Umdenken, Luxus hinter sich lassen, Nägel mit Köpfen machen

Im Rampenlicht der Energiesparlampen die Experten bei der Podiumsdiskussion (v. l.): Werner Neumann (Bundeskreis Energie BUND), Thomas Fösel (Syna Bad Homburg), Tanja Schulz (Passivhaus-Institut Darmstadt, Bürgermeister Lars Keitel, Marcus Michalla (Nabu Friedrichsdorf) und HR-Moderator Thomas Ranft. Foto: jbr

Friedrichsdorf (jbr). UN-Generalsekretär Guterres zeigte sich bei der Uno-Klimakonferenz enttäuscht. Während global Politiker aus aller Welt zusammenkamen und die gemeinsam verfasste Abschlusserklärung niemanden wirklich zufriedenstellt, werden in Friedrichsdorf Nägel mit Köpfen gemacht. Im Forum drehte sich einen Tag lang alles um Energie und wie diese in Zukunft nicht nur gespart, sondern auch gewonnen werden kann. Dabei ging es auch um die Verbesserung der Effizienz in Privathaushalten. Nicht nur um den Fachvorträgen der Experten zu lauschen, sondern auch um miteinander ins Gespräch zu kommen, besuchten viele Friedrichsdorfer die Veranstaltung. „Es geht um die Bewahrung der Schöpfung“, mahnte Thomas Krenski, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Seulberg, und begrüßte zugleich die regen Bestrebungen der Stadt Friedrichsdorf und deren Bürgerschaft beim Klimaschutz, „Die Rolle der Kirchen ist bei dem Projekt ‚Bewahrung der Schöpfung‘ im Übrigen nicht nur die des Predigers der guten Sache.“ Mit Kirchendächern, Gemeindehäusern und Grundstücken seien die Kirchengemeinden prädestiniert für die Einspeisung grüner Energie durch Photovoltaik, erklärte Pfarrer Krenski. Bei der Erbauung der Seulberger Kirche hatte man dies allerdings nicht berücksichtigt, ihr Dach ist zu spitz für die Anbringung solcher Technik. Umso mehr steht nun der Köpperner Sakralbau im Fokus der Erneuerung.

Lutz Kunze, Mitglied im Vorstand der Kirchengemeinde Köppern sowie Vorstandsvorsitzender der BUND Ortsgruppe Friedrichsdorf, ist ebenso guter Dinge. Bei der Veranstaltung informiere man einander, bevor mit der Gründung der Energiegenossenschaft, für welche Georg Kraft vom Friedrichsdorfer Institut zur Nachhaltigkeit, den Impuls gab, am 12. Dezember durchgestartet wird. Vielversprechend sei auch, mit der Stadt, welche derzeit Institutionen und Verkehr auf Energieeffizienz prüfe, die Kräfte zu bündeln und bei diesem wichtigen Thema gemeinsam voranzugehen.

Beim Podium trafen zum abschließenden Höhepunkt des Abends die Fachleute noch einmal auf die Friedrichsdorfer. HR-Wetterexperte Thomas Ranft moderierte den belebten Austausch zum „Friedrichsdorf der Zukunft“. „Wer will nicht eine Ölquelle im Garten, die auch keinen Dreck macht“, fragte die Ranft in die Runde. Doch Friedrichsdorf habe nun einmal nicht die gleiche Geographie wie Saudi-Arabien, weswegen wohl andere Lösungen gefunden werden müssten. Marcus Michalla, ebenfalls Teil des erlesenen Expertenkreises, erinnerte zudem daran, dass Technik, welche in Zukunft zur Verfügung stehe, nicht von der Verantwortung befreie, künftig Energie einzusparen. Hierfür erntete der Diplomingenieur spontanen Applaus. „Schönes Schlusswort“, entgegnete Thomas Ranft, jedoch war um kurz nach halb acht noch längst nicht alles gesagt.

Strom wie Quittengelee weitergeben

Bürgermeister Lars Keitel lobte die Stadtgemeinschaft: „Viele wollen etwas tun, erneuerbar werden und umbauen“. Das sei wichtig zu erwähnen, dass es künftig auch auf Zusammenarbeit ankomme. „Wenn sie Quittenmarmelade übrighaben, verschenken Sie sie. Das geht auch mit Strom.“

Nun kam das „Wärmenetz“ ins Spiel, welches eine tragende Rolle im klimaneutralen Friedrichsdorf haben werde. In der Kommune müsse gewonnener Strom geteilt werden. Während dieser Gedanke nur konsequenten Knausern ein Greul sein könnte, wovon sich an diesem Abend keine im Forum Friedrichsdorf blicken ließen, verbreitete ein anderer Punkt wesentlich mehr Unbehagen: „Der Gedanke, morgen spontan an den Gardasee zu fahren, ist überholt“, warf Michalla beim Thema Veränderung und Einsparung ein. Eine Photovoltaikanlage reiche leider nicht allein zum Retten der Welt aus, sondern auch der ein oder andere Luxus müsse hinter sich gelassen werden.

Kritik an der aktuellen Situation kam auch aus dem Publikum: „Wo bleiben die Solaranlagen auf Neubauten“, wollte eine leicht entrüstete Dame wissen. Damit spielte sie auf das neue Verteilerzentrum des Versandhandels „Amazon“, die neue, überdachte Rollschuhbahn und einige andere Gebäude an. Lars Keitel versicherte, man sei bereits im Gespräch mit den lokalen Firmen mit dem Ziel, die großen Dächer möglichst schnell mit Photovoltaikanlagen auszustatten, welche künftig auch ins städtische Energienetz einspeisen könnten. Es entwickle sich bereits ein Umdenken, versprach der Bürgermeister glaubhaft und berichtete von seinen Besuchen bei zahlreichen Unternehmen.

Umdenken- Friedrichsdorf ist vorn mit dabei. Das Projekt „Bewahrung der Schöpfung“ ist in vollem Gange und mit der offiziellen Gründung der Energiegenossenschaft im Dezember ist auch schon der nächste Schritt zur Klimaneutralität in Aussicht.



X