SPD klopft soziale Themen vor der Wahl ab

Ein erstes Aufeinandertreffen der vier Bewerber um das Bürgermeisteramt gab es am vergangenen Donnerstag auf Einladung der SPD Königstein. Foto: Schemuth

Königstein (el) – Sie begrüßten sich, hielten kurz Smalltalk und nahmen dann ihren Platz auf dem Podium ein. Das hatte fast schon Züge eines freundlichen Gipfeltreffens, in dem die Diplomatie die erste Geige spielt. Aber nicht so in Königstein, denn hier will keiner so kurz vor der Bürgermeisterwahl einen Nichtangriffs-Pakt schnüren, dafür gibt es zu viel zu gewinnen oder aber zu verlieren. In jedem Fall war das erste Aufeinandertreffen der Bewerber um das Bürgermeisteramt auf Einladung der SPD Königstein ein erster Gradmesser dafür, wohin die Reise in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Wahl am 28. Januar gehen wird. Aus Bürgersicht lässt sich das herunterbrechen auf, wer hat es drauf und wem würde man nicht zutrauen, eine Verwaltung führen zu können? Moderiert wurde diese erste Podiumsdiskussion von Dr. Ilja-Kristin Seewald, der SPD-Ortsvereinsvorsitzenden und Felix Lupp, SPD-Vorstandsmitglied. Die SPD-Vorsitzende sagte hinterher, dass man in Kürze aufgrund der nun gewonnenen Erkenntisse entscheiden werde, ob man eine Empfehlung für einen Bürgermeisterkandidaten abgeben wolle oder nicht.

Zunächst einmal nahmen die zuvor mit den Kandidaten abgesteckten Themen, die sich mit den Interessensfeldern der SPD decken, breiten Raum in der 90-minütigen Diskussion ein, die hinterher noch Zeit für Bürgerfragen bieten würde. Die von den Sozialdemokraten priorisierten Themen lauteten: Attraktivität der Stadt, Wohnraum in Rhein-Main, Verkehr/ÖPNV, Betreuungsangebote und sichere Schulwege sowie Angebote für Senioren. Schon nach der Vorstellungsrunde kristallisierte sich heraus: Alle Bewerber um das Amt sind hoch motiviert, wenngleich aus unterschiedlichen Beweggründen. Winfried Gann, weil er Themen umsetzen möchte, die einfach von der Stadtverwaltung nicht angepackt oder nicht zügig genug abgeschlossen werden. Leonhard Helm, weil er in seiner zwölfjährigen Amtszeit schon viel bewegt habe und noch mehr erreichen möchte. Für Ascan Iredi (FDP) war es eine Entscheidung, die sein Politikverständnis spiegelt und Nadja Majchrzak, aus einem ähnlichen Motiv heraus, Entscheidungsprozesse vorantreiben zu wollen, um die „behutsame Entwicklung“ von Königstein voranzutreiben.

Attraktivität

In puncto Attraktivität der Stadt habe man viele Verbesserungen erreicht, sagt Leonhard Helm, der sich über eine überaus positive Gewerbesteuerentwicklung (von circa 5 Millionen auf 15 Millionen Euro) freuen kann, was wiederum mehr finanzielle Spielräume für die Stadt bedeutet, die in früheren Jahren nur Wunschdenken waren. Die Fußgängerzone und die Parkanlagen, das sind für ihn die Herzstücke des Mittelzentrums Königstein, an einem entsprechenden Konzept für die Innenstadt arbeite man und insbesondere auch an dem Thema Sauberkeit, wo es noch Handlungsbedarf gebe.

Attraktivität – das setzt Ascan Iredi mit einem Strahlen von Königstein gleich. Da würde er die Stadt als Bürgermeister gerne wieder hinführen. Allerdings gilt es aus seiner Sicht, einen Haufen Probleme zu beseitigen: das Verkehrsproblem samt der Parkplatzsuche und die zugrundeliegende mangelnde Beschilderung sind für ihn Säulen eines Konzepts, das es für den Innenraum der Kurstadt aufzustellen gilt. Das Kurbad müsse auf die nächsten Jahre vorbereitet werden. Auch Stadtmarketing könnte ein Thema sein. Auch auf das Gewerbe will sich Iredi konzentrieren. Nadja Majchrzak will mit der Sparte Gesundheit eine Kernbranche für Königstein schaffen und in diesem Bereich mehr Gewerbe ansiedeln. Amtsinhaber Leonhard Helm hob in Zusammenhang mit der positiven Entwicklung der Gewerbesteuer hervor, dass diese nicht etwa seinem Handeln, sondern der allgemeinen guten konjunkturellen Lage geschuldet sei.

Weiter sieht Majchrzak eine gute Chance für Königstein mit einem Touristenhotel im mittleren Segment, womit sie ins gleiche Horn stieß wie der FDP-Kandidat, der hier auch dringenden Bedarf sieht, um auch die Auslastung eines Hauses der Begegnung als Veranstaltungsstätte für Königstein zu sichern. Diesbezüglich von einem Bürger auf die Bezuschussung des HdB durch die Stadt angesprochen, bliebt der Rathauschef trotz Nennung der aktuellen Auslastungszahlen eine Antwort schuldig. Und wieder das Parken. Für Winfried Gann, der das Ganze auch aus der pragmatischen Sicht eines Geschäftsmannes bewertet, ist es auch so etwa wie eine Achillessehne. Er will fehlenden Konzepten mit klaren Linien entgegentreten. Auch er will das Stadtmarketing wieder aus der Versenkung holen mit dem Ziel, den für die Kurstadt wichtigen Branchenmix zu erhalten.

Wohnraum schaffen

Ein zentrales Thema. Nadja Majchrzak will neuen Wohnraum schaffen, ihn aber auch erhalten und nicht zu teuer vermieten. Hier könnte man auch auf demnächst frei werdende Objekte in städtischem Besitz setzen, wie das Haus St. Michael. In Wohngebieten müsste 30 Prozent für sozialen Wohnraum erhalten werden. Für Ascan Iredi ist es auch eine Frage von Angebot und Nachfrage auf dem Immobiliensektor. Man müsse differenzieren zwischen sozialem und gefördertem Wohnraum. Zu bauen sei nicht allen Recht, man wolle Königstein nicht zupflastern. Wohnraum müsste gefühlvoll entwickelt werden. Dazu solle man Investitionsmöglichkeiten in Betracht ziehen, die gefördert werden. Es sei tragisch, dass Menschen im Alter aus Königstein wegziehen müssten, weil sie sich das Wohnen hier nicht mehr leisten könnten.

Eine Stadt habe auch die Aufgabe, im eigenen Besitz befindliche Objekte zu sanieren und anzubieten, sagt Winfried Gann. Wenn die Bereitschaft nicht dazu da sei, könnten sich Menschen in Pflegeberufen – ob im Gesundheits-, Kinder- oder Seniorenbereich – bald das Wohnen hier nicht mehr leisten und Königstein stünde vor einem weiteren Problem.

Sozialer Wohnungsbau sei mit einer befristeten Laufzeit versehen und falle dann aus der Förderung heraus, machte Leonhard Helm auf eine Problematik aufmerksam, die durch Fehlbelegung noch gesteigert werde. Auch er sieht den Bedarf für günstigen Wohnraum und dass man Flächen dafür entwickeln müsse. Die Schwierigkeit bestünde oftmals darin, privaten Verkäufern zu vermitteln, dass sie ihre Grundstücke nicht an den Meistbietenden verkaufen sollten.

Verkehr/Parkplätze/Nahverkehr

Neuralgischer Punkt, den alle Kandidaten als solchen sehen und lösen wollen: Wie können die parkenden Busse aus der Innenstadt verbannt werden? Sie halten nicht unten am Bahnhof, wie sie eigentlich sollten, da sie sonst ihre Zeitpläne nie einhalten könnten, sieht Winfried Gann die Wurzel dieses Übels im Schleichverkehr durch Königstein. Dessen Wurzel liege auch an der Lage von Königstein an der Kreuzung von zwei Bundesstraßen, sagt Leonhard Helm, der in Zukunft noch mehr Druck beim zuständigen Minister in Wiesbaden machen möchte, damit die seit langem fällige zweite Kreiselspur, die spürbare Entlastung bringen könnte, auch geöffnet werde. Seit zwölf Jahren plage man sich damit herum, forderte Majchrzak den Rathauschef dazu heraus, dass Thema nach zwölf Jahren endlich zu beenden.

Ziel eines Innenstadtkonzeptes müsse es sein, die Busse woanders zu parken, sodass der Kapuzinerplatz noch besser an die Fußgängerzone angebunden werden könne. Ebenso wie Gann und Helm fordern auch Majchrzak und Iredi ein Innenstadtkonzept. Dieses müsste jedoch unter Einbeziehung von Experten im Bereich des ÖPNV und unter Berücksichtigung des innerstädtischen Verkehrs aufgestellt werden, sagt Majchrzak. Die Menschen fordern mehr Mobilität, gleichzeitig habe man es mit einem nicht funktionierenden Ordnungsamt zu tun. Das gehe nicht konform miteinander, so Ascan Iredi, der es nicht einsieht, dass Königstein beim Fernstraßenausbau im Regen stehen gelassen werde. Schnell nach Frankfurt und Eschborn gelangen zu können, müsse ein klares Ziel sein.

Kinderbetreuung

Ganz sicherlich eines der zentralen Themen dieses Wahlkampfes und nicht zuletzt auch ein entscheidendes. Auch hier herrscht vermeintliche Einigkeit bei allen, dass der Bau eines neuen Kindergartens längst überfällig ist. Dennoch hapert es an der Umsetzung, ein Vorwurf, den sich Bürgermeister Helm auch aus dem Auditorium von einer Elternvertreterin gefallen lassen musste. Ein „Letter of Intent“ an einen Investor sei noch lange keine Garantie, das jetzt etwas geschehe, hatte diese argumentiert. Ascan Iredi ist mit einer temporären Unterbringung der Hortkinder am Kaltenborn sehr unzufrieden. Gerade im U3-Bereich gelte es, nicht nur ausreichende, sondern auch bezahlbare Plätze zu schaffen, so Majchrzak. Eltern würden in diesem Bereich heute bis zu 700 Euro bezahlen.

In seinen zwölf Amtsjahren seien 500 Kinderbetreuungsplätze geschaffen worden, bemühte Leonhard Helm ebenfalls die Statistik, die Fortschritt dokumentiert, den man sich auch hinsichtlich des Kindergartenneubaus am Standort Hardtberg wünsche, den die ALK erstmal verhindert habe. Hier müsse jedoch ein Schritt nach dem anderen getan werden, erst der Kindergarten, dann der Hort, der am alten Standort in der Eppsteiner Straße eingerichtet werden könnte, wenn der Kindergarten gebaut wird. Auch ein Betreuungszentrum in Königstein solle forciert werden, das im nächsten Schulentwicklungsplan verankert werden solle.

Bevor man sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe schiebe, brauche man einen Kindergarten, so Gann, der eine Hortunterbringung in einem abrissreifen Gebäude wie dem alten Jugendhaus in der Klosterstraße ohnehin nicht nachvollziehen kann. Ebenso würde er seine Kinder nicht über den Kreisel zum Hort laufen lassen.

Auch die Grundschule sei marode und müsse dringend saniert werden. Hieraus ergebe sich auch eine Prioritätenliste, die lautet: Erst die Schule sanieren und dann die Baugebiete in Angriff nehmen.

Angebote für Jugendliche und Senioren

Das derzeitige Jugendangebot sei laut Gann nicht an die Bedürfnisse der Jugend angepasst und müsste zudem besser mit den Zeiten der Zielgruppe abgestimmt werden, um diese auch erreichen zu können. Deswegen habe man auch mit Angeboten wie einer Jurte und einem Beach Club in der Konrad-Adenauer-Anlage Alternativen schaffen wollen, so Helm, der verriet, dass man im Begriff sei, den Vertrag für ein Gebäude abzuschließen, das sich als Anlaufstelle für die Jugend eignen würde. Nadja Majchrzak sieht ein Defizit in der fehlenden zweiten Stelle in der Jugendpflege. Ascan Iredi plädiert für vielfältige Angebote. Das bedeutet für ihn, Plätze zu schaffen, an denen sich die Jugendlichen auch wohlfühlen. Ein Jugendcafé zu eröffnen und dies durch einen Verein betreiben zu lassen, halte er für eine gute Idee.



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