Mal melancholisch, mal lasziv

Stephan Braun ist Cellist des Abends, Arne Jansen übernimmt die E-Gitarre. Foto: nl

Bad Homburg (nl). Der Abend im Speicher des Kulturbahnhofs beginnt mit den leichten Tönen, die jeder kennt. „Dire Straits“ eben. Radiomusik, legendäre Musik, gute Musik. Cello und E-Gitarre ahmen nach, was „Dire Straits“ als Band auf die Bühne gebracht haben. Heute und hier ist es eine Art Wohnzimmer-Konzert. Intim, leise, aber eindringlich und exakt intoniert.

Plötzlich übernimmt das Cello die leitenden Töne. Kratzt harmonisch und schnell, durchkreuzt den Rhythmus. Sorgt für eine gewisse Unruhe und gediegene Aufregung im Takt.Die beiden Musiker sind ganz in Schwarz gekleidet. Sie wirken eher wie unauffällige Detektive der Musik als Künstler, denen das Rampenlicht zusagt. Plötzlich wird das Cello eingesetzt wie eine Gitarre. Es wird darüber gestrichen am Hals, es wird gezupft. Cello klingt da nicht nach Cello.

„Toll, dass ihr alle gekommen seid!“, begrüßt Arne Jansen den vollen Saal des Kulturspeichers. Und stellt dann seinen Musikkumpel vor, nämlich Stephan Braun, der „ewige“ Freund aus Berlin. Arne sagte zu ihm: „Wir müssen mal was zusammen machen! Hast du Lust, Stücke von Mark Knopfler zu spielen?“ Und Stephan, der Cellist, antwortete: „Mark wer?“ Die Geschichte sorgt prompt für Lacher im Publikum.

Der zweite Song ist „Sultans Of Swing“. Er beginnt ganz dumpf und tief. Aufregend ruhig. Südlich des Flusses hält man an und hält alles fest, so eine der Songzeilen. Die E-Gitarre setzt nach und nach an mit Melancholie und weiter fort mit Nachdruck, um sich dann wieder zurückzuziehen mit beinahe lasziven Tönen. Die beiden Musiker sind fast genial aufeinander abgestimmt. Die Perfektion der Klänge schafft eine Atmosphäre, die dichter und genussvoller nicht sein kann. Die Musiker scheinen in ihren konzentrierten Tönen schier zu versinken, es hat etwas von einer Meditation.

Der dritte Song beginnt mit einem zart verhallenden Strich übers Cello. Langgezogene Töne, die die Schwermut oder Verträumtheit erneut aufgreifen und weiter aufleben lassen.Der dritte Song ist der Hit aus dem Jahr 1985 vom Album „Brothers in Arms“, aufgenommen in der Karibik. Sting kam tatsächlich und wohl mehr oder weniger zufällig vorbei, und die Melodie aus „Don’t Stand So Close To Me“ wurde zu „Money For Nothing“.

Es folgt „Romeo And Juliet“, ebenfalls anmoderiert mit einer privaten Story aus dem Leben von Mark Knopfler, der diesen Song einer Künstlerin widmete, mit der er einst „etwas hatte“. Dieses Lied der Leidenschaft wird am Freitagabend in Bad Homburg so beiläufig wie nur irgendwie intoniert. Ton folgt quasi lasziv auf Ton. Langgezogen und zelebriert. Wie Tropfen auf Tropfen auf Tropfen. Der Saal ist so leise, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte.

Wer vermag schon einen vollen Saal in seinen Bann zu ziehen mit einzeln gesetzten Tönen? Das können wohl nur die beiden mit den unauffälligsten Namen, die Künstler haben können: Arne und Stephan.



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