Flüchtlingsunterkunft: Vergleich und Akteneinsichtsausschuss beschlossen

Königstein (gs) – Es war das meistdiskutierte Thema in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag. Zur Abstimmung stand die Zustimmung der Stadtverordneten zu dem von der Stadt Königstein als Bauherr und der connected housing GmbH als Generalübernehmer ausgehandelten Vergleich für das Bauvorhaben Am Kaltenborn 11-13 (Asylbewerberunterkunft). Die Stadtverordneten waren aufgefordert, einem Vergleich zuzustimmen, der vorsieht, dass die Stadt aus einer bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 580.000 Euro eine Rückzahlung von lediglich 130.160,70 Euro erhält. Somit würde die Stadt auf Kosten von ca. 450.000 Euro „sitzen bleiben“ – ein Umstand, der sich mehr als unerfreulich darstellt. Die Frage, die an diesem Abend viel diskutiert wurde war – wie konnte es dazu kommen?

Der Vergleich

Ein Blick zurück kann hier vielleicht Klarheit schaffen. Angesichts der 2015 stark ansteigenden Flüchtlingsströme stand die Stadt Königstein, wie viele andere Städte und Kommunen auch, vor dem Dilemma, in einer Stadt, in der es praktisch keinen signifikanten Leerstand an Wohnraum gab, in kurzer Zeit eine steigende Anzahl von Menschen unterbringen zu müssen. Die Anforderungen von Bund, Land und Kreis waren groß und es galt, unter diesem erhöhten Druck eine Lösung für das Problem zu finden. Das Gelände „Am Kaltenborn 11-13“ bot sich für den Bau einer Asylunterkunft unter den neu geschaffenen Bedingungen an. Die Stadt begab sich auf die Suche nach einem Bauunternehmen, das in der Lage war, dieses dringliche Projekt möglichst kurzfristig umzusetzen. Den Zuschlag bekam die „connected housing GmbH“, der mit einstimmigem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Auftrag für die Planung und die schlüsselfertige Bauausführung übertragen wurde. Die Stadt leistete auf diesen Beschluss hin eine Vorabzahlung in Höhe von 580.000 Euro an das Bauunternehmen. Diese Zahlung stand nun auf der Stadtverordnetenversammlung im Zentrum der Diskussionen. Diskutiert wurde einerseits die Frage, warum die Zahlung in dieser Höhe überhaupt geleistet wurde und andererseits wurde hinterfragt, welches der Auslöser für die großen Unstimmigkeiten mit dem Bauunternehmen war, der das Bauvorhaben verzögerte, so dass man – auch angesichts der veränderten Gesamtlage – über Planungsleistungen nie hinausgekommen war, die Flüchtlingsunterkunft nie gebaut wurde und man nun aufgefordert war, diesem Vergleich zuzustimmen.

Bürgermeister Helm verwies zunächst auf die dramatische Lage im Jahr 2015, die dazu führte, dass man unter hohem Druck schnelle Entscheidungen treffen musste und bedauerlicherweise darauf verzichtete, im Vorfeld einem sachkundigen Rechtsbeistand die Verträge zur Prüfung vorzulegen. Dieser Umstand erwies sich im Nachhinein als ungünstig, enthielten die Verträge wohl Klauseln, die die Position der Stadt im Nachhinein schwächten. Besonders diskutiert wurde hier der Wunsch des Magistrats, die Unterkunft so zu bauen, dass sie nach Beendigung der Flüchtlingskrise auch anderweitig genutzt werden könne. Dieser nachvollziehbare Wunsch bedingte bauliche Veränderungen, die vertraglich gesehen mit erheblichen Zusatzkosten verbunden gewesen wären, die zu Diskussionen mit dem Generalunternehmer und letztlich zur Bauverzögerung führten. Darüber hinaus führte Helm an, dass man für die im Saldo gezahlten 450.000 Euro sehr wohl eine Gegenleistung besitze – die Planungen für eine Flüchtlingsunterkunft – nur wurde sie eben nicht gebaut. Den Vergleich sieht auch Helm als eine „bittere Pille“, jedoch sei im vorangegangenen Schlichtungsverfahren deutlich geworden, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht zwangsläufig Erfolg versprechen würde und zudem die Kosten hierfür zusätzlich getragen werden müssten.

Die ALK, hier in Person von Dr. Michael Hesse machte „gute Miene zum bösen Spiel“ und bedauerte zutiefst, dass die Stadt auf mehr als 500.000 Euro verzichtet. Man sei durch das Handeln der Stadt nun praktisch zur Zustimmung und Schadensminimierung gezwungen und könne dieses nicht gutheißen. Zudem hatte die ALK einen Antrag in das Stadtparlament eingebracht, dessen Ausführung sich Dr. Hesse vor dieser Abstimmung gewünscht hätte. Die ALK hatte in dieser Sitzung beantragt, einen Akteneinsichtsausschuss zum Thema „Flüchtlingsheim Am Kaltenborn“ einzusetzen.

Akteneinsichtsausschuss

Der beantragte und mit großer Mehrheit beschlossene Akteneinsichtsausschuss soll klären, warum seitens der Stadt Königstein hohe Zahlungen an das beauftragte Unternehmen geleistet wurden, jedoch seitens des Beauftragten Unternehmens keine entsprechende Gegenleistung erfolgte. Der Ausschuss wird neun Mitglieder haben und soll sich damit befassen, warum welche Zahlungen, zu welchem Zeitpunkt, auf welcher Grundlage erfolgt sind und warum der vertraglich vereinbarte Neubau nicht zustande kam. Somit kündigte Dr. Hesse an, dass die ALK dem Vergleich zustimmen, jedoch keinesfalls einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehen werde. Dr. Bärbel von Römer-Seel (Die Grünen) bewertet den Ausschuss positiv und sieht darin eine Chance, aus der bestehenden Situation „etwas zu lernen und es in Zukunft besser zu machen.“

Michael-Klaus Otto (FDP) bedauerte, dass keine höhere Rückzahlung erwirkt werden konnte und konstatierte, dass die Frage der Haushaltskonsolidierung hier nicht genügend Stellenwert besaß. Dass der Vertrag nach dem Vergleich aufgelöst werden kann, begrüßte er ob des zerrütteten Vertrauensverhältnisses sehr. Man müsse auch bedenken, dass, wenn der Vergleich abgelehnt würde, die Stadt weiter an den Vertrag gebunden wäre und seitens des Bauunternehmens ein Anspruch auf Erfüllung bestände. Dieses gelte es zu verhindern. Der Bauvertrag wäre sicher nicht zum Nutzen der Stadt Königstein formuliert worden, so dass Rechtsstreitigkeiten fast vorprogrammiert waren. Leider wurde dies von der Stadt nicht frühzeitig erkannt, so dass man aus diesem Tatbestand lernen müsse, bei ähnlichen Verträgen in Zukunft einen fachkundigen Rechtsbeistand hinzuziehen. Auch Otto sah in einem Prozess hohe Risiken und plädierte deshalb für eine Zustimmung zu dem Vergleich. Gleichermaßen äußerte sich Thomas Villmer (SPD), der ebenfalls die Zustimmung empfahl und darauf drang, in Zukunft generell fachkundige personelle und rechtliche Unterstützung bei Vertragsverhandlungen hinzuzuziehen. In der nachfolgenden Abstimmung wurde der Beschlussantrag für die Zustimmung zu dem Vergleich mit einer überwältigenden Zustimmung angenommen.



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