie angegossen sitzt. Schließlich handele es sich dabei ja auch um eine „In-Vest-itur“ – eine wunderbare Sache, dass die Tradtionen über Jahrhunderte gepflegt werden, wie eben auch die Freundschaft der drei Königsteins, die die Generationen überdauern solle, das wünscht sich nicht nur der Königsteiner Bürgermeister, sondern äußerten auch alle, die über die Jahre in diese Partnerschaft investiert haben und sie haben wachsen und gedeihen sehen. Natürlich habe es über die Jahre nicht nur Sonne gegeben, auch den Regen habe man ebenso überdauern müssen wie die Tatsache, dass die Dinge auch mal stagnieren können, so Helm, der sich nun umso mehr freut, dass man in jüngster Zeit wieder einen Schritt in die Richtung gemacht habe, die Jugend noch aktiver in die Städtepartnerschaft einzubinden.

Tobias Kummer freute sich seinerseits, im Haus der Begegnung in so viele vertraute Gesichter blicken zu können. Vor genau 126 Tagen habe man das Jubiläum in Sachsen feiern können und nun hier, sagte Kummer, der ebenfalls der Aktivierung der Jugend und der Förderung eines diesbezüglichen Austauschs optimistisch entgegensieht. Schließlich seien Werte und Traditionen für junge Menschen wichtig, hielt Kummer fest, der im nun begangenen Jubiläum so manche Parallelen zu einer Silberhochzeit sieht. Diese Partnerschaft sei geprägt von gegenseitigem Verständnis und er habe keine Sorge, dass man sich irgendwann nichts mehr zu sagen habe.

„Freundschaft lässt sich nicht verordnen, sie muss gelebt werden“, findet Hans Koch mit seinem charmanten Dialekt, der daher seinen Marktrat einberufen hat, damit im kommenden Jahr am 5. und 6. August beim Dreikönigstreffen in der Oberpfalz auch ein Treffen der Jugend zustande kommen kann. „Da wackeln die Wände!“, versicherte der sympathische Bajuware, der Leonhard Helm ganz zurief, dass dieser doch noch etwas für seine strammen Wadeln tun müsse, wenn er denn standesgemäß die Lederhose zum Leiberl tragen wolle. Leo Helm ließ sich nicht lange bitten und nahm kurz vor der Eröffnung des leckeren hessischen Büfetts samt eingelegtem Handkäs die Beine in die Hand und tauschte seine Anzugshose gegen ein dem Brauchtum entsprechendes Beinkleid aus Leder ein. Die Sache mit den Waden steht allerdings noch aus.

Maria Matzke, die Vorsitzende des Freundeskreises auf sächsischer Seite, erinnerte an die Anfänge der besonderen Partnerschaft, an deren Beginn ein parlamentarischer Antrag durch Gertrud Koch stand, der am 6. September 1984 angenommen wurde. Dabei hatte es zuvor schon einige Versuche seitens der Taunus Königsteiner gegeben, erste zarte Bande der Freundschaft vor Ort in Sachsen zu knüpfen. Leider hätten die Reisenden aus dem Taunus an der Elbe mehr als einmal vor verschlossenen Rathaustüren gestanden und seien nicht empfangen worden, schilderte Matzke die Historie, in der ebenfalls das Datum 26. Mai 1991 festgehalten ist – der Tag, an dem die Städtepartnerschaft amtlich wurde. Bei der Unterzeichnung waren übrigens nicht nur Politiker wie der verstorbene Alt-Bürgermeister Rudi Maiwald zugegen, sondern auch das Fanfarencorps Königstein, das zum jüngsten Anlass im Haus der Begegnung noch mal so richtig aufdrehte und die Gäste von Beginn an in die richtige Feierstimmung versetzte. Von der Decke hingen die drei Fahnen der teilnehmenden Städte.

Landrat Ulrich Krebs hielt den Zusammenhang zwischen der Wende und den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben haben und dem Zustandekommen der Städtepartnerschaft fest. Eine Partnerschaft wie diese sei noch vor 1990 alles andere als selbstverständlich gewesen.

Nun leiste die Freundschaft auch einen wichtigen Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands. Auch innerhalb unseres Landes seien ein solcher Austausch und Kennenlernen wichtig. Alexander Hees, stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher, lobte die herzliche Aufnahme in beiden Städten und die warmherzige Gastfreundschaft, als man vor Kurzem in Sachsen zu Gast gewesen sei.

Nach dem offiziellen Teil, der zwischendurch auch durch die musikalischen Darbietungen des Tenors und Gründungsmitglieds des Taunus Freundeskreises Ernst Georg-Hess sowie von Rosemarie Pavel am Klavier aufgelockert wurde, ging das Treffen der drei Königsteins in die gesellige Phase, in der die freundschaftlichen Bande noch weiter gefestigt wurden.



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