Oberhöchstadt (pu) – „Das Schöne an diesem Markt ist, dass man vom klassischen blau-grau Getöpfertem bis zu modern alles findet, was das Herz begehrt und deshalb ist auch für alle Altersgruppen etwas dabei“, machte eine Besucherin des zweiten Oberhöchstädter Keramikmarktes aus ihrer Begeisterung keinen Hehl. Sie reihte sich damit nahtlos in die große Schar derer ein, die bei herrlichstem Frühlingswetter zum Dalles pilgerten, um die dargebotene kreative Vielfalt der über 40 Anbieter aus ganz Deutschland in Augenschein zu nehmen. Die Hessische Töpferinnung, die diesen jüngsten der Kronberger Märkte erst im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Stadt Kronberg und dem Vereinsring Oberhöchstadt aus der Taufe gehoben hatte, registrierte ebenso zufrieden die Besucherresonanz wie die Marktbeschicker. Traditionell ausgeübtes Töpferhandwerk scheint allen hin und wieder zu vernehmenden Unkenrufen zum Trotz nach wie vor mehr als aktuell zu sein. Dabei stand neben der häufig gehörten Frage der Spülmaschinenfestigkeit von Tassen, Tellern und Co durchaus auch die Brenntechnik oder die zugrundeliegende Idee für das jeweilige Stück im Mittelpunkt des Interesses.
Auf der Suche nach einem, den Alltag verschönernden, Unikat stand man angesichts des attraktiven Angebots meist vor der Qual der Wahl. „Wollen wir die Müslischalen mit den jeweiligen Vornamen der Kinder mitnehmen oder doch lieber welche mit spielerischen oder lustigen Motiven?“, fragte eine etwas ratlos dreinblickende Kronbergerin ihren Ehemann, der ad hoc ebenfalls keine Antwort wusste. Neben dem üblichen durch den Tag begleitenden teilweise ausgesprochen farbenfrohen Gebrauchsgeschirr in den unterschiedlichsten Formen gab es auch Spardosen, Schmuck, Blumen am Stiel, Heizungs-Verdunster-Figuren, Brunnen, Kräuterzwerge, Vasen, keramische Urnen und Grablichter, Gartenkeramiken, Pflanzgefäße und vieles mehr zu entdecken. Darunter wahre Hingucker wie beispielsweise die „Weibsbilder“ von Stina Tummel aus Flörsheim-Weilbach oder die als ausladende Damen geformten Bonbonnieren von Eike Godmann aus Niedernhausen. „Bis dabei alles sitzt, nehme ich die Gefäße bis zu 60 Mal in die Hand“, berichtete sie einer Besucherin. Im weiteren Gespräch waren die beiden rasch einer Meinung: „Es ist verblüffend, alle hier arbeiten mit dem gleichen Materal und es kommt dennoch so viel Unterschiedliches dabei heraus“.
Neben der intensiven Angebots-Sondierung standen besonders die Mitmach- und Anschauungs-Stationen hoch im Kurs. Aus dem benachbarten Steinbach brachte Moni Funck, die für großes Interesse sorgende Raku-Brennaktion mit. „Raku bedeutet soviel wie Freude, Zufriedenheit oder Glück“, hatte sie bereits im Vorfeld im Rahmen eines Pressegesprächs erläutert. Und sie hatte nicht zu viel versprochen. Gebannt verfolgten die Marktbesucher, wie glühende Steckerlfische nach einem Brennvorgang im rund 1.000 Grad heißen Rakuofen mit einer langen Zange herausgeholt und in einen Behälter mit organischem Brennstoff (Laub, Stroh, Heu etc.) eingebettet wurden. Sobald die Tonfische später abgekühlt waren, bestand die Möglichkeit sie käuflich zu erwerben und mit einer Glasur den eigenen kreativen Vorstellungen entsprechend zu vollenden und als Erinnerungsstück zufrieden mit nach Hause zu nehmen.
„Töpferscheibe in Aktion“ hieß es außerdem am Nachmittag für drei Stunden im Rahmen der Veranstaltung und wer nun endgültig so viel Gefallen am Handwerk fand, dass eine Teilnahme an einem Kurs in Erwägung gezogen wird, konnte sich beispielsweise gleich bei Helga Titze im Dallessaal zum nächsten vhs-Keramikkurs anmelden, der ab Dienstag, 21. April um 15.30 Uhr in der Grundschule Schöne Aussicht los geht. Die vhs-Dozentin bietet seit 1975 jeweils wechselnde Themengebiete für Kinder und Erwachsene an und präsentierte in einer kleinen Ausstellung Exponate von Teilnehmern vorangegangener Kurse.
„Es lief alles sehr gut, nach dreieinhalb Stunden waren wir ausverkauft“, strahlte Robert Becker als Mitglied des Teams, das am Stand des Kirchorts St. Vitus im Rahmen des internationalen Hilfsprojekts „Empty Bowls“ hausgemachtes Chili con carne und Kartoffelsuppe in von den Keramikkünstlern gespendeten Schalen verkaufte und auf diese Weise „Hilfe zur Selbsthilfe“ für afrikanische Schulkinder der Paul Albert Simon Schule in Himo (Tansania) leistete, um deren Hunger zu stillen und ihnen durch die Sicherung einer warmen Schulmahlzeit gleichzeitig die Chance zu wahren, durch Bildung einen Weg aus ihrer Armut zu finden. „Das ist Entwicklungsarbeit an der Basis, um möglichst frühzeitig zu verhindern, dass sich diese Menschen später aufgrund fehlender Perspektive zur Flucht gezwungen sehen könnten“, unterstrich Becker. Einmal mehr großes Engagement aller Beteiligten für eine gute Sache. Ebenfalls dabei, die Vorsitzende des Fördervereins Himo, Gudrun Becker-Schlünder und eine Betreuungskraft aus Tansania als direkte Ansprechpartnerinnen für sämtliche Fragen rund um das Himo-Projekt. Um das Ganze abzurunden, stand sogar Maisbrei zum Probieren zur Verfügung, um Kronbergern sowie den Besuchern, die von außerhalb kamen und das Projekt noch nicht kennen, einen Eindruck zum Hauptnahrungsmittel der Schulspeisung zu vermitteln.
Bestens bewirtet durch den Oberhöchstädter Vereinsring hatten es die wenigsten eilig nach Hause zu kommen, sondern genossen die Stunden pulsierenden Lebens im Herzen Oberhöchstadts bei der Musik des „Duo Domino“ und den Späßen von der Komödiantin MARTHA. Die wärmende Frühlingssonne tat ihr Übriges.
Damit reiht sich der „Neuling“ Oberhöchstädter Keramikmarkt mühelos in die Erfolgsgeschichte der seit Langem bestehenden Traditionsveranstaltungen Kronbergs, der Stadt der Märkte, ein. Keramikfans können sich bereits jetzt den zweiten Sonntag im April für die nächste Auflage fest notieren.
Weitere Impressionen vom Keramikmarkt finden sich auf der Bilderseite in dieser Ausgabe oder auf unserem Internetportal, www.taunus-nachrichten.de