Standing Ovations beim Abschlusskonzert des Kammermusik-Workshops im Casals Forum

Mit dem vierten Satz aus dem Streichsextett Nr. 2 von Johannes Brahms hatte „Mit Musik – Miteinander“ Freitagnachmittag begonnen – nach ihrer rundum gelungenen Interpretation beim Abschlusskonzert Sonntagnachmittag sieht man ihnen die Freude darüber an: (v.l.n.r) Dozentin Fumika Mohri, Julika Ada Rödder, Tamara Durand, Jaeyun Han, Lukas Vornhusen und Ella Schmalzl. Foto: Andreas Malkmus

Kronberg (pf) – „Wenn das kein Beitrag zur internationalen Verständigung ist“, schmunzelte Raimund Trenkler, Gründer und Intendant der Kronberg Academy, als er Sonntagnachmittag im großen Saal des Casals Forums das Publikum zum Abschlusskonzert des Kammermusikworkshops „Mit Musik – Miteinander“ begrüßte. Denn erstmals waren neben Bundespreisträgern des deutschen Wettbewerbs „Jugend musiziert“ und des österreichischen Pendants „Prima la Musica“ eine junge Französin und zwei noch jüngere Südkoreaner nach Kronberg gekommen, um gemeinsam mit der aus Japan stammenden Geigerin Fumika Mohri, dem dänischen Bratscher Nicholas Swensen und der niederländischen Cellistin Ella van Poucke Kammermusikwerke einzustudieren.

Die zwölf Nachwuchstalente, der jüngste noch 13 Jahre alt, die älteste feiert in diesem Jahr ihren zwanzigsten Geburtstag, waren bei der Begrüßung am Freitagnachmittag nicht nur aufgeregt, sondern, wie es einer sagte, auch skeptisch. Kann es tatsächlich gelingen, innerhalb von praktisch nur zwei ganzen Übungstagen, dem Freitagnachmittag, dem kompletten Samstag und dem Sonntagvormittag, sechs Sätze aus sechs Kammermusikwerken so zu erarbeiten, dass sie aufführungsreif sind?

Der begeisterte Applaus des Publikums, das sich zum Abschluss mit Standing Ovations bei den zwölf Nachwuchstalenten und ihren gar nicht so sehr viel älteren Dozentinnen und Dozenten bedankten, ließ keinen Zweifel aufkommen: Es funktioniert. Vor allem, weil die anfängliche Scheu voreinander – nur zwei von ihnen kannten sich aus dem Precollege der Musikhochschule Würzburg – schon nach den ersten gemeinsamen Proben verschwunden war und in Begeisterung und Freude am gemeinsamen Musizieren umschlug. Die war so groß, berichtete Trenkler, dass selbst in den Pausen und in den Abendstunden weiter geprobt wurde. „Ich hoffe, dass diese Freude auf sie überspringt“, wünschte er – ein Wunsch, der in Erfüllung ging.

Freude an der gemeinsamen Arbeit hatten auch Ella van Poucke, 1994 geboren, die von 2009 bis 2016 an der Kronberg Academy bei Frans Helmerson studierte, die gleichaltrige Fumika Mohri, die von 2015 bis 2021 Studentin bei Mihaela Martin an der Kronberg Academy war, und der fünf Jahre jüngere Nicholas Swensen, der seit vergangenem Jahr von Tabea Zimmermann an der Kronberg Academy unterrichtet wird.

Als sie mit ihrem Studium an der Kronberg Academy begann, erzählte Ella van Poucke beim Abschlusskonzert, sei sie die mit Abstand Jüngste gewesen. „Aber wenn man jung ist, lernt man besonders schnell und nimmt die Anregungen ebenso schnell auf“, erinnerte sie sich und lobte ihre „großartigen jungen Studenten“, denen es ebenso ging. Es habe ihr viel bedeutet zu unterrichten und es habe ihr viele Inspirationen gegeben, stimmte ihr Fumika Mohri zu. Das bestätigte auch Nicholas Swensen, der seine Aufgabe als Dozent herausfordernd fand und meinte, er habe dabei viel gelernt.

Anspruchsvolle Kammermusikwerke hatten die drei für das Workshop-Wochenende ausgewählt. Das Abschlusskonzert begann mit dem ersten Satz aus dem Streichquintett Nr. 2 c-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart, der mit einem düsteren Akkord beginnt. „In kaum einem Allegro-Kopfsatz von Mozart verbergen sich so starke Kontraste und musikalisch-rhetorische Wendungen auf engstem Raum“, so der Kammermusikführer Villa Musica. „Man spürt hier die Nähe zur großen c-Moll-Messe, die Mozart in der gleichen Zeit wie die Vorlage des Quintetts komponiert hat.“

Es folgte der dritte Satz mit der Bezeichnung „Andantino, doucement expressif“ aus dem Streichquartett g-Moll op. 10 von Claude Debussy, dem einzigen Streichquartett, das er etwa zur selben Zeit wie sein berühmtes „Prélude à l’Après-midi d’un phaune“ komponierte und das als „melancholisches Nocturne“ bezeichnet werden kann.

Danach erklangen zwei Sätze von Johannes Brahms, zunächst der zweite Satz Adagio aus seinem Streichquintett Nr. 2 G-Dur op. 111, im Anschluss der vierte Satz Poco allegro aus seinem Streichsextett Nr. 2 G-Dur op. 36. Während das Streichquintett zu den Spätwerken des Komponisten zählt, mit dem er eigentlich – zum Entsetzen seines Verlegers, der ihn dann doch noch zu weiteren Kompositionen überreden konnte – sein Schaffen beenden wollte, gehört das Sextett zu seinen frühen Werken, die ihm neben seinem Deutschen Requiem seinerzeit zum Durchbruch verhalfen. Entsprechend unterschiedlich sind sie im Charakter.

Das Konzert ging mit dem Kopfsatz aus Robert Schumanns Streichquartett Nr. 3 A-Dur op. 41, das er seinem Freund Felix Mendel-ssohn Bartholdy widmete und das Nicholas Swendson als eines der schönsten Werke Schumanns bezeichnete, und dem Finalsatz mit der Bezeichnung „Tema con Variazoni. Allegretto grazioso, quasi Andantino“ aus dem Streichsextett A-Dur op. 48 von Antonín Dvorák, dem einzigen Streichsextett des Komponisten, das er im selben Jahr komponierte wie seine Slawischen Tänze, was man dem Werk auch anhört, schwungvoll zuende.



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