125 Jahre Dienst zum Wohl der Gemeinschaft

Feierlicher Auszug der Feuerwehr Oberhöchstadt aus der St. Vitus-Kirche nach dem Festgottesdienst. Foto: privat

Oberhöchstadt (pu) – Im Gegensatz zur Stimmung in den ersten Gründungsjahren (wir berichteten) ist die Wichtigkeit der Freiwilligen Feuerwehr 1891 Oberhöchstadt für das Gemeinwohl längst unbestritten. Dies kam am Wochenende beim Festkommers und -gottesdienst zum 125-jährigen Bestehen deutlich durch Lob, Dank, Anerkennung und Geschenke zum Ausdruck. Nach musikalischem Auftakt durch den Musikzug und Begrüßungsansprache durch Vereinsvorsitzenden Michael Kauth lenkte als erster der Gratulantenriege und Festredner Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) die Aufmerksamkeit vor allem auf die von Wehrführer und stellvertretendem Stadtbrandinspektor Marcus Lawritsch und seinem Stellvertreter Thomas Schweitzer geleiteten Kameradinnen und Kameraden der Einsatzabteilung, „die Tag und Nacht bereit sind, das Leben und Gut anderer zu schützen“. Nicht minder in der Verantwortung stünden die Führungskräfte und Ausbilder, die ehrenamtlichen Gerätewarte für die ständige Wartung und Pflege der Ausrüstung, die Betreuer der Jugend- und Kinderfeuerwehren, „die mit ihrem Einsatz dafür sorgen, dass wir auch morgen und übermorgen noch einsatzfähig sind“. In diesem Atemzug seien auch die Mitglieder der Alters- und Ehrenabteilung zu nennen für jahrzehntelangen Einsatz und Treue zur Wehr. Temmen unterstrich: „Der Nachwuchs ist sicher gut beraten, Ihnen genau zuzuhören und von Ihrer Erfahrung zu profitieren, denn: Die Jungen sind zwar schneller, die Alten aber kennen die Abkürzungen!“ Last but not least gebühre sowohl dem Musikzug unter Leitung von Heribert Toschke großer Dank, der nicht nur die Veranstaltungen der Feuerwehr selbst, wie den Festkommers, musikalisch umrahme, sondern zu vielen anderen Anlässen im Jahr die Menschen mit seiner Musik erfreue als auch dem Verein Feuerwehr mit seinem Vorstand, „der dies alles trägt und darüber hinaus auch noch viel für das gesellschaftliche Leben in Oberhöchstadt tut“. Als Beispiele nannte der Schirmherr den jährlichen „Tag der offenen Tür“, der kommenden Donnerstag, 26. Mai von 11 bis 18 Uhr rund um das Feuerwehrgerätehaus, Am Kirchberg, seine jüngste Auflage erleben wird, die Kerb und die Beteiligung an vielen Festen und Märkten anderer Vereine und der Stadt Kronberg. Zum Schluss richtete Temmen stellvertretend für alle das Wort an den seit Jahren die Wehr prägenden Vereinsvorsitzenden Michael Kauth: „Danke, lieber Michael!“ Außer dem von ihm überreichten Umschlag „dessen Inhalt im Jubiläumsjahr sicher noch eine gute Verwendung finden wird“, kündigte Klaus Temmen 1.250 Euro der Dingeldein-Stiftung und 500 Euro der Liselott- und Klaus Rheinberger-Stiftung als Überraschungsgaben an.

Vier Festredner für 125 Jahre

Mit den Worten „Der Verein hat gute, aber auch schwere Zeiten hinter sich“ öffnete der Schirmherr anschließend das Archiv der Freiwilligen Feuerwehr 1891 Oberhöchstadt zum umfänglichen Revue passieren lassen der bisherigen Historie von den schwierigen Anfängen (wir berichteten ausführlich in der letzten Ausgabe) bis 1933. Danach reichte er den Staffelstab weiter an Stadtbrandinspektor Gunnar Milberg, der die rückblickend schwierigsten Jahre von 1934 bis 1958 beleuchtete mit der sich nachteilig auswirkenden Herrschaft der Nationalsozialisten, dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit. Vor dem Hintergrund, dass der Kronberger Bote in den kommenden Monaten bis zum großen Festwochenende (Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober) die Geschichte der Wehr noch ausführlich in den Blickpunkt rücken wird, sei an dieser Stelle die Reduzierung auf ein paar wenige Schlaglichter erlaubt. So erinnerte Milberg unter anderem an die vorübergehende Einbeziehung in das staatliche Polizeisystem unter dem Obersten Chef Heinrich Himmler, dem „Reichsführer SS“, an Einsätze im bombardierten Frankfurt unter schwersten Bedingungen, an die Ära Gottfried Sachs senior und junior sowie von Johann Burk und Johann Karl Eberhardt. Insgesamt seien Kameraden dem Krieg zum Opfer gefallen, deren Erinnerung auch durch das jüngst erschienene Gedenkbuch von Rudolf Bauer und Heinfried Schneider hoch gehalten werde. Allem zum Trotz wurde 1951 der Spielmanns- und Fanfarenzug (heute Musikzug) ins Leben gerufen.

Über weitaus erfreulichere Zeiten, von 1959 bis 1980, berichtete im Anschluss der ehemalige Wehrführer und stellvertretende Stadtbrandinspektor Rudolf Bauer, eine der prägenden Persönlichkeiten in den 1980er-Jahren. Schmunzelnd gab er zum Besten, er werde wegen des erheblichen Nachholbedarfs nach den von Schwierigkeiten geprägten Vorjahren über viele Jubiläumsfeierlichkeiten und größere Auslandsfahrten referieren, dennoch sei die eigentliche Tätigkeit der Feuerwehr, nämlich „Retten, löschen, bergen und schützen“, nie vernachlässigt worden.

Meilensteine in dieser Zeit waren unter anderem der Neubau des Gerätehauses, die Gründung der Jugendfeuerwehr 1959 (einer der Mitbegründer, Josef Schleiffer durfte sich am Festabend über eine besondere Auszeichnung freuen, siehe weiteren Bericht in dieser Ausgabe), die Einführung des ersten „Tags der offenen Tür“ 1969, der erste Platz im Wettstreit um den Deutschland-Pokal in der Fanfarenklasse für den Spielmanns- und Fanfarenzug Oberhöchstadt, die Einführung von Funkmeldeempfängern (1979) oder die Entfaltung von mehr Aktivitäten in der Ehren- und Altersabteilung.

Als vierter und letzter Festredner führte der langjährige stellvertretende Stadtbrandinspektor und ehemalige Wehrführer Christoph König durch die jüngste Vergangenheit von 1991 bis heute. In gewohnt launiger Manier erinnerte er an die Aufnahme des ersten weiblichen Mitglieds in der Einsatzabteilung 1991. Obwohl sich auch in den eigenen Reihen die eine oder andere kritische männliche Stimme in diesem Zusammenhang geregt habe, hätten „solche Revolutionen in Kronberg noch Jahre auf sich warten lassen“.

Darüber hinaus seien ab Ende der 1980er-Jahre Schritt für Schritt die technische Ausrüstung, Schutzkleidung und deren Unterbringung den wachsenden Anforderungen und Vorschriften entsprechend auf den jeweils aktuellen Stand gebracht worden.

„Keiner kann sich heute noch vorstellen, wie man vor 30 Jahren mit Blechreißer und Winkelschleifer versucht hat, eingeklemmte Unfallopfer zu bergen“, führte er die Entwicklungen vor Augen. Da durfte die Ausbildung der Feuerwehrleute des zweitältesten Oberhöchstädter Vereins ebenfalls nicht hinterher hinken. König weiter: „Und nicht zu vergessen: Waren es zu Beginn der neunziger Jahre zwischen 30 und 50 Einsätze pro Jahr, können es heute auch doppelt so viele sein. Auch das fordert der Mannschaft einiges ab.“ Zum Abschluss gab er zu bedenken: „In einer Zeit, in der sich unser Leben an vielen Stellen verändert und die gewachsenen Strukturen aufbrechen, in einer Zeit, in der traditionelle Organisationen wie die Feuerwehr mit Personalsorgen und ständig neuen Herausforderungen kämpfen und in der viele Menschen das Gemeinwesen für eine bezahlte Dienstleistung halten, ist es notwendig, sich immer mal klar zu machen – die Feuerwehr lebt von der und für die Gemeinschaft und ohne dieses freiwillige Engagement wären unsere Städte und Ortschaften weniger sicher, aber vor allem um vieles ärmer!“

Weitere Gratulanten

Diesen Ball nahm der Kreisbeigeordnete Bert Worbs (CDU) auf, der den aus terminlichen Gründen verhinderten Landrat Ulrich Krebs vertrat. Er erzählte, nachdem er sich als Kind einmal unbesonnen abfällig über die Feuerwehr geäußert und von seinem Vater deren Wichtigkeit vor Augen geführt worden war, sei ihm die Solidarität zwischen Wehr und Bürgerschaft erst bewusst geworden. „Kirche und Feuerwehr helfen Menschen sehr“, begann Stefan Hans, Sprecher des Ortsausschusses St. Vitus seine in Gedichtform verpackte Sicht auf die Parallelen von Kirche und Wehr. Beide schützten Leib und Seele und die jeweiligen Schutzpatronen St. Florian und St. Vitus arbeiteten Hand in Hand. In ähnlicher Weise aber noch humorvoller, äußerte sich Kaplan Steffen Henrich, der das Zusammengehörigkeitsgefühl unterstrich, indem der Feuerwehrmann seine Uniformjacke über sein Pfarrershemd gezogen hatte.

Kurz machten es jeweils Jens Kubina als Vertreter der jeweiligen Vorsitzenden der beiden Vereinsringe Kronberg und Oberhöchstadt, der ebenso einen Umschlag übergab wie die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Kronberg-Ballenstedt, Dr. Ursula Philippi. Bleiben noch Pfarrer Helmut Korth (Evangelische Kirchengemeinde), der wünschte, die Kameraden mögen „jedes Mal gesund an Körper und Seele von den Einsätzen wiederkommen“ und Kreisbrandinspektor Carsten Lauer zu erwähnen, der den „verlässlichen Partner“ lobte und sich auf die „nächsten 125 Jahre Zusammenarbeit“ freut.

Festgottesdienst

Am Sonntag hielt der evangelische Pfarrer Helmut Korth gemeinschaftlich mit dem katholischen Kaplan Steffen Henrich den Festgottesdienst, der musikalisch durch die Sängervereinigung 1861 Oberhöchstadt sowie den Feuerwehrmusikzug umrahmt wurde. Mitglieder der Feuerwehr wirkten teils als Ministranten und Kommunionhelfer mit als auch bei Lesung und Fürbitten.

Im Anschluss an den Gottesdienst wurde zu Ehren der in den Weltkriegen gefallenen und der verstorbenen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr 1891 Oberhöchstadt ein Kranz am Ehrenmal an der Kirche St. Vitus niedergelegt. Zum Abschluss des Festwochenendes lud der Ortsausschuss der katholischen Kirchengemeinde St. Vitus zu Kaffee und Kuchen in den Pfarrsaal ein.



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