Fürstenmaler porträtieren den Hochadel von seiner schönsten Seite

Dieses bezaubernde Porträt von Prinzessin Alice, der dritten Tochter von Königin Victoria von England und Prinz Albert, gehört zu den Glanzlichtern der Ausstellung, die Sonntag in der Streitkirche eröffnet wurde.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Die Ausstellung, die Sonntagvormittag im Museum Kronberger Malerkolonie in der Streitkirche eröffnet wurde, ist außergewöhnlich: Ein Exkurs in die Kunst der Porträtmalerei des 19. Jahrhunderts, gleichzeitig aber auch in die Geschichte der Herrscherhäuser der damaligen Zeit, die durch verwandtschaftliche Beziehungen eng miteinander verbunden waren. Sie zeigt nicht nur die Mitglieder des Hochadels in Gemälden, die für die Öffentlichkeit gedacht waren, sondern auch Porträts, die früher ausschließlich in privaten Räumen hingen. Dazu gehört ein Bild der preußischen Kronprinzessin Victoria, das Heinrich von Angeli 1875 von ihr malte und das einen Ehrenplatz auf dem Schreibtisch ihres Mannes Friedrich Wilhelm von Preußen einnahm.

Zehn dieser Kleinodien waren bisher noch nie öffentlich zu sehen, betonte Dr. Markus Miller, Chef des Museums von Schloss Fasanerie in Eichenzell bei Fulda, in seinen einführenden Worten. Sie stammen aus dem Gemäldefundus der Hessischen Hausstiftung und der Kulturstiftung des Hauses Hessen und waren bisher erst einmal im Jagdschloss Fasanerie in einer Ausstellung zu bewundern. Dass diese Schätze jetzt auch nach Kronberg kamen, ist der Kuratorin des Kronberger Museums Dr. Ingrid Ehrhardt zu verdanken. Als sie von der Ausstellung in Fulda hörte, rief sie spontan ihren dortigen Kollegen Dr. Miller an und meinte, es sei doch schade, dass diese Bilder nicht auch in Kronberg gezeigt würden. Der reagierte begeistert und meinte: „Das wäre ja genial!“ erzählte sie Sonntagvormittag.

Dennoch hätte es ihr Lieblingsbild, ein von Franz Xaver Winterhalter gemaltes Porträt von Anna, der späteren Landgräfin von Hessen, einer geborenen Prinzessin von Preußen, fast nicht in die Kronberger Ausstellung geschafft. Der goldverzierte pompöse Originalrahmen des Gemäldes war so wuchtig und ausladend, dass er weder durchs Treppenhaus noch im Fahrstuhl oder durch die Fenster in den ersten Stock der Streitkirche hätte transportiert werden können. Aber es fand sich eine Lösung: Das Bild bekam einen schlichten ovalen Goldrahmen, hängt jetzt in den Museumsräumen und ziert als Titelbild den Ausstellungsflyer.

Die Fürstenmaler oder Malerfürsten waren damals hoch geschätzt und hoch dotiert, berichtete Donatus Landgraf von Hessen, der derzeitige Chef des Hauses Hessen. Seine Ururgroßmutter Victoria Kaiserin Friedrich schätzte besonders den Maler Heinrich von Angeli, von dem sie – selbst eine begeisterte und talentierte Malerin – sich in die Kunst der Porträtmalerei einweisen ließ. Nicht nur sie ließ sich von ihm porträtieren, sondern auch ihre Mutter, Victoria Königin von England. Eines dieser Porträts ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Es ist ein Brustbild, Ausschnitt des ersten ganzfigurigen repräsentativen Staatsporträts des Malers, das die Queen ihrer Tochter zum Geschenk machte.

Aber auch Franz Xaver Winterhalter malte die Mitglieder des englischen und des preußischen Königshauses. Eine vergleichende Betrachtung ist spannend und aufschlussreich, meinte denn auch Donatus Landgraf von Hessen. Sein Lieblingsbild, verriet er, ist ein Gemälde von Prinzessin Alice, der dritten Tochter von Königin Victoria von England und Prinz Albert, das sie im zarten Alter von einem Jahr und neun Monaten zeigt, in einem historischen Gewand aus dem 18. Jahrhundert, das eigens zu einem Kostümball der Eltern nachgeschneidert wurde.

Neben Franz Xaver Winterhalter und Heinrich von Angeli präsentiert die Ausstellung Gemälde von Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach. Diese vier ganz unterschiedlichen Malerpersönlichkeiten porträtierten nicht nur die Mitglieder des Hochadels, sondern nahmen auch an ihrem Leben teil. Mit ihren offiziellen Staatsporträts prägen sie bis heute das Bild der Fürstenpersönlichkeiten. Sie stellten ihre jeweiligen Modelle sehr ähnlich, aber auch höchst vorteilhaft dar. Sie idealisierten und harmonisierten, ließen Bäuche schlanker, Haare dichter und Haut straffer erscheinen, so Dr. Miller: „Und das alles viele Jahrzehnte vor der Erfindung des Computerprogramms Photoshop.“ Anders als die Hofmaler früherer Jahrhunderte waren sie für verschiedene Auftraggeber tätig und wurden jeweils weiterempfohlen, denn früher verband ein dichtes Netzwerk die Adelshäuser.

Queen Victorias Prophezeiung, Heinrich von Angelis Werke würden später einmal in einem Zuge genannt werden mit denen des flämischen Malers Van Dyck, hätte sich zwar nicht erfüllt, aber diese Künstler, in deren Bezeichnung „Fürstenmaler“ immer auch ein gewisser Spott mitgeschwungen habe, verdienten mehr Beachtung und Aufmerksamkeit, meinte Dr. Miller.

Die kann ihnen in den Räumen des Museums Kronberger Malerkolonie noch bis zum 15. Februar 2015 gezollt werden. Die Ausstellung ist jeweils mittwochs von 15 bis 18 Uhr geöffnet, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 18 Uhr. Öffentliche Führungen sind an den Sonntagen 7. Dezember, 4. Januar und 8. Februar geplant. Außerdem wird am 15. Januar 2015 um 19 Uhr Christine Klössel, Leiterin des Archivs des Hauses Hessen, unter dem Motto „Fürstenmaler – Malerfürsten“ einen Vortrag halten und die Glanzlichter der Ausstellung vorstellen.

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