Kappen trauern um ihr ältestes Mitglied – Frohnatur Carl Veit

Der Malermeister Carl Veit ist gestorben.

Foto: privat

Kronberg (mw) – Er ist an Fassenacht geboren, am 24. Februar 1921, also ein echtes Fastnachtskind und nun ist er am 1. Februar mitten in der Fastnachtssaison gestorben: Der Kappen-Klub trauert um sein langjähriges und ältestes Vereinsmitglied, ihren Ehrensenator Carl Veit, der 94 Jahre alt geworden ist. „Carl war seit seinem Eintritt in den Kappen-Klub vor fast 79 Jahren – am 27. Februar 1937 – ein sehr beliebtes und aktives Mitglied im Verein. Er hat dem Verein auch in schwierigen Zeiten stets die Treue gehalten. Auf ihn war immer Verlass. Er wurde von allen sehr geschätzt“, so die Kappen. Carl Veit gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern der Kronberger Rittergarde im Jahr 1952.

Besonders seine künstlerischen Fähigkeiten waren sehr gefragt. Er schuf großartige Bühnenbilder mit Kronberger Motiven, die die Kappen noch heute in ihrem Fundus aufbewahren. Auch seine kunstvoll gestalteten Schilder für die Sitzreihen sind noch in Gebrauch. „Carl war für den Kappenklub und die Rittergarde prägend – besonders durch ihn hat es sich etabliert, dass wir uns nicht mit einfachen, jahresunabhängigen Bühnenbildern zufrieden geben, sondern zu jeder Saison etwas Neues zaubern“, erzählt die erste Vorsitzende der Kappen, Henni Held. 2014 hatten sie bei „Wenn es dunkel wird in Kronbersch“ noch einmal ein altes Bühnenbild von ihm wiederaufleben lassen und neu inszeniert. Veit war der Vereinsjugend sehr zugetan und veranstaltete früher jährlich Feste für die Tanzgruppenkinder in seinem Garten, die legendär waren: Denn er sorgte ausgesprochen liebevoll für die Bewirtung aller Gäste und für die Gewinne der Kinderspiele.

Für seine unermüdliche Mitarbeit im Verein und speziell bei den Sitzungen wurde er 1977 mit dem Goldenen Vlies, dem höchsten Narrenorden geehrt und 1987 zum Ehrensenator des Kappen-Klub ernannt. „Wir werden uns immer mit großer Dankbarkeit an ihn erinnern“, so die Kappen.

Carl Veit, war der närrischen Zeit seit seiner Kindheit verbunden. „Mit 15 Jahren habe ich angefangen, für den Kappenklub Kronberg die Bühnenbilder zu gestalten“, erzählte er zum 80. Geburtstag im Interview. Schier unerschöpflich war sein Ideenreichtum, wenn es um die Gestaltung der acht mal vier Meter großen Bühnenbilder ging. Im Schnitt hat Veit 65 Jahre lang alle zwei Jahre ein neues Kunstwerk für die Narren geschaffen, die schönsten davon hat der Verein natürlich aufbewahrt. „Ich bin ein geborener Narr, der das Leben liebt“, sagte er damals. Das kam wohl auch daher, dass er in der Tanzhausstraße aufgewachsen war. „Da war immer was los“, erinnert er sich. „Die Straße war der Mittelpunkt von Festivitäten“. Als kleiner Junge hatte er die Kirmes auf dem Tanzhaus und das wunderschöne Karussell mit echten Holzpferden geliebt. Schon in der Volksschule wurde Carls malerisches Talent erkannt. So entschloss sich denn auch der junge Veit, seine Fertigkeiten in einer Malerlehre bei der Firma Hembus zu vervollkommnen. Insgesamt 28 Jahre verbrachte er in dem Betrieb. Jäh unterbrochen wurde seine berufliche Laufbahn durch Wehrdienst und Krieg. 1945 geriet er in russische Kriegsgefangenschaft und musste dreieinhalb Jahre in harten Wintermonaten vor Leningrad, Lettland und Estland verbringen, – nicht wissend, ob er jemals wieder seine Heimat sehen würde. „Wir waren mit 120 Mann in einer Baracke untergebracht“, erinnert sich Veit, „hatten einen Tisch und eine Glühlampe“. Freiwillig meldete sich Veit zur Nachtwache, um auf die Rückseite der Rot-Kreuz-Karten, die als einziges Verständigungsmittel mit den Angehörigen zugelassen waren, Dürer-Motive, Blumengrüße, Ernte-Dank-Motive und vieles mehr zu malen. „Meine Karten warten die einzigen, die tatsächlich immer die Familien erreichten“, so Veit. Trotz einfachster Behelfsmittel wurden die Karten immer schöner, die Motive immer ausgefallener. Die Aufträge von Kameraden, für sie Karten zu gestalten, häuften sich. „Das Malen gab mir Selbstvertrauen und Stärke“, sagt Veit. Es war ein Trost in harten Zeiten, die von Hunger und Holzfällerarbeiten, Straßenbau und Hilfsarbeiten an dem ehemaligen Innenministerium in Moskau ausgefüllt waren. Viereinhalb Jahre nach Kriegsende kam Veit aus der Kriegsgefangenschaft zurück: „Den Nikolaustag 1949 habe ich als meinen zweiten Geburtsag gefeiert“, so Veit. „Als wir befreit wurden, hatten wir schon lange an nichts mehr geglaubt“. Es dauerte ein paar Monate, bis er wieder Mensch wurde und morgens ohne schweißtreibende Albträume aufwachte, erzählte er damals. Bis 1961 blieb er noch der Firma Hembus treu, dann machte er sich in der Merianstraße selbstständig. 1986 trat er in den wohlverdienten Ruhestand und übergab das Geschäft an seinen ersten Lehrling, Willi Girold. Neben seinen aktiven Einsätzen für den Kappenklub war Carl Veit gerne und lang mit seinem Garten – der wie die Bühnenbilder einem ideenreichen Kunstwerk glich – beschäftigt. „Wir werden uns immer mit großer Dankbarkeit an ihn erinnern“, so die Kappen.



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