Leserbrief

Aktuell

Unser Leser Wolfgang Mohr Hattersheim, erinnert an seinen Großonkel Dr. August Wiederspahn aus Kronberg: Die bevorstehenden Feiern zum Tag der Einheit in Frankfurt am Main, die in einigen Tageszeitungen die Nachkriegsgeschichte dieser Stadt in den Blickpunkt rücken, sowie die große Automesse der IAA haben mich veranlasst an einen bedeutenden Kronberger zu erinnern, meinem Großonkel Dr. August Wiederspahn, der viel für Frankfurt in der Wiederaufbauzeit nach dem Kriege geleistet hat. Er wurde am 1. November 1892 in Kronberg geboren und musste zunächst, wegen der Krankheit seines Vaters auf ein Studium verzichten und trat in den Verwaltungsdienst der Stadt Frankfurt. Nach dem im Ersten Weltkrieg konnte er sehr erfolgreich die zweite Verwaltungsprüfung ablegen und heiratete in Kronberg Anna Buchsbaum. Sie hatten zwei Söhne und eine Tochter. An der Frankfurter Universität konnte er nach dem Kriegsende das von ihm ersehnte Studium beginnen, wo er danach promovierte zum Doktor der Staatswissenschaften. Seine Dissertation behandelte schwierige sozialrechtliche Fragen. Unter dem Oberbürgermeister Ludwig Landmann wurde er zum wirtschaftlichen Referenten der Stadt nannt und war damals schon für die Messe- und Ausstellungsgesellschaft der Stadt zuständig. 1947 wurde er dann im total zerstörten Frankfurt erster hauptamtlicher Messedirektor. War vor dem Krieg Leipzig die Hauptmessestadt, so war es besonders der Verdienst meines Großonkels, dass in Westdeutschland Frankfurt die führende Rolle als Messestandort erhielt, in Konkurrenz zu Hannover. Dazu begünstigte ihn eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem damaligen Oberbürgermeister Walter Kolb. Damals musste praktisch aus dem Nichts alles neu geschaffen werden. Der besondere Verdienst war sein guter Kontakt zu dem damaligen Vorsitzenden von VW, Herrn Nordhoff, was die Autoausstellung nach Frankfurt begünstigte. Der Anfang wurde mit dem Wiederaufbau der Festhalle gemacht. Auch die Buchmesse, die vor dem Krieg in der Reichsmessestadt Leipzig beheimatet war, kam nach Frankfurt, sowie weitere neue Messen, die auch heute noch, nach der Wiedervereinigung Frankfurts Dominanz als Messeort begründeten. Zusammen mit dem Oberbürgermeister Walter Kolb machte er Auslandsbesuche zu anderen Messestädten, wie Basel, oder Mailand, um neue Kontakte zu knüpfen, was für die wirtschaftliche Entwicklung damals wichtig war. Ein Höhepunkt dabei war damals für ihn als gläubigen Katholik, bei einer seiner Reisen in Rom mit Walter Kolb die Privataudienz im Vatikan bei Papst Pius Xll. Dr. Wiederspahn war ein sehr fortschrittlicher Mensch. Als Kunstfreund vereinigte er Vergangenheit und Zukunft. Ich erinnere mich noch, dass er anfangs der 1950er-Jahre traurig war, als die Planung Frankfurts damals alle Hoffnungen auf eine Wiederherstellung der Altstadt mit den breiten Straßendurchbrüchen für eine autogerechte Stadt, mit z.B. der Berliner Straße zerstörte. Als er 1959 mit 67 Jahren in den Ruhestand trat wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet. Danach hatte er endlich Zeit für seine künstlerischen Interessen und erarbeitete ein Buch über die Geschichte der Kronberger Malerkolonie, das nach dem ersten Band unter der Mitarbeit von Helmut Bode wesentlich mit einer erweiterten 2. und 3. Ausgabe erschien und antiquarisch heute noch erhältlich ist. Ebenfalls nur noch im Antiquariat im Handel ist sein nettes Buch „Jugendjahre im alten Kronberg“ Wie die Kronberger Künstler, so zog es ihn zusammen mit meinem Vater Josef Mohr, der engen Kontakt zu seinem Onkel pflegte, einst hinaus in die schöne Landschaft des Taunus, wo dann beide als Amateurmaler mit ihren Aquarellen die Schönheit der Natur festhielten. Ganze Ausstellungen könnte man damit füllen. Manchmal frage ich mich. „Was würde Dr. August Wiederspahn heute zu Frankfurt und Kronberg sagen“? Ich glaube er würde sich über den großen Ausbau des Messegeländes freuen und auch hier über seine Heimatstadt Kronberg, dass es hier die Museumsgesellschaft gibt, mit ihrem Museum. In Erinnerung an meinen Großonkel, bei dem ich schöne Stunden in Kronberg als Jugendlicher erlebte, bin ich sehr gerne als Bürger von Hattersheim vor neun Jahren in die Museumsgesellschaft eingetreten, der ich mich eng verbunden fühle. Dr. August Wiederspahn ist uns allen immer noch ein Vorbild, als eine Persönlichkeit des Wiederaufbaus unseres Landes, als es wichtiger war und dies gilt auch noch heute, selbstlos mit seiner Arbeit in erster Linie der Allgemeinheit und der Öffentlichkeit zu dienen.



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