TGK wird 100: Ein Blick von oben und direkt ins Herz

Offizielle Schulhoferöffnung durch Landrat Ulrich Krebs (Mitte) sowie Vertreter der Stadt Königstein, des staatlichen Schulamtes und des TGK.

Königstein (el) – 100 Jahre Taunusgymnasium Königstein. Von der Vogelperspektive aus betrachtet – und genau das hat die Projektgruppe „100 Jahre TGK von oben“ zum runden Schuljubiläum mit einer Drohne und Videokamera getan – ist es nur eine Zahl. Doch hinter diesen drei Ziffern stehen junge Menschen, die nicht bloß eine Bildungsanstalt besuchen, wie man sie sich etwa zur Zeit des Professor Crey aus dem legendären Filmklassiker „Die Feuerzangenbowle“ von 1944 vorstellt. Jeder Schüler, der sich für die Jubiläums-Panorama-Aufnahme auf den Rasen der nahe gelegenen Sportanlage begab, um eine der drei Ziffern zu formen, verknüpft mit der Schule von heute Hoffnungen und Werte, für die es sich einzustehen lohnt.

Schule heute – für Sonja Litzenberger, für das TGK zuständige Dezernentin beim staatlichen Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis, bedeutet das auch „Empathie, Mitgefühl, Reflektion“. Litzenberger, die sich mit ihrer Botschaft ebenso an die Lehrer wandte, auf deren Haltung es auch ankomme, damit aus einer Schule mehr als eine Bildungsstätte wird: „Um Bildung im Herzen zu verankern, bedarf es heute Leidenschaft und Begeisterung.“ Die sei am Taunusgymnasium spürbar, attestierte Landrat Ulrich Krebs in seiner Laudatio der Schulgemeinde, unter die sich an diesem besonderen Tag zur akademischen Feier, an dem sich ein Schulfest anschließen würde, auch viele Ehemalige gemischt hatten.

Alle Redner des Tages suchten die Verbindung zwischen gestern und heute zu knüpfen, was auch gelang. Denn das Taunusgymnasium steht schon seit jeher für Kontinuität. Und das ist umso höher zu bewerten, als dass die Schule auch hat schwere Zeiten – wie etwa zwei Weltkriege – umschiffen müssen. Sowohl Lehrkräfte als auch Schüler seien mit dieser Schule über den aktiven Dienst hinaus verbunden, stellte Krebs erfreut beim Blick in die ersten Reihen fest, als er darunter auch die langjährige Schulleiterin Roswitha Stengl-Jörns erspähte, die vor Kurzem in den Ruhestand getreten war.

Die schweren Jahre und gerade die nationalsozialistische Unrechtsdiktatur seien zwar nicht spurlos an der Schulgemeinde vorbeigegangen, zeigte der Landrat die wechselvolle Geschichte der Schule auf, dennoch könne man im Falle des Taunusgymnasiums von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Dieser Faktor lasse sich nicht allein an den Schülerzahlen messen – aber auch. Es sei ebenfalls ein Verdienst der ehemaligen Schulleiterin und ihren Vorgängern, die das TGK mit einer stabilen Struktur versehen hätten und zu letzterer gehörten auch Aktivitäten als Angebote an die Schüler sowie erfolgreiche Pennäler und eine aktive Ehemaligenschaft. Menschen zu mobilisieren, darum gehe es, und dazu zählten die aktiven Eltern ebenso wie der Förderverein. So habe man sich stets auf Zusagen aus dieser Schule verlassen können, wie zum Beispiel vor einigen Jahren die Eigenbeteiligung der Schule am Neubau einer eigenen Cafeteria. Baulich gelte es natürlich noch in Zukunft, im Rahmen des Schulbauprogrammes das eine oder andere zu optimieren, doch das sei auch eine Frage der Haushaltslage, so Krebs, der sich hier ein zügiges Weiterkommen wünscht.

Die Entwicklung der Traditionsschule werde weitergehen – trotz ihrer Jahre sei sie jung, vital und behaupte sich gegen die Konkurrenz aus dem Umfeld.

So kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Spruch des fiktiven Professors Crey, „Sie werden immer dümmer“, heute nicht nur undenkbar, sondern realitätsfern ist. Die fundamentale Veränderung im deutschen Schulwesen spiegele genau diesen Umstand, hielt Litzenberger fest. Selbstverständlich müsse man die äußeren und die inneren Veränderungen, die stattgefunden hätten, voneinander trennen. Nach außen vollziehe sich der Wandel an Dingen, die für die Schule von gestern gestanden hätten, wie Tinte, strenge Regeln, Uniform und eiserne Disziplin. Die Lehrer hätten damals fast militärische Kommandos gegeben und es habe einen Strafenkatalog gegeben. Schule heute, das sei keine Anstalt für den Unterricht, stellte Litzenberger klar. Den Bildungsauftrag habe es zwar immer schon gegeben, doch die neue Formel laute: „Bildung und Bindung ergeben Zufriedenheit.“ Die Schüler würden als Individuen gesehen und man könne sie nicht etwa in eine Form pressen. Durch das differenzierte schulische Angebot, wie es am TGK existiere, könnten die jungen Menschen ihre Talente entwickeln.

Es gehe hier um eine andere Ebene von Bildung – der „Herzensbildung“, formulierte Litzenberger. Das Wort Bindung stehe für eine prägende Zeit, in der soziale Orientierung stattfinde. Die Schulzeit stelle einen tiefen Einschnitt im Leben jedes Einzelnen dar und auch hier werde immer wieder ein interessantes Phänomen beobachtet: Die positiven Eindrücke getreu dem Motto „Weißt Du noch?“ bleiben.

Auch die Lehrerrolle habe sich gewandelt und zwar hin zum „Lehrbegleiter“, wie die Dezernentin des Schulamtes feststellte, die allen Lehrern von heute pädagogische Fähigkeiten zusprach und mit dieser Haltung würden die Lehrpersonen dazu beitragen, dass aus einer Schule wie dem TGK mehr als eine Unterrichtssstätte werde.

Auch Bürgermeister Leonhard Helm hat sich Gedanken gemacht über die Rolle des TGK von heute und über die Entwicklung, die sich in einem Jahrhundert vollzogen hat. Am Rednerpult angekommen, zauberte er etwas ganz Besonderes hervor – einen wahren Schatz, das Protokollbuch der Schule aus dem ersten Jahr ihrer Eröffnung – 1916. Nicht ohne jedoch vorher festzuhalten, dass die Schule bis 1970 in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Königstein gefallen war. Schon 1917 – und das geht eindeutig aus dem alten Schulbuch hervor – war der Geist des heutigen Taunusgymnasiums nicht etwa nur von guter Disziplin und dem Einbleuen von Wissen geprägt, die als solides Fundament dienten, sondern auch von dem Wissen darüber, wie wichtig es ist, den Weg zu den Herzen der Schüler zu finden, ihr Ehrgefühl zu pflegen. Schon in diesen Anfangsjahren habe man darüber nachgedacht, wie viel Selbstverwaltung man den Schülern überlassen, ihnen Vertrauen entgegenbringen sollte, so Helm, der angesichts dieses besonderen Anlasses wie seine Vorredner ebenso betonte, wie elementar es gerade in der heutigen Zeit sei, die Freiheit des Menschen zu fördern.



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