Rafael Herlichs Fotos berühren und machen nachdenklich

Fotograf Rafael Herlich zeigt den KFG-Schülern einen Teil seiner Bilder, erzählt von deren Entstehung und von seinem eigenen Leben. Foto: jbr

Bad Homburg (jbr). Für einen Vortrag zum Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“ kam Rafael Herlich am vergangenen Freitag ans Kaiserin-Friedrich-Gymnasium (KFG). Der Fotochronist, der 1975 aus Israel nach Deutschland gezogen war, berichtete sehr persönlich anhand einiger seiner zahlreichen Fotografien von der jüdischen Kultur, von Zeitzeugen der Shoah, von der Zeit als Kind von Überlebenden der Nazi-Zeit, aber auch von der Wiederkehr jüdischer Tradition, jüdischen Lebens und Glaubens in die Bundesrepublik.

Nach einem kurzen Vorwort von Studiendirektor Hans-Jürgen König, der den Fotografen herzlich begrüßte, trat Herlich ans Rednerpult, das vor auf Leinwand gedruckten Bildern, auf denen seine Dokumentationen jüdischer Feste, Begegnungen und viele Alltagsmotive zu sehen waren, aufgestellt worden war. Er begann, seine eigene Geschichte und die seines Vaters, dessen Familie im Konzentrationslager ermordet worden war, zu erzählen.

Herlich schilderte, dass er seinen Vater erst nach 18 Jahren Trennung, deren Umstände schleierhaft seien, in Deutschland kennengelernt habe. Seine eigene Geschichte spiele für seine Bilder eine große Rolle, und auch seine frühen Jahre, die er ohne Vater verbringen musste, haben Einfluss auf die Aufnahmen von Feierlichkeiten, zum Beispiel einer Bar-Mizwa. Seine eigene Feier habe er verdrängt, auch aufgrund der Abwesenheit von nahestehenden Verwandten. Die Fotografien des Mitglieds der jüdischen Gemeinde Frankfurt erzählten alle eine Geschichte und wurden somit zur Sprache Rafael Herlichs. So zeigte der Fotograf unter anderem Bilder von einem Großvater, der – zu Besuch in der früheren Heimat – mit seinem Enkel an den Bahnsteig zurückgekehrt war, an dem er als Kind seine Mutter zum letzten Mal gesehen hatte, bevor er fliehen musste. Außer diesen berührenden Eindrücken hielt Rafael Herlich Bilder von Bundeswehrsoldaten jüdischer Herkunft in die Höhe, die heute stolz ihrem Land dienten, auch wenn einst deutsche Soldaten für die Auslöschung jüdischen Lebens in Europa verantwortlich waren. Auch Momente des friedlichen Zusammenlebens der Religionen bildet er auf vielfältige Art und Weise ab. Nicht zuletzt, indem er eine Frankfurter U-Bahn gestalten durfte, auf der bunt die verschiedenen Glaubensrichtungen zu sehen sind. Wichtig für seine Werke sei auch das Vertrauen, das man ihm stets entgegenbringe, betonte der Chronist, ein Vertrauen, das er nun an die Zuhörer weitergebe.

Allerdings steckten hinter den Fotos nicht nur schöne Geschichten, wie im Laufe des 45-minütigen Vortrags deutlich wurde. Ein Bild, das einen Jugendlichen mit einer Israel-Flagge allein auf einer Treppe sitzend, den Kopf geneigt, zeigt, erzähle die Geschichte von Antisemitismus in der heutigen Zeit. Auch an Schulen würden Juden nicht selten ausgegrenzt und beleidigt, erklärte Herlich und brachte einige Beispiele aus seinem unmittelbaren Bekanntenkreis. Es sei schockierend, wenn Kinder heute noch von Mitschülern mit Nazi-Parolen gegrüßt würden, weil sie jüdischer Herkunft seien. Seine bewegenden Schilderungen ließen die KFG-Schüler sichtbar nachdenklich werden. Rafael Herlich betonte gegen Ende, meist die schönen Facetten jüdischen Lebens zu zeigen, aber dennoch dürfe die Gesellschaft bei Anfeindungen, die auf Religion zurückzuführen seien, nicht wegsehen. Und hierbei ginge es ausnahmslos um alle Religionen, appellierte er abschließend.

Im Anschluss an den Vortrag bekamen die Schüler noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Mit regem Applaus für den Fotografen, der seine Werke auch außerhalb des KFG ausstellt, endete die Veranstaltung und hinterließ bei vielen Zuhörern einen vermutlich bleibenden Eindruck.



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