„Die Kunst ist ein schöner Weg, um Grenzen zu überschreiten“

Mit dem Kettenkarussell auf dem Laternenfest verbindet Alina Hill viele schöne Kindheitserinnerungen. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Ihr Zuhause sind die Bühnen der Welt. Ihre Wurzeln hat Alina Hill in der Kurstadt. Hier ist sie 1991 geboren und aufgewachsen. Ihre Liebe zur Bühne hat sie bereits als Schülerin entdeckt. Die Grundlagen für ihren Beruf als Schauspielerin und Sängerin legte sie ab dem Jahr 2005. Da gründete sie gemeinsam mit ihrer Mutter Annika Hill beim Turnverein Gonzenheim die „TVG Kittens“.

„Ich habe mir für die Tanz- und Theater-Gruppe, in der Kinder und Jugendliche kreativ sein und sich künstlerisch ausprobieren können, Choreografien ausgedacht.“ So wie 2016 für das Stück „Windmädchen“, frei nach Walt Disneys „Pocahontas“. Und sie spielte beim Stück „Cats“ selbst mit. Alina Hill verfolge nach der Hochschulreife ihre Ausbildung. Ihre Mutter leitet die „TVG Kittens“ seither allein. Ab und zu gibt Alina Hill noch Wochenendworkshops wie 2018 den „Workshop Wonderland“, inhaltlich ziemlich frei nach Lewis Carroll.

Nach dem Fachabitur im Bereich Gestaltung an der Hochtaunusschule in Oberursel zog es Alina nach Hamburg. Dort studierte sie ab 2010 ein Jahr lang Musical an der Stage School of Music, Dance and Drama. Um dann ab 2013 an der Artrium Schauspielschule für Bühne und Film (ASFH) dreieinhalb Jahre zu studieren. 2017 schloss sie das Studium mit Erlangung der Bühnenreife erfolgreich ab, und widmet sich fortan der Street-Performance-Art. Projekte wie ihre Street-Performance „Touching I“, „Streetact“ und andere zeigte sie in London, Palästina, New York und Washington D. C. „Mein Anliegen ist es, mit meiner Kunst Menschen zu berühren. Und zwar physisch, psychisch und mental“, betont die 28-Jährige.

In ihrem Blog „Ideology of Freedom“ geht sie auf ihrer Website www.alinahill.com der Frage „Was ist Freiheit?“ mit Bezug auf die West Bank nach. „Ich habe 2018 mit dem Theater ‚Ashtar‘ in Ramallah, Palästina, bei einem internationalen Theaterfestival zusammengearbeitet. Dort kommen junge Künstler und Profis aus aller Welt zusammen, um gemeinsam in fünf Meisterklassen zehn Tage lang kreativ zu sein. Ich habe dort die Meisterklasse ‚The importance of touching in art‘ geleitet. Die Teilnehmer in meinem Kurs kamen aus den USA, Polen und Palästina.“

In diesem Jahr war sie wieder im Westjordanland. Dieses Mal drei Wochen lang, um als Sprech- und Bewegungscoach ihr Wissen im von Regisseur Emile Saba inszenierten Stück „Anonymous“ von Naomi Iizuka an die jungen Schauspieler weiterzugeben. Zurzeit schreibt sie gerade an einer Komödie. „Das Stück handelt von einem deutschen Ingenieur, der in Palästina ein Unternehmen für Segelkreuzfahrten gründen will. Das Vorhaben ist absurd, weil es dort keinen Zugang zum Meer gibt.“ Die Premiere des Stückes findet in Palästina auf dem Theaterfestival vom 10. bis 20. Juni 2020 statt. Gemeinsam mit dem Goethe-Institut sucht sie für Aufführungen der Komödie im nächsten Jahr in Kooperation mit dem Theater „Ashtar“ ein geeignetes deutsches Theater. „Die Schauspieler kommen dann für einen Monat nach Deutschland.“

Alina Hill will ihre Kontakte in und zu Palästina weiter ausbauen. „In der arabischen Welt gibt es viele starke Frauen, die echte Vorbilder sind.“ Für Alina Hill gehört zu diesen Frauen die Schauspielerin und Künstlerin Fatima Al Barawi aus Saudi-Arabien. Sie erzählt im Rahmen ihres Projekts „The other story“ Geschichten aus ihrem Land, die sie in Kunst einbindet. Bekannt ist sie durch ihren komödiantischen Film „Baraka meets Baraka“ geworden. Sie ist eine moderne Frau und für ihre Landsfrauen ein großes Vorbild.

Beeindruckt ist Alina Hill auch von der Unternehmerin Sara Al Madani. „Sie inspiriert mich sehr, weil ich glaube, dass Künstler heute zugleich Unternehmer sein müssen.“ Wichtig sei, Antworten auf die Fragen „wie vermarkte ich meine Kunst?“ und „wie kann ich Qualität erfolgreich machen?“ zu finden. Die Bad Homburgerin sagt: „Die Kunst ist ein schöner Weg, um Grenzen zu überschreiten, den Austausch und die Kommunikation unter den Völkern zu fördern. Es ist spannend zu sehen, was Theater bewirken kann.“

Gerade finden viele Künstler mit arabischen Wurzeln Aufnahme in Theaterensembles. Deshalb plant sie ein politisches Stück mit poetischem Charakter zu schreiben. „Der Zauber, die Poesie, fehlt in vielen Stücken.“ Nach dem Gespräch in ihrer Heimatstadt fliegt Alina Hill nach Hamburg. Von dort geht es weiter nach Berlin, ihrem neuen Wohnort. „Ich komme trotz meiner Projekte, Film- und Theaterengagements im In- und Ausland immer wieder nach Bad Homburg zu Proben und Workshops mit den ‚TVG Kittens‘ zurück. Es ist mir ein Anliegen, die Gruppe weiter zu begleiten und zu fördern. Heute sind viele Kinder total verkopft. Sie getrauen sich nicht, ihre Stimme, ihren Körper zu benutzen, wodurch sie ihre Kreativität nicht ausleben und räumlich gestalten können.“



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