Großes Interesse an der Mitarbeit im Arbeitskreis Flüchtlingshilfe

Über 30 Kronbergerinnen und Kronberger aus 20 Organisationen trafen sich zur Gründungsversammlung des Arbeitskreises Flüchtlingshilfe in der Stadthalle.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – „Ich bin begeistert, wie viele Menschen hier sitzen“, freute sich Kreisbeigeordnete Katrin Hechler. Dass sich im Saal Herzberg der Stadthalle vergangeneWoche mehr als 30 Bürgerinnen und Bürger eingefunden hatten, um den Arbeitskreis Flüchtlingshilfe aus der Taufe zu heben, sah sie als Beweis großer Hilfsbereitschaft, die Menschen zu unterstützen, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten. Seit einem Jahr, sagte Hechler, nehmen die Flüchtlingszahlen deutlich zu. Und es werden noch mehr werden, prophezeite sie. Das Auffanglager Gießen platze schon jetzt aus allen Nähten.

Im Hochtaunuskreis werden die Flüchtlinge den Städten und Gemeinden prozentual nach der Zahl der Einwohner zugewiesen. Kronberg, in dem mit seinen 18.000 Einwohnern 7,76 Prozent der Kreisbevölkerung wohnen, muss ab September 91 Flüchtlinge aufnehmen. Sie kommen aus Afghanistan und Pakistan, Eritrea und Somalia, dem Iran und Syrien. „Menschen auf der Flucht, die alles in ihrer Heimat zurück lassen mussten“, sagte Hechler. „Sie kommen aus Kriegsgebieten, nicht aus Abenteuerlust“, betonte sie und warb dafür, die Menschen aufzunehmen, sie willkommen zu heißen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie am Ende ihrer Flucht angekommen sind. Denn die meisten von ihnen, betonte sie, werden bleiben, werden Nachbarn werden und vielleicht sogar Freunde. „Es sind mutige Menschen, die eine Bereicherung für uns alle werden können.“

„Es ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, eine gesamtstädtische Aufgabe“, sagte Bürgermeister Klaus Temmen. Derzeit, berichtete er, gibt es in Kronberg erst sieben Flüchtlinge. Fünf wohnen in privaten Unterkünften, zwei in städtischen Liegenschaften. Aber für die weiteren, die ab September kommen werden, fehlt noch Wohnraum. Unmittelbar vor dem Treffen in der Stadthalle, berichtete er, gab es ein zweistündiges Gespräch mit der Eigentümergemeinschaft Dieselstraße 5 in Oberhöchstadt. Dort könnten möglicherweise zwei Etagen als Flüchtlingsunterkunft hergerichtet werden.

Weitere Optionen sind das seit Ende 2012 leer stehende Bettenhaus des Religionspädagogischen Zentrums in Schönberg, das der evangelischen Kirche gehört, und das frühere Schulungszentrum der Deutschen Bank im Wald oberhalb der Straße Am Aufstieg. Die evangelische Kirche, die das Gelände des RPZ veräußern möchte, denke jetzt darüber nach, dort Flüchtlinge aufzunehmen. Von der Deutschen Bank habe er auf seine Anfrage noch keine konkrete Antwort bekommen, so Temmen. Sollten bis September nicht ausreichend Unterkünfte gefunden werden, seien Container die einzige Alternative.

Die 40 Kronbergerinnen und Kronberger aus rund 20 Organisationen, Vereinen und Parteien, hatten eine ganze Reihe von Fragen. Ob es Sozialarbeiter und hauptamtliche Betreuer für die Flüchtlinge geben wird, wollte sie wissen. Wer helfen könne bei Behördengängen. Ob die Flüchtlinge arbeiten dürfen. Was mit ihren Kindern sei und wie viele kommen. Sie brauchten ebenso wie ihre Eltern dringend intensive Sprachkurse und Sprachförderung, meinten sie, denn die Sprache sei das A und O der Integration. Das Dolmetscherproblem dürfte gerade in Kronberg nicht schwer zu lösen sein, meinte der frühere Dekan Klaus Spory. „Hier wohnten so viele Nationalitäten zusammen, da sollte es doch möglich sein, für jedes Land Ansprechpartner zu finden.“

Katrin Hechler versicherte, dass es Betreuer geben werde, die stundenweise zu festen Arbeitszeiten vor Ort sein werden. Diakonie und Caritas hätten weitere Betreuer, die helfen könnten. Im Landratsamt gebe es feste Ansprechzeiten und -partner, an die sich Flüchtlinge wenden könnten, erklärte die Kreisbeigeordnete. Wenn Flüchtlinge als Asylbewerber anerkannt seien, dürften sie auch arbeiten. Vorher allerdings hätten sie noch nicht die vollen Rechte wie Deutsche, beispielsweise wenn es um psychische Probleme gehe. „Aber wir geben uns Mühe“, versicherte sie. „Sie sind traumatisiert von ihrer Ankunft in Europa, nicht von der Flucht“, meinte Petra Fischer-Thöns, nicht nur Mitglied im Kultur- und Sozialausschuss, sondern auch Diplom-Sozialarbeiterin.

Thomas Paul vom Arbeitskreis Flüchtlinge in Neu-Anspach berichtete von durchweg positiven Erfahrungen. Die Menschen seien dankbar, wenn man ihnen die Kleiderkammer zeige, sie zu Supermärkten fahre und ihnen Fahrräder zur Verfügung stelle. Sie hätten fast alle Smartphons und viel zu teure Verträge abgeschlossen. Da brauchten sie Unterstützung, um aus diesen Verträgen wieder heraus zu kommen. Die GEZ schicke umgehend Briefe und fordere Gebühren, die sie jedoch nicht zu bezahlen brauchten. Die Sportvereine hätten sie zu einem reduzierten Betrag aufgenommen, eine pensionierte Lehrerin biete Deutschkurse an. Wichtig sei vor allem anwaltliche Hilfe, wenn die Flüchtlinge wieder nach Italien abgeschoben werden sollen, denn sie hätten nur eine Woche Einspruchsfrist, könnten aber die amtlichen Briefe meist nicht lesen. Wichtig sei, Vertrauen aufzubauen und ihnen regelmäßige Treffen anzubieten. Und es gibt bereits ein Netzwerk der Arbeitskreise Flüchtlingshilfe und einen Flyer, in dem alles Wissenswerte zusammen gefasst ist, sagte Paul.

In einer Vorstellungsrunde wurde deutlich, aus wie vielen Organisationen, Vereinen und Institutionen Vertreter gekommen waren, aus dem Internationalen Club, dem Ausländerbeirat, den Schulen, den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, politischen Parteien, der Arbeiterwohlfahrt, dem Bund der Selbstständigen, der Volkshochschule, der Caritas, den Kronberger Frauenverbänden und dem Vereinsring. Viele von ihnen erklärten sich bereit, im Arbeitskreis Flüchtlingshilfe mitzumachen. Dazu sollen zunächst drei Arbeitsgruppen gebildet werden, schlug Bürgermeister Temmen vor: Unterbringung und Wohnen, Integration sowie Bildung und Sprache. Jeder sollte sich dort eintragen, wo er sich engagieren wolle. Die Stadtverwaltung wird zu den jeweiligen Treffen der Arbeitsgruppen einladen. Jede Arbeitsgruppe wird dann einen Sprecher bestimmen. Unmittelbar nach den Sommerferien im August ist eine öffentliche Veranstaltung geplant, bei der sich auch die Flüchtlingshilfe Kronberg vorstellen wird.

Da innerhalb der Stadtverwaltung alle Fachbereiche in die Thematik eingebunden sind, werde es zudem im Rathaus selbst eine Projektgruppe geben, die sich konzentriert mit den Aufgaben befasst, kündigte Bürgermeister Temmen Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung an. Bürger, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren und mitarbeiten möchten, können sich per E-Mail an v.humburg[at]kronberg[dot]de bei Volker Humburg melden, dem Fachbereichsleiter Einwohnerservice.



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