Drum prüfe, wer sich weiter bindet contra sofortigen Wiedereintritt

Königstein (pu) – So harmonisch die letzte Parlamentssitzung vor der Weihnachtspause mit der Verleihung der Anerkennungsprämie für verdiente Feuerwehrleute begonnen hatte (siehe auch Bericht in der Weihnachtsbeilage), so erbittert ging es beim abschließenden Tagesordnungspunkt zur Sache.

Stein des Anstoßes war der Antrag der unabhängigen Wählergemeinschaft „Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein“ (ALK) mit dem Betreff „Wiedereintritt in den Hessischen Heilbäderverband“. Mal abgesehen davon, dass zum Eintritt in die Debatte eine, wie die ALK bemängelte, veraltete Version des Antrags im Stadtinformationssystem stand; allein schon die Betreff-Formulierung brachte das Viererbündnis von CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen in Rage. In erster Linie, weil man auf dortiger Seite zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Handlungszwang sieht.

Sachstand und Vereinbarung

Hintergrund ist eine inzwischen beidseitig unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Hessischen Heilbäderverband und der Stadt Königstein im Taunus. Wie Verbands-Vorsitzender Michael Köhler auf entsprechende Nachfrage zwecks Aufklärung des Sachverhalts per Pressemitteilung bestätigte, hat „die hessische Bäderfamilie Mitte September durch Beschluss in der Mitgliederversammlung dem Antrag der Stadt Königstein im Taunus auf Verschiebung des Kündigungstermins auf den 31. Dezember 2020 zugestimmt und damit die Türen für die weitere Mitgliedschaft der Stadt Königstein im Taunus weit geöffnet.“ Damit bleibt die, wie es in der Mitteilung wörtlich heißt, „von der Stadt Königstein im Taunus erklärte Kündigung der Mitgliedschaft im Hessischen Heilbäderverband mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Kündigung zum 31. Dezember 2020 wirksam wird. Bis dahin genießt die Stadt Königstein alle ihr zustehenden Rechte und unterliegt dementsprechend auch allen satzungsmäßigen Pflichten“. Weitere Abreden zu der Kündigung und der Abwicklung des Mitgliedschaftsverhältnisses bestünden nicht.

Ergebnis zahlreicher Gespräche

So weit der aktuelle Stand der Dinge. Wie mehrfach berichtet, ist diese Vereinbarung das Ergebnis einer Reihe von Beratungen und Gesprächen, nachdem in den Sommerferien 2018 die durch den Magistrat beschlossene Kündigung der Mitgliedschaft der Stadt Königstein im Hessischen Heilbäderverband (HHV) zum Ende 2019 bekannt geworden war und die Lokalpolitik sich mit dem Tenor zu Wort gemeldet hatte, man fühle sich in dieser Angelegenheit – Austritte und Eintritte aus Verbänden ausschließlich Sache des Magistrats hin oder her – übergangen.

In einem ersten Schritt mündete dies in der November-Parlamentssitzung des letzten Jahres unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einer Absegnung des geänderten Vorhabens durch eine Parlamentsmehrheit, den Austritt Königsteins auf den 31. Dezember 2020 zu verschieben. Das war das Ergebnis der zwischen Stadt und Verband stattgefundenen Gespräche, in die die Stadt, wie Rathauschef Leonhard Helm im August 2018 angekündigt hatte, „offen“ hineingegangen war.

Überlegungsphase

Nach den Worten Helms müssen die kommenden Monate zeigen, wie „sich die Zusammenarbeit entwickelt“. Durch den September-Beschluss des Hessischen Heilbäderverbands samt nachfolgender schriftlicher Vereinbarung wurde die Chance einer Prüfungsphase eröffnet. Dies ist ein Entgegenkommen der hessischen Heilbäderfamilie, deren Satzung eine 18-monatige Kündigungsfrist für ihre Mitglieder vorsieht. „Denn es gilt für die Partner aus Wirtschaft, Politik und Tourismus auf den verschiedensten Ebenen und besonders für alle Mitglieder des Verbandes, verlässlich und kontinuierlich zu agieren“, unterstreicht Verbands-Vorsitzender Michael Köhler. Sofern die Stadt Königstein den kommenden Verlauf als positiv bewertet, hat sie die Option, bis spätestens drei Monate vor Vertragsablauf die Weiterführung der Mitgliedschaft über 2020 hinaus zu erklären. Erfolgt keine Erklärung, ist der Austritt zum 31. Dezember 2020 wirksam.

So weit will es die „Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein“ nach Möglichkeit nicht kommen lassen, weshalb die Wählergemeinschaft nunmehr den Vorstoß unternahm, schon jetzt ein klares Bekenntnis zum Verbleib abzugeben, schließlich sei die Kündigung laut Co-Fraktionsvorsitzender Runa Hammerschmitt nicht aufgehoben, sondern lediglich aufgeschoben. Und das, obwohl „aus unserer Sicht überparteilicher Konsens besteht, dass die Mitgliedschaft fortgesetzt werden soll.“ Daher sei die ALK für Anpassungen des Antrags offen, um frühzeitig Klarheit zu schaffen. In diesem Zusammenhang schrieb sich die Wählergemeinschaft auf die Fahnen, ohne ihr Einschalten im Juni wäre der Vertrag zum 31. Dezember dieses Jahres zu Ende gegangen. Daher gelte es nun, den Magistrat zu bitten, nach Prüfung der Vereinbarung sämtliche für den Verbleib der Stadt im Verband notwendigen Schritte zu unternehmen, das heißt, schriftlich entweder den Wiedereintritt zu beantragen oder die Kündigung zurückzunehmen oder die Mitgliedschaft explizit zu verlängern.

Diese Sicht der Dinge brachte jedoch das Fass bei den übrigen Fraktionen zum Überlaufen. „Die ALK tut sich zuviel der Ehre an, wenn sie behauptet, die Verlängerung sei einzig auf ihre Initiative hin in die Wege geleitet worden“, konterte der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael-Klaus Otto. Den aktuellen ALK-Antrag wertete er als reine Publicity und überflüssig, weil die vorliegende Vereinbarung den klaren Parlamentsbeschluss des letzten Jahres umsetze. „Es hat auch etwas damit zu tun, welchen Gesichtsverlust der Magistrat sonst hat“, warb er um Festhalten am eingeschlagenen Weg. Rückendeckung erhielt er sowohl von Bündnis90/Die Grünen Sprecherin Dr. Bärbel von Römer-Seel als auch von SPD-Chefin Dr. Ilja-Kristin Seewald, die ebenfalls forderte, den Antrag zurückzuziehen und sich „durch die Spitzen der ALK nicht die Weihnachtsstimmung trüben lassen“ wollte. „Fakt ist, wir haben Gelegenheit, etwas auszuhandeln, können alle prüfen, auch der Verband, und es ist gut, dass dieser Vorgang so gelaufen ist. Alle haben ein Jahr gewonnen!“

Bürgermeister Leonhard Helm ging noch einen Schritt weiter und warf der ALK vor, zugunsten ihrer eigenen Außendarstellung lediglich Teile aus dem Beschluss zitiert zu haben. Darüber hinaus machte er deutlich, auch die Stadt sei dem Verband entgegengekommen, unter anderem mit der Zusage, falls bei der Zusammenarbeit mit dem derzeitig eingesetzten städtischen Mitarbeiter Sand ins Getriebe käme, sei man bereit, jemand anderen zu entsenden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Martin Orlopp warnte eindringlich davor, im Eifer des Gefechts die Waagschale vorschnell in die eine oder andere Richtung anzustoßen, vielmehr abzuwarten.

Abstimmungsergebnis/Reaktionen

Letztendlich votierten 21 Parlamentarier gegen den ALK-Antrag bei zwölf Ja-Stimmen. Dementsprechend groß die Enttäuschung der unabhängigen Wählergemeinschaft. In einer aus ihrer Sicht überflüssigen Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung „wurden keine stichhaltigen Argumente dafür ins Feld geführt, das Bekenntnis zum Verband noch weiter hinauszuzögern“, so ALK-Fraktionsvorsitzende Runa Hammerschmitt. Und wenn es nicht eine erneute Petition seitens der Stadtverordneten gebe, sei Königstein, seinerzeit Gründungsmitglied dieser Organisation, ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr dabei. Laut Wählergemeinschaft ein großer Imageschaden für die Stadt, die aus Sicht der größten Fraktion im Kurstadt-Parlament immer von der Mitgliedschaft profitiert habe.

Die beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Hessischen Heilbäderverbandes, Bürgermeister Martin Hußmann und Günter Göpfert (Wiesbaden) „hoffen auf und wünschen uns die Weiterführung der Mitgliedschaft der Stadt Königstein im Hessischen Heilbäderverband. Nur gemeinsam sind wir stark.“ Königstein ist seit der Gründung 1947 Mitglied des Hessischen Heilbäderverbands und hatte von Professor Dr. Walter Amelung (einer der Gründerväter) über den langjährigen Vorsitzenden und Ehrenmitglied Antonius Weber sowie Geschäftsführer Rainer Kowald lange Zeit eine sehr enge Beziehung.



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