Wasserrahmenrichtlinien werfen Fragen auf

Auf Einladung der AG Kulturlandschaft beschäftigten sich die Teilnehmer des Rundgangs unter anderem mit der Neugestaltung der Fassbender-Anlage.

Königstein – Mit kritischen Blicken und Fragen, welche Bedeutung die EU-Wasserrahmenrichtlinien (EU-WRRL) für die Woog und den Rombach haben, machte sich die AG-Kulturlandschaft Königstein-Kronberg e.V. mit dem Fachbereichsleiter der unteren Wasserschutzbehörde Thomas Golla auf den Weg, das Woogtal und die Fassbender-Anlage an der Herzog-Adolph-Straße, wo ein neuer Bachlauf gebaut werden soll, zu erkunden.

Ziel der Wasserrahmenrichtlinien ist es, kurz gefasst, Wasserläufe baulich so zu renaturieren, dass in den Gewässern eine Art nachhaltige Lebensgemeinschaft von Kleinstlebewesen entstehen kann.

Bei derlei Renaturierungen von historisch gewachsenen Bachläufen entstehen jedoch immer wieder Konflikte zwischen den Bestrebungen des Denkmalschutzes, das heißt dem Erhalt historisch gewachsener Anlagen wie Wehre, Uferbegrenzungen und kleine Wasserfälle.

Einig waren sich die Besucher darin, dass die Beseitigung des historischen Talmühl-Kanals 2005, der einst am Burgberg entlang weit nach Süden führte, genauso falsch war wie die Ausführung der Neuanlage des Baches neben dem Mühlrad, der aufgrund baulicher Mängel heute meist trockenliegt und auch nach Meinung des Experten Thomas Golla keinesfalls den heutigen Rahmenrichtlinien entspricht. Das Gleiche gilt für den Wasserlauf am Mühlrad und den inzwischen weiter verlandeten Weiher, die allerdings beide nicht den EU-WRRL unterliegen.

Bedenklich sind darüber hinaus verschiedene Rinnsale, die sich vom Burgberg unreguliert nicht mehr vom verschwundenen Talmühl-Kanal, oder wie einst von Dränagegräben abgeleitet werden. Dafür empfahl Thomas Golla kleine mit Naturpflastersteinen gefasste Rinnen quer über den Weg (wie bereits an anderen Stellen vorhanden), um die Zerstörung der Fußwege einzudämmen. Auch der Abzweig des Mühlbachs vom Woogbach wirft Fragen auf. Das neue Wehr führt zu wenig Wasser.

Hier müssten ökologisch sinnvollere Maßnahmen durchgeführt werden, die auch dazu beitragen, die Verlandung des Weihers aufzuhalten, denn ein fließender Mühlbach würde die Sedimente zum großen Teil abtransportieren. Besondere Aufmerksamkeit der AG Kulturlandschaft galt aber dem Ansinnen der Stadt nach den EU-WRRL in der Fassbender-Anlage für den Reichenbach ein neues mäanderndes Bachbett zu schaffen, das für circa 200.000 Euro inklusive einer Eigenbeteiligung der Stadt neben dem historischen „Reichenbach-Kanal“, gebaut werden soll.

Die Frage der ökologischen Sinnhaftigkeit konnte von Thomas Golla positiv beantwortet werden, allerdings wurde vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Villmer angemerkt, dass für die bereits vorliegenden Pläne einige der dafür notwendigen bau- und sicherheitstechnischen Nachweise fehlen, die man für ein übliches Baugenehmigungsverfahren oder Bebauungsplanänderung ansonsten benötigt. So wurde vor allem eine Worst-Case- Berechnung für Hochwasserereignisse bisher nicht vorgelegt, die an dieser Stelle aber bedeutsam ist. „Das wird also noch zu prüfen sein“, meint die Vorsitzende der AG, Gabriele Klempert. Die Befürchtung, dass ähnliche bauliche Mängel auftreten wie im Woogtal, steht im Raum.

Dass der Bach-Neubau in der Fassbender-Anlage, und sei er auch nur wenige Meter lang, ökologisch Sinn macht, betonte Thomas Golla, auch wenn oberhalb und unterhalb der Reichenbach in Rohren verborgen bleibt. Auch ein nur kurzer Bachlauf sei „ein ökologischer Trittstein“, der für eine Verbesserung der Wasser- und letztlich auch Luftqualität sorge. Was bei der Besichtigung des Reichenbachs und Betrachtung der Neubau-Pläne vom August 2012 offen blieb, war die Frage, ob der historische Reichenbach-Kanal erhalten werde. Dies sei ökologisch und technisch durchaus möglich, meinte der WRRL-Experte Thomas Golla, was auch die AG Kulturlandschaft ausdrücklich begrüßte.

Aus kulturhistorischer Sicht sei die Fassbender-Anlage nach Meinung der Landschaftsplanerin Jana Seibel eine gekonnt gestaltete innerstädtische Parklandschaft ihrer Zeit. Sie basiert auf einer ruhigen, stark grafischen Gliederung, wobei der geradlinige Kanal und das Denkmal Hauptelemente der Gestaltung seien, die durch einen mäandernden Bachlauf entwertet würden, da der Platz des Denkmals bis zu zwei Dritteln vom neuen Bach in Beschlag genommen würde. Auch die gefassten Ränder des Platzes mit Hecken und Bänken wären dann nicht mehr haltbar. Das Thema Neugestaltung der Fassbender-Anlage wird die AG also noch eine Weile beschäftigen, seien es Fragen über die möglicherweise noch fehlenden Nachweise oder der Schutz der Kulturlandschaft Fassbender-Anlage. Der hessische Gewässer-Wirtschaftsplan tritt Ende Dezember 2015 in Kraft, bis zum 21. Juni ist noch Zeit für Einsprüche, ermunterte Thomas Golla die AG Kulturlandschaft, diesen Zeitraum für Nachfragen und Einsprüche beim Regierungspräsidenten und dem Landesdenkmalamt zu nutzen.



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