Warmer Regen für den Reichenbach: Geld vom Land für Renaturierung

Rücken dem Beton zu Leibe: Landschaftsarchitekt Georg Streicher (links) hat die Pläne gemacht, nach denen (weiter von links nach rechts) Walter Krimmel (Erster Stadtrat), Leonhard Helm (Bürgermeister) und Tiefbau-Spezialist Joachim Helsper der Verpflichtung der Stadt Königstein zum ökologischen Umbau des Reichenbachs nachkommen wollen. Baubeginn des rund 170.000-Euro-Projektes ist im kommenden Winter, da kam der Förderbescheid, den Umweltministerin Priska Hinz (Bildmitte) überreichte, gerade recht: „Bis zu 135.000 Euro“, sicher aber 65 Prozent der Baukosten übernimmt das Land Hessen. Dieser Regen für die Stadtkasse ist wesentlich wärmer als die Tropfen beim Fototermin. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – Schon im Jahr 2000 trat die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Kraft, 2010 wurde sie in Deutschland auf nationaler Ebene verankert, aber schon 2005 war in Hessen eine entsprechende Verordnung in Kraft getreten.

Wichtigstes Ziel dieser Regelung ist es, Bausünden vor allem der letzten 100 Jahre zu beseitigen, damit Flüsse und Bäche wieder bis in den Oberlauf von wichtigen Lebewesen besiedelt werden können, die von unten her zuwandern müssen. Ähnlich dem bekannten Beispiel springender Lachse müssen nämlich auch kleinere Lebewesen den Weg gegen die Strömung finden, um sich fortzupflanzen und damit die Abdrift in Strömungsrichtung auszugleichen.

Für die Schwierigkeiten, die es in der modernen Welt zu bewältigen gilt, ist der Reichenbach ein gutes Beispiel: Der Oberlauf, der zum Teil durch ein Naturschutzgebiet fließt, ist bereits ein sehr naturnaher Bach. Anders sieht es für den Reichenbach im Stadtgebiet von Königstein aus. Hier gibt es „starke bis sehr starke strukturell veränderte Abschnitte“, in denen der Reichenbach teilweise sogar in einem Betonrohr verläuft.

Biologisch-praktisch bedeutet das, dass zum Beispiel Forellen oder Bachflohkrebse hier schlecht bergauf kommen, während Stechmücken es auf dem Luftweg problemlos schaffen.

Um diesen Zustand zu ändern, laufen in Königstein seit 2013 Planungen, die im Bereich der Hubert-Faßbender-Anlage sogar auf Ideen aus dem Jahr 1989 zurückgehen. Die Pläne des Planungsbüros Koch aus Aßlar sind mittlerweile bereit zur Umsetzung, allein der Inhalt der Stadtkasse ließ an dem Termin zweifeln. Zur dennoch zügigen Umsetzung übergab Hessens Umweltministerin Priska Hinz der Stadtverwaltung nun einen Förderbescheid zur Renaturierung des Reichenbaches. „Die Fördermittel aus dem Landesprogramm „Gewässerentwicklung und Hochwasserschutz“ sollen die hessischen Kommunen bei der Renaturierung der Fließgewässer unterstützen.

65 Prozent der Kosten, bis zur Höhe von 135.000 Euro, wird Wiesbaden übernehmen, die hiesigen Bauherren rechnen mit einer Gesamtsumme von 170.000 Euro: In drei Abschnitten werden unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um die Gewässerökologie zu verbessern. Im Bereich des Mühlweges wird ein „Kastendurchlass“, durch den der Reichenbach den Mühlweg quert, mit einer Fließgewässer-Substratauflage versehen. Dadurch ist es den Fließgewässertieren dann wieder möglich, den Reichenbach aufwärts zu durchwandern.

In der Altkönigstraße werden die „Sohlabstürze“ am Hauptlauf zurückgebaut. Bisher verläuft der Bach hier streckenweise zwischen den Grundstücksgrenzen in senkrechten Bruchsteinmauern. Diese werden nun von naturnahen „Sohlgleiten“ ersetzt, so dass eine Gewässeraufweitung erfolgt. Zusätzlich wird in einer Seitenstraße ein fünf Meter langes Betonrohr durch einen „Stelztunnel“ ersetzt.

Der dritte Abschnitt, in dem eine Renaturierung stattfinden wird, liegt in der Hubert-Faßbender-Anlage. Hier wird das Bachbett auf einer Länge von 250 Metern teilweise verlegt werden, dadurch erreicht man ein gleichmäßigeres Gefälle, was neben der Natur auch den Hochwassergeschädigten zugute kommt. Auch in diesem Bereich verläuft der Reichenbach bisher zwischen senkrechten Bruchsteinmauern, nun soll das Ufer eine wechselseitige Neigung erhalten, was letztendlich auch den ästhetischen Aspekt deutlich verbessern dürfte.

Nicht nur die Grünn-Ministerin Priska Hinz freut sich: Durch die genannten Maßnahmen werden die Gewässerökologie und die ökologische Durchgängigkeit des Reichenbachs in Königstein im bisher stark defizitären innerörtlichen Bereich deutlich verbessert. Dies ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung eines „guten ökologischen Zustandes“, so wie ihn die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert.

Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt sich auch um die anderen Bachläufe in der Gemarkung kümmert, so beschweren sich einig Anwohner des Höhenbachs, der am Klärchenweg entlang von Falkenstein Richtung Kurbad fließt, dass seit mehrmaliger Anrufe seit Sommer nichts gegen die Verstopfung mit Unkraut und „Buschwerk“ getan worden ist – und nun kommt das Herbstlaub dazu.



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