Planungswerkstatt: Bauausschuss votiert für Büro-Beauftragung

Kronberg (pu) – Auf Initiative der großen Koalition aus CDU und SPD hatte das Parlament im Juni dieses Jahres den Magistrat damit beauftragt, ein Grobkonzept für eine moderierte Planwerkstatt oder eine ähnliche Form der Bürgerbeteiligung im Rahmen des Bauleitverfahrens „Quartier Bahnhof Kronbeg, Baufelder V (Schillergärten) und VI (Gleis 3)“ zu erstellen. In den vergangenen Wochen holte der Magistrat Angebote der drei externen Büros „stadt.bau.plan“, „team.ewen“ und „Strunk“ unter der Prämisse ein, Vorschläge für Veranstaltungen zu unterbreiten, in deren Verlauf keine Grundsätze und Leitlinien in Frage gestellt werden, die Beteiligung sich vielmehr auf die Ausformulierung der bestehenden Beschlüsse fokussiert. Nach Prüfung der Unterlagen kristallisierte sich mit dem 1974 gegründeten Büro „stadt.bau.plan“ mit Sitz in Darmstadt ein Favorit heraus. Im Verlauf des jüngsten Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt begründete Erster Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) die Wahl: „Den Ausführungen des Koalitionsantrages wird im Konzept Rechnung getragen, da der Rahmenplan und die Nutzungskonzeption Bestand haben und trotzdem eine Einbringung durch die Bürgerschaft ermöglicht wird.“ Eine Partizipation am Planungsprozess durch Bürger solle, laut dem Büro „stadt.bau.plan“, der Ausformulierung der Grundsätze dienen und könnte zum Beispiel durch die Erarbeitung von städtebaulichen Qualitätskriterien erfolgen. Das könne die Anordnung von Bauvolumen beinhalten, Fragen des Zusammenlebens betreffen, Bildung von öffentlichen und privaten Flächen behandeln, Nachbarschaften definieren und der Ausformulierung von Straßenbauqualitäten dienen.

Bürgerbeteiligung light

Diese Möglichkeiten gehen der Opposition mitnichten weit genug. Bündnis 90/Die Grünen-Vorstand Udo Keil bezeichnete das Ganze als „Bürgerbeteiligung light“ und warf der Koalition vor, man habe angesichts der näher rückenden Kommunalwahl offenbar „kalte Füße bekommen“. In der angedachten Form „geht es nicht um grundsätzliche Fragen, sondern nur noch, ob die Gebäude blau oder grün gestrichen werden sollen.“ Aus diesem Grund könnten die Grünen dem Antrag nicht zustimmen.

Keils Darstellung widersprach Baudezernent Odszuck. „Meiner fachlichen Meinung nach wird das Ergebnis ein kreativer und aktiver Prozess zum Städtebau sein.“ Es gehe um weitaus mehr als die Festlegung von GRZ oder GFZ. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas wies die Vorwürfe ebenfalls zurück. „Man kann etwas schlecht reden und behaupten, die Koalition kriege kalte Füße oder positiv, dass wir Handlungsbedarf sehen.“

Des Weiteren seien zwar gewisse Eckpunkte gesetzt, aber „wir bestehen bestimmt nicht mit Gewalt auf Punkten, sollte sich tatsächlich herausstellen, dass etwas überhaupt nicht machbar ist“. Durch die Beauftragung der Verwaltung zur Vorlage eines Konzepts zur Durchführung einer moderierten Bürgerbeteiligung ist momentan das förmliche Verfahren nach Baugesetzbuch beider Baufelder gestoppt. In der Stadtverordnetenvorlage wird dieser Schritt wie folgt begründet: „Denn die Einleitung der nächsten Verfahrensschritte macht nur Sinn, wenn die Rahmenbedingungen klar abgesteckt sind. Durch einen Beteiligungsprozess werden neue Fakten geschaffen, die für die weitere Bearbeitung relevant sind und Beachtung finden müssen“.

Hoffnung auf Ergebnisse vor der Wahl

Wie Haas hervorhob, drücke die Koalition lediglich deshalb auf das Tempo „weil wir noch in dieser Wahlzeit Ergebnisse vorliegen haben möchten.“ Kurz zuvor hatte die CDU-Stadtverordnete Claudia Gruchow einen Änderungsantrag gestellt mit der Bitte, die vom Büro „stadt.bau.plan“ vorgeschlagene zweistufige Bürgerbeteiligung noch in diesem Jahr beginnen zu lassen. Laut Erstem Stadtrat Jürgen Odszuck wäre eine Informationsveranstaltung aufgrund der momentanen Termindichte allerhöchstens noch am Wochenende 27. und 28. November möglich, einzig, weil die da ursprünglich angesetzten Haushaltsklausuren entfallen würden. Man werde das prüfen. Neben der einleitenden Informationsveranstaltung, in deren Verlauf auf Vorschlag des Planungsbüros alle Interessierten, Betroffene, die Politik und Institutionen zum aktuellen Stand des Verfahren informiert werden sollen, ist im zweiten Schritt eine partizipatorische Veranstaltung geplant mit dem Ziel, eine Empfehlung für die Auslotung beziehungsweise Qualitätskriterien für städtebauliche Themen zu erarbeiten. Anhand von negativ oder positiv empfundenen Gestaltungsbeispielen sollen Hinweise und Kommentare als Diskussionsbasis gesammelt werden, um aus diesen Kriterien zu entwickeln. Daraus entstehende Qualitätskriterien können beispielsweise den Straßenraum, Zugänge, Wegebeziehungen und Ähnliches betreffen.

Käseglocke oder Bewegung?

Angesichts der wiederholt heftigen Diskussion über Sinn oder Unsinn einer Planungswerkstatt im Rahmen des Bauleitverfahrens „Quartier Bahnhof Kronbeg, Baufelder V (Schillergärten) und VI (Gleis 3)“, sah sich Ausschuss-Vorsitzender Max-Werner Kahl (CDU) zu einem flammenden Appell veranlasst. Seiner Meinung nach sollten sich die Grünen darauf konzentrieren, sich im Rahmen der Planungswerkstatt um die grünen Belange zu kümmern, statt zu versuchen, getroffene Beschlüsse wieder zu kippen. Es handele sich keinesfalls um eine Psdeudo-Veranstaltung, sondern „eine riesige Chance“. Es sei an der Zeit, dass das Quartier an Fahrt aufnehme. „Wer das allerdings vom Grundsatz her nicht will, der wird auch weiterhin dagegen treten.“ Anstatt weiter an einer Käseglocke zu bauen, „ist Kronberg verpflichtet, sich nach 20 Jahren Diskussion und hunderttausenden Euros, die in diesem Zusammenhang bereits ausgegeben wurden, zu bewegen“. Ansonsten „laufen wir Gefahr, die Entwicklung zu verpennen.“

Die Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB), Dr. Heide-Margaret Esen-Baur, hielt im Anschluss dagegen, ihre Fraktion wolle nicht die Grundsätze und Leitlinien in Frage stellen, es sei dennoch auffallend, dass sich der Magistrat ausgerechnet für das Büro entschieden habe, das eine andere Auffassung und Prioritätensetzung vertrete, als die beiden anderen. Esen-Baur spielte in diesem Zusammenhang auf die Schwerpunkte der Büros „Strunk“ und „team.ewen“ an, die auf Konfliktbewältigung setzen durch eine Öffnung des Planungsprozesses und damit den Bürgern ausreichend Möglichkeiten einräumen, die bisher erarbeiteten Grundsätze, im Gegensatz zum Büro „stadt.plan.bau“ eben doch in Frage zu stellen. „Wir sehen das deshalb nach wie vor als Alibi-Veranstaltung!“

Baudezernent Jürgen Odszuck konterte: „Sie wollen ganz bewusst eine Fehlinterpretation suggerieren!“ Über die Grenzen des Beteiligungsverfahrens seien die Büros im Vorfeld informiert gewesen. Generell dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich beim Baufeld VI um ein privates Grundstück handele, die Grundsätze des Eigentumsrechts nach dem Grundgesetz folglich nicht unterlaufen werden könnten und Empfehlungen zur Ausformulierung der Planungen nur im Rahmen der Gesetze erfolgen können. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Investor im Beteiligungsprozess werde von hoher Bedeutung sein.

Gegenüber der Bürgerschaft sollte außerdem klar formuliert werden, wie weit eine Mitwirkung insgesamt möglich ist, um falsche Erwartungen der Bürger zu vermeiden. Im Übrigen könne nicht gewährleistet werden, „dass alle Ergebnisse aus der partizipatorischen Veranstaltung auch tatsächlich zur Umsetzung kommen“.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Stumm bezeichnete die Planungswerkstatt dennoch als „Pille, um die Bürger vor der Wahl zu beruhigen, deshalb denke ich, es werden sich auch nicht viele Bürger beteiligen.“

Letztendlich einigten sich die große Koalition und Bündnis 90/Die Grünen auf einen Änderungsantrag, demzufolge „Die Veranstaltungen mit einer möglichst breiten Bürgerbeteiligung und Diskussion erfolgen und möglichst noch 2015 beginnen sollen“. Dies segneten acht Ausschussmitglieder ab, lediglich die KfB enthielt sich. Für den Gesamtantrag gab es sieben Mal „Ja“, bei einer Enthaltung (Grüne) und einer Gegenstimme (KfB).



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