Oberhöchstädter „Bub“ bringt Erfolgsstück „Der Gott des Gemetzels“ in die Stadthalle

Schauspieler Patrick Braun aus Oberhöchstadt Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Theater spielen, das ist Leidenschaft. Jeder Moment ein Genuss. Das macht Patrick Braun unmissverständlich klar. Dafür lohnt es sich, die befristeten Theaterverträge in Kauf zu nehmen, sich um jede neue Theater- oder TV-Rolle in den spielfreien Zeiten aktiv kümmern zu müssen, damit das nächste Rollenengagement nicht zu lange auf sich warten lässt. „Wenn wir spielen, sind wir in einem geschützten Raum“, versucht Schauspieler Patrick Braun, der in Oberhöchstadt aufgewachsen ist, zu erklären, was eher ein Gefühl ist. Für eine neue Rolle versuche man möglichst „blank“ zu sein, um sich dann die Person, die man spielt, überzustreifen, sie im besten Fall zu sein. „Theater zu spielen hat viel mit zulassen zu tun, es ist etwas ganz Magisches, was sich auf der Bühne entwickelt“, so Braun, Mitglied der Theaterproduktion aleph in Mainz, die in den Mainzer Kammerspielen regelmäßig ihr Stammhaus bespielt und im Umland verschiedene Gastspiele durchführt. Einen 90-Minüter wie die Erfolgskomödie „Der Gott des Gemetzels“ der Französin Yasmina Reza zu viert auf die Bühne zu bringen, erfordere zunächst einmal den ganz normalen Fleiß, den Text auswendig zu lernen. Meist geschieht das parallel zu den Proben, die zunächst mit Manuskript gesprochen werden. Schnell spürt man nicht nur die Charaktere der verschiedenen Rollen, sondern auch die der Mitspieler, entwickelt ein Gespür dafür, wie sich die Dialoge gestalten lassen. „Ist der Regisseur gut, kannst Du Dich in der Rolle verlieren und er gibt Dir die nötige Orientierung.“

„Du steigst bei A ein und wachst bei Z auf“

Die anspruchsvolle Komödie, die Patrick Braun, am vergangenen Wochenende zum vierzigsten Mal mit seinen drei Theaterkollegen an den Mainzer Kammerspielen aufgeführt hat, ist für ihn persönlich ein ganz besonderer Genuss. „Yasmina Reza ist zurecht die erste Theatermillionärin“, findet Braun. „Sie ist eine sehr schlaue Frau und genauso ist es ihr Text. Er hat keine Längen, die der Schauspieler überbrücken müsste, keine Löcher, in denen das Publikum sich langweilen könnte. Du steigst bei A ein und wachst bei Z auf“. Die Dialoge seien äußerst geschickt entwickelt und ausgearbeitet und die Zuspitzung des Ganzen ein echter „Knaller“. Dabei fängt alles ganz harmlos an. Wer Kinder hat, kann sich in die Situation schnell hineinversetzen, um die es hier geht: Zwei Jungs haben sich geprügelt und der eine hat dem anderen einen Zahn ausgeschlagen. Keine große Sache, aber um die aus der Welt zu schaffen, arrangieren die beiden Elternpaare ein Treffen gemäß dem Motto: „Wir sind doch in der Lage, über alles in Ruhe zu reden.“ Warum aus den um Konsens bemühten Elternpaaren am Ende nur einer die Oberhand gewinnt – der Gott des Gemetzels, will Patrick Braun nicht vorweg nehmen. Auf jeden Fall kippt die bürgerliche Fassade recht schnell. Zu finden ist das Stück, das 2011 bereits von Roman Polanski für das Kino verfilmt wurde, inzwischen auch in den Lehrplänen für Französisch Leistungskurs an deutschen Schulen.

Der Anwalt der Figur

Wenn Patrick Braun von seiner Vaterrolle in dem Stück erzählt, ist er sofort in der Rolle: „So ist es auch auf der Bühne, ich bin der Anwalt meiner Figur, ich fühle nicht mit dem Publikum mit.“ Schwierige Charakterrollen, auch die vermeintlich „Bösen“ seien oftmals am spannendsten in der Schauspielerei. Wie zum Beispiel ein junger Mann, den er einmal verkörpert hat, der seine hochschwangere Frau verprügelt. „Jede Rolle musst Du erklärbar machen. Warum ist er in dieser Situation nicht mehr Herr der Lage? Was hat ihn dazu gebracht?“ Die Psychologie dahinter zu ermitteln, die Emotionen im Spiel selbst zu erleben – ein aufregendes Unterfangen.

Auftritte als Elvis-Imitator

Für das Theaterspiel hat sich Patrick Braun schon in jungen Jahren an der Grundschule Schöne Aussicht in Oberhöchstadt interessiert. Gleichzeitig war er aber schon damals sportbegeistert. „Einmal war so schönes Wetter, da habe ich mir nichts dabei gedacht und bin nicht in die Theater AG gegangen, sondern nach Hause, um Skateboard zu fahren. Ich dachte mir, eine AG ist schließlich eine freiwillige Angelegenheit und war mir keiner Schuld bewusst.“ Doch er wurde vom Direktor eines Besseren belehrt. Damit verschwand die Freude an der AG. Doch der Spaß zu schauspielern, sollte auf den Skifreizeiten unter der Leitung von Markus Trusheim wieder geweckt werden. „Er war ein Super-Organisator und reiste immer mit viel Theater-Equipment im Gepäck.“ Am legendären bunten Abend gab es dann für die Freizeit-Teilnehmer verschiedene Vorführungen von den Betreuern. Von der Travestie-Show bis zum Karaoke-Abend war alles dabei. Patrick Brauns Auftritt als Elvis-Imitator sollte bald fester Bestandteil der Show werden. Aus den SKG-Shows etablierten sich die „Die 4 Hessebube“, die in der Receptur und auch in der Stadthalle zwischen 1990 und 1998 auftraten. Nicht vergessen wird er seinen Auftritt auf der Hifi-Messe in Frankfurt, zwei Tage nachdem sein geliebter orangefarbener Opel-Kadett-Kombi den Geist auf der Altkönigstraße aufgegeben hatte. Die Mutter seines Freundes hatte in der Zeitung gelesen, dass man dort einen restaurierten VW-Käfer beim Karaoke-Wettbewerb gewinnen konnte. Kurz entschlossen fuhren seine Freunde ihn nach Frankfurt, und er legte seine Elvis-Imitation aufs Parkett. „Dass ich damit wirklich den ersten Preis gewonnen hatte, habe ich selbst am nächsten Morgen noch nicht glauben wollen.“ Ein Blick aus dem Fenster auf das Auto, das vor der Haustür parkte, überzeugte ihn jedoch von seinem großen Glück. „Für mich war klar, ich möchte, das was ich hier mache, richtig, von der Pieke auf lernen.“ Er studierte an der Berufsfachschule Mainz Schauspiel und ist inzwischen seit über 15 Jahren auf verschiedenen Bühnen in Deutschland unterwegs, lebte auch einige Jahre in München und wohnt heute in Mainz. Patrick Braun strahlt: „Mein Lebensmotto gemäß dem Spruch ,was willst Du werden wenn Du groß bist: Glücklich.‘“, hat sich erfüllt. Seinen VW-Käfer als auch seine enge Bindung zu Oberhöchstadt, zu seinen Jugendfreunden und seinen Eltern, hat Braun, der zwischendurch auch im Fernsehen, unter anderem in zwei Tatorten und im „Ein Fall für Zwei“ gespielt hat, bis heute behalten. Sein großer Wunsch war, nach all den Jahren, einmal wieder in Kronberg zu spielen. Auch wenn es ein gewagtes Unterfangen für ihn ist, da die Stadt Kronberg kein Geld mehr im Budget hatte, um die Mainzer Kammerspieler zu engagieren, entschieden sich seine Ensemble-Kollegen als auch Dorothée Arden vom Kronberger Kulturkreis, ihn bei seiner Idee nach Kräften zu unterstützen. Einige Hürden galt es zunächst zu meistern: „Ich wollte beispielsweise, dass das Stück ein Kammerspiel bleibt, deshalb haben wir nur 200 Plätze in der Stadthalle an beiden Abenden ausgewiesen.“ Finanziell ein weiteres Wagnis. Ansonsten würde das Stück aber an Farbe verlieren, da ist sich Braun sicher. Wird die Aufführung in Kronberg ein Erfolg, kann er sich auch vorstellen, weitere Städte im Umkreis zu bespielen.

„Der Gott des Gemetzels“, mit Martina Göhring, Andreas Mach und Petra Steck in den weiteren Hauptrollen, wird Freitag, 7. November und Samstag, 8. November um 20 Uhr in der Stadthalle am Berliner Platz aufgeführt. Einlass ist um 19.30 Uhr. Die Karten kosten 20 Euro im Vorverkauf (ermäßigt 18 Euro), an der Abendkasse 25 Euro, ermäßigt 22 Euro. Tickethotline 0180-5040300 oder an den Vorverkaufsstellen First Reisebüro, Ticket Center Pritzer und in der Kronberger Bücherstube.

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