Großeltern sein ist großartig, das steht schon einmal fest! Steckt man aber mittendrin im „Auge des Sturms“, in einer plötzlichen inneren Stille, fällt man um Jahrzehnte zurück und fragt sich stirnrunzelnd, ob das damals auch so war? Also damals mit den eigenen Kindern. Man sagt ja gerne, dass man vor allem die guten Dinge im Gedächtnis behält und tatsächlich schleicht sich der Gedanke ein, dass es damals viel einfacher und die Kinder längst nicht so fordernd und anstrengend waren. Wir lassen das mal dahingestellt, sicher hat die Zeit vieles geschönt, und dennoch sind unsere Kinder nun andere Eltern als wir es waren. Warum sollte es auch anders sein, jede Generation agiert unter den gegebenen Lebensumständen und so wird auch die Erziehung von diesen geprägt. Wir standen früher – in den 60er / 70er-Jahren – in der Regel mitnichten im Mittelpunkt, wir liefen nebenher und hatten uns dem familiären Gefüge unterzuordnen, nicht umgekehrt! Waren wir noch zu klein, um mitzulaufen, verbrachten wir Stunden im Ställchen, was heute fast als eine Art „Einzelhaft“ verteufelt wird. Ich finde es nach wie vor praktisch, denn es schützt das Krabbelkind vor jeglichem Unheil beim Erkunden der elterlichen Wohnung und erzieht zur Selbstbeschäftigung. Zugegeben, das Anbinden im Stall auf dem sogenannten Töpfchen, bis ein Erfolg zu vermelden war, ist in der Tat archaisch, trotzdem habe ich glücklicherweise keine langfristigen Verdauungs-Traumata davongetragen..! Essen ist auch ein beliebtes Thema. Eigentlich wird andauernd gegessen; kaum ein Kind sitzt in seinem Kinderwagen ohne eine Brezel oder sonst irgendwas Essbares in den Händen – achten Sie mal darauf. Wenn die Stimmung zu kippen droht, schnell einen Keks hervorkramen oder ein Eis in Aussicht stellen und schon versiegt das Wutgebrüll augenblicklich. Kurz, die Frustrationsschwelle dieser Kinder ist erschreckend niedrig. Ob das gut ist oder nicht, und sie deshalb später mit Rückschlägen und Enttäuschungen schlechter umgehen können als wir – keine Ahnung, das wird sich zeigen. Nur, in dem Moment ist es nervig und es kostet Kraft nichts zu sagen. Denn sind die Eltern mal nicht zugegen, verebbt die Wut auch so in überschaubarer Zeit. Steht oder stand nicht in jedem Erziehungsberater, den wir natürlich nie zurate gezogen haben, dass man Kindern Grenzen setzen soll, ja, dass Kinder sich sogar danach sehnen, weil es ihnen ein Gefühl der Sicherheit gibt, eine Struktur innerhalb derer sie die Welt erkunden und ihre Erfahrungen sammeln können? Und gegen die sie natürlich auch rebellieren können und sollen? Wenn alles weich gespült daherkommt, wo bleibt dann die gesunde Rebellion? Oder bedarf es keiner Rebellion, da diese Eltern ihren Kindern natürlich immer wieder mit einer Engelsgeduld erklären, warum sie dies oder das nicht „optimal“ finden, und vielleicht, steter Tropfen höhlt den Stein, sickert das so langsam in das kindliche Verhaltensmuster ein und führt so, zwar langsamer, aber doch zum gewünschten Erfolg? Das mag funktionieren, ist aber offensichtlich kein Patentrezept, hört man, welchen Szenarien das Personal von Kitas und Schulen ausgesetzt ist. Das Paradoxe ist allerdings, dass die sich heute in erster Linie nicht mit „nicht erzogenen“ Kindern auseinandersetzen müssen, sondern mit einem nicht geringen Prozentsatz von Eltern derselben, die jegliche Art der Erziehung ihrer Sprösslinge zwar vehement ablehnen, aber gleichzeitig selbige 24/7 unter Kontrolle haben wollen. Aber das ist eine andere Geschichte. Also genießen Sie ihre Enkel und überlassen Sie die Erziehung Ihren Kindern, das wird schon!
Kolumne