Wenn Angst und Sprachlosigkeit zu ständigen Begleitern werden – Kronberger Frauenpreis für BETESDA ist mehr als Anerkennung

Anja Born und Monika Schulz nahmen den Scheck über 1.000 Euro gerne an.

Fotos: Muth-Ziebe

Kronberg (hmz) – Der bewegendste Moment im Rahmen der diesjährigen Verleihung des Kronberger Frauenpreises war wohl die Laudatio von Eva Schumacher-Wulf, die allen Ehrenamtlichen des ambulanten BETESDA Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienstes für ihre Begleitung von Betroffenen und Angehörigen im Sterbeprozess dankte. Es wurde sehr deutlich, dass Hospiz kein Ort, sondern eine Haltung ist. Sie findet überall dort einen Ort, wo Menschen für schwerstkranke und sterbende Menschen sowie ihre Angehörigen da sind. „Mir hat mein Palliativ-Team geholfen, mit meiner Krebserkrankung umzugehen, mich auf meinen letzten Weg vorzubereiten, alles zu regeln und meine Sprachlosigkeit sowie auch die innerhalb meiner Familie zu überwinden. Seitdem lebe ich sehr viel befreiter.“ Eva Schumacher-Wulf erkrankte im Jahr 2004 selbst an Brustkrebs und suchte nach ihrer Behandlung Möglichkeiten der Hilfestellung für Betroffene – und fand sie. Zwei Jahre nach ihrer Diagnose schloss sie sich mit Anne-Claire Brühl zusammen und gemeinsam gaben sie das Brustkrebsmagazin „Mamma Mia“ als Fachzeitschrift heraus. Ihr Antrieb waren das häufig fehlende Wissen um diese Erkrankung und die persönlich erfahrene Notwendigkeit, mit einer verständlichen, medizinischen und qualifizierten Publikation viele Fragen rund um die Erkrankung, Behandlungsmöglichkeiten und die Nachsorge mit dem erforderlichen Feingefühl aufzugreifen. Immer wieder mahnten sie die Forderung an die Mediziner an, sich viel Zeit für die Gespräche zu nehmen, da es sich für die Betroffenen um eine „Schock-Diagnose“ handele. „Jedes dieser Gespräche ist ein Gespräch gegen die Angst. Die Angst auf beiden Seiten.“ Die Angst und die Sprachlosigkeit seien zu ihren ständigen Begleitern geworden, so Eva Schumacher-Wulf weiter. Die Angst vor dem Tod könne die Palliativversorgung vermutlich nicht nehmen, aber sie könne helfen, diese zu mindern. Auch der Angst vor Schmerzen helfe sie entgegenzuwirken. Insgesamt betrachtet würden die Patienten in jeder Hinsicht unterstützt und umsorgt – auch psychologisch, sozial und spirituell. Für ihr großes Engagement wurde Eva Schumacher-Wolf im vergangenen Jahr selber mit dem Frauenpreis ausgezeichnet.

Internationaler Frauentag

„Dass wir im 31. Jahr erst den 30. Frauenpreis vergeben, ist noch eine Long-Covid-Folge. Mit dem Jubiläum wird eine schöne und wichtige Tradition in unserer Stadt fortgesetzt, an deren Anfang Ruth Kötter stand“, erinnerte Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche. Der Kronberger Frauenpreis solle auf diesem nicht immer einfachen Weg mehr sein als ein motivierendes Zeichen der Anerkennung. Er habe Strahlkraft und mache die Preisträgerinnen als Vorbilder für die Gesellschaft sichtbar. „Dies ist besonders bei unseren diesjährigen Preisträgerinnen von großer Bedeutung. Sie setzen sich mit ihrem ganzen Herzen in einem Bereich ein, der eigentlich zum Leben dazugehört und dem doch viele Menschen rat- wie hilflos gegenüberstehen.“ Dieser Preis wird wie immer am internationalen Frauentag am 8. März verliehen, dem Tag, an dem Frauen in der gesamten Welt für die Gleichberechtigung und gegen die Diskriminierung von Frauen eintreten und demonstrieren. Bürgermeister Christoph König erinnerte in diesem Zusammenhang an vier Frauen, die „Mütter des Grundgesetzes“, die für den Eintrag im Artikel 3 des Grundgesetzes gekämpft hätten, nämlich: Frauen und Männer sind gleichberechtigt. „Mag dieser Satz für uns heute selbstverständlich klingen, damals war er revolutionär und wegweisend.“ Friederike Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel hätten im Parlamentarischen Rat 61 Männern gegenübergestanden und für ihre Überzeugungen vehement eintreten müssen. Und dies in einer Zeit, in der die Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg die Last des Wiederaufbaus zu tragen hatten. Elisabeth Selbert habe diesen Frauen eine Stimme gegeben, als sie die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gefordert habe, das Recht auf Bildung und die Berufstätigkeit von Frauen.

Hindernisse und Vorurteile

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kronberg, Nora Arharbi, betonte, dass die Erfolge engagierter Menschen und Organisationen nicht darüber hinweg täuschen dürften, dass es immer noch viele Hindernisse und Vorurteile geben würde, „die es Frauen erschweren, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Wir müssen uns weiterhin für gleiche Bezahlung und Aufstiegschancen einsetzen.“ Gründe, warum Frauen in Berufen immer wieder zurückstecken würden, benannte Ulrike Zymolka, Vorsitzende der Kronberger Frauenverbände. Viele von ihnen würden neben Beruf und Familie zusätzlich Care-Arbeit leisten und laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung sollte daher die berufliche Gleisstellung von Frauen mit Anreizen für die Umverteilung von unbezahlter Care-Arbeit hin zu Männern verknüpft sein. Dr. Herbert Wagschal, Vorstandsvorsitzender des Zweckverbands der Ökumenischen Diakoniestationen im Dekanat Kronberg, dankte noch einmal für die wertvolle und fürsorgende Arbeit des gesamten Teams.

Zwei ehrenamtliche Helferinnen kamen ebenfalls zu Wort: Anna Weberling und Claudia von Hoersten. „Immer wieder stellen wir fest, dass einigen Personen nicht ganz klar ist, was die Ehrenamtlichen von BETESDA konkret anbieten. Wir nehmen uns Zeit zum Zuhören und zum Reden. Da jeder Mensch, jede Begleitung einzigartig ist, variieren auch unsere Angebote. In allen Fällen steht das Präsent sein im Mittelpunkt.“ Und das waren die 37 Helferinnen dann auch im Rahmen der Feierstunde, gemeinsam mit den Koordinatorinnen Monika Schulz und Anja Born, die einen Scheck über 1.000 Euro und einen Pokal in Empfang nehmen durften. Für den musikalischen Rahmen sorgte der Bariton Sungkon Kim.

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