Sudetendeutsche Miniaturen zur Kultur der böhmischen Länder

Königstein/Nidda (hhf) – Eine bessere Empfehlung für dieses Buch als das Geleitwort von Kardinal Meisner hätten sich die Herausgeber nicht wünschen können:

„Wenn die Mitteilungen von Haus Königstein auf meinem Schreibtisch eintreffen, schlage ich als Erstes das Inhaltsverzeichnis auf, um zu sehen, ob Aufsätze oder Artikel von Professor Dr. Grulich dabei sind. Sie werden jedes Mal von mir als Erstes mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Das gilt auch für andere Publikationsorgane sudetendeutscher Herkunft, in deren Aufzeichnungen über Vergangenheit und Gegenwart dieses gesegneten Landes, das die Geschichte Böhmen und Mähren nennt, zu lesen ist und die aus der Feder von Professor Grulich stammen.“

Bei dem neuen Buch handelt es sich um eine Zusammenstellung von Texten aus den „Mitteilungen Haus Königstein“, und zwar aus längst vergriffenen Ausgaben der vergangenen sieben Jahre, die von seinen Mitarbeitern für eine Festschrift zu Grulichs 70. Geburtstag ausgewählt wurden. Auch dazu zitieren wir noch einmal, was der emeritierte Kölner Kardinal aus Schlesien schreibt:

„Als Jugendlicher war ich mit meiner Mutter in den 40-er und 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Sommer auf den abgeernteten Getreidefeldern zum Ährenlesen. Wir bückten uns den ganzen Tag zur Erde, und wenn wir am Abend mit einer gefüllten Tasche von Weizen- oder Kornähren nach Hause gingen, waren wir sehr glücklich und dankbar. Mir scheint Professor Dr. Rudolf Grulich ein solcher Ährenleser auf dem weiten Feld böhmisch-mährischer Geschichte zu sein. Mit unendlichem Fleiß ist er hier anzutreffen. Da die Liebe sehend macht, wird er immer fündig. So bückt er sich herab, gerade auch in die kleinen, verborgenen Ereignisse der Geschichte dieser Länder und fördert aus dem Vergessen wichtige Ereignisse und Erkenntnisse heraus, die uns die Vergangenheit besser verstehen lassen, um die Gegenwart richtiger zu bewältigen.“

In fünf Themengruppen geordnet gewinnt der Leser einen Eindruck, mit welchem Herzblut Grulich die Geschichte der Sudetendeutschen unter die Lupe nimmt, aufarbeitet und dazu beiträgt, dass dieses leidvolle Geschehen, die Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer Heimat, nicht in Vergessenheit gerät. Folgende Schwerpunkte werden in diesem Buch gesetzt:

• Europa und wir oder AEIOU: Allen Ernstes ist Österreich unersetzlich!

• Gemeinsame Heimat Böhmen-Mäh- ren-Schlesien. Eine Auswahl aus der Geschichte der Sudetendeutschen

• Unvergessene Menschen der Heimat

• Schicksal Vertreibung

• Wunde und Narbe Königstein

Warum diese fünf Abschnitte?

Grulich fühlt sich als Altösterreicher und hat auf Studienfahrten gerne über die fünf Vokale des Mottos Kaiser Friedrichs III. gesprochen. Er kennt Dutzende von Versuchen in verschiedenen Sprachen, diese rätselhafte Buchstabenkombination zu erklären, wobei ihm die Sinngebung von Willy Lorenz am besten gefällt: „Allen Ernstes ist Österreich unersetzlich!“ Obwohl er ein bekennender Sudetendeutscher ist und Berater im Bundesvorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft, außerdem Mitglied des Sudetendeutschen Rates, nennt sich Grulich gerne einen überzeugten Mährer. Da viele große Sudetendeutsche meist als Österreicher (oder gar als Tschechen) bekannt sind, hat er unermüdlich vergessene Männer und Frauen seiner Heimat bekannt gemacht. Die Vertreibung, die er als Kind erlebte, und seine fünf Jahre Kindheit in der Baracke eines Flüchtlingslagers haben ihn zum Kämpfer gegen Vertreibungen und zum Anwalt von nationalen Minderheiten und Volksgruppen gemacht. Seine Zeit in Königstein und sein Kampf um die Erhaltung dieses Vaterhauses der Vertriebenen haben ihn bis heute geprägt. Wie der hl. Paulus opportune importune die Wahrheit sagen will, macht auch Grulich keinen Hehl aus seiner Meinung und weist offen auf das Versagen der Kirchenmänner bei der „Abwicklung“ von Königstein hin.

Auf 416 Seiten bringt das Buch einen guten Einblick in das Schaffen Rudolf Grulichs. Es würdigt auch seine beliebten Studienreisen und enthält einige Rezensionen seiner Werke, die zeigen, dass sich die Sudetendeutschen nach ihrer Vertreibung aus der Heimat nicht auch noch in eine geistige Vertreibung aus der Geschichte drängen ließen.

Sudetendeutsche Miniaturen

Böhmisch-mährische Medaillons als Festschrift zum 70. Geburtstag von Rudolf Grulich

Herausgegeben vom Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien,

Haus Königstein, Nidda. Gerhard Hess Verlag, 416 Seiten, EUR 19.80, in der Buchhandlung „Millennium“ zu bekommen.

Auch im Institut für Kirchengeschichte haben die Kollegen Humor: „Wie immer hat unser Rudi seinen Geburtstag nicht gefeiert. Trotzdem haben wir Mitarbeiter ihm diese Festschrift gewidmet“, schreibt Angelika Steinhauer und kommt dann zum ernsten Teil: „Da Rudi sich immer noch als Königsteiner fühlt“, bittet sie auch die KöWo, einen Hinweis auf das Buch zu veröffentlichen. Das, lieber Professor Grulich, tun wir für einen altgedienten Königsteiner natürlich von Herzen gern und wünschen – nachträglich – „alles Gute“ zum siebzigsten Geburtstag!Repro: Friedel



X