Der „Ompteda“ – Seit 120 Jahren ein fester Begriff in der Burgstadt

Kronberg (war) – Im Kronberger Boten vom 11. Januar wurde bereits ausführlich der Werdegang von Ludwig Freiherr von Ompteda anlässlich seines 125. Todestages am 26. Januar im Jahr 2024 vorgestellt. Heute soll nochmals intensiver auf sein rund 650-seitiges Werk „Die von Kronberg und ihr Herrensitz. Des Geschlechtes Ursprung, Blüte, Ausgang; der Burg Gründung, Ausbau, Niedergang, Zerfall, Wiederherstellung; eine kulturgeschichtliche Erzählung aus elf Jahrhunderten, 770 bis 1898“ eingegangen werden. Dieses hatte er im Auftrag von Kaiserin Friedrich – seit dem Jahr 1891 Besitzerin von Burg Kronberg – zwischen den Jahren 1894 bis 1898 erstellt. Da der eigentliche Buchtitel für den täglichen Gebrauch viel zu lange ausfiel, wird er bis heute in Kronberg nur verkürzt als der „Ompteda“ zitiert, und die „Eingeweihten“ wissen sofort, etwas mit dem Namen anzufangen. Provokativ lässt sich im Umkehrschluss behaupten, dass alle, die mit dem Begriff „Ompteda“ nichts anzufangen wissen, keine „richtigen“ Kronberger sind.

Der graphisch sehr aufwendig gestaltete „Ompteda“ ging zwar wohl noch Ende des Jahres 1898 im bis heute existierenden Verlag Philipp von Zabern in Mainz in Druck, kam aber erst nach dem Tod des Freiherren im Frühjahr 1899 im Frankfurter Verlag von Heinrich Keller leinengebunden für den Preis von 38 Mark auf den Markt. Dazu lieferte der aus Karlsruhe stammende Graphiker und Architekt Conrad Suttner zahlreiche, minutiöse Zeichnungen, die neben einigen Schwarz-Weiß-Fotografien das Buch durchweg illustrieren.

Sicherlich sind eine Reihe der Aussagen, die von Ompteda vor 120 Jahren gemacht hat, mittlerweile von der Geschichtsforschung widerlegt worden oder werden inzwischen anders interpretiert. Dennoch: Wer heute über die Burg samt deren Adelsgeschlecht recherchiert, kommt nach wie vor nicht umhin, den „Ompteda“ zu Rate zu ziehen. Das Werk stellt immer noch eine wichtige Quelle zu diesen Themen dar. Diesbezüglich betont der Autor bereits in seinem Vorwort, dass ihm bei seinen Recherchen die „fachmännische Vorbildung für deren streng wissenschaftliche Bewältigung fehlt. „Nachdem jedoch der Aufruf zu Ermittlung und Sammlung des Stoffes, der in Euerer Majestät allerhöchstem Auftrage am 21. November 1894 erging, ein so unerwartet vielseitiges Entgegenkommen gefunden hatte, wußte ich mich der Leitung und des Rates hervorragender Fachgelehrter bei Schürfung und Sichtung der archivalischen Grundlagen versichert.“ In dieselbe Richtung geht Goethes Zitat, das Ompteda seinem Buch als Motto voranstellt. „Mir kommt aber immer vor, wenn man von Schriften wie von Handlungen nicht mit einem gewissen parteyischen Enthusiasmus spricht, so bleibt wenig davon, dass es der Rede gar nicht werth ist. Lust, Freude, Theilnahme an den Dingen ist das einzige Reelle und was wieder Realität hervorbringt; alles andere ist eitel und vereitelt nur.“ Daraus folgt, dass der Autor keineswegs neutral bei seinen Ausführungen agieren wollte. Seine Intention bestand vielmehr darin, kein trockenes, rein faktenbasiertes Fachbuch für vorgebildete Historiker zu erstellen, sondern ein gut lesbares „kulturgeschichtliches Lesebuch – nicht lehrhaft seinem Zwecke nach“, wie er sein Werk im Vorwort selbst tituliert, für eine historisch interessierte Leserschaft. Diese Aufgabe ist ihm zweifelsohne gut gelungen.

Ompteda kam sicherlich zugute, dass er im offiziellen Auftrag der Kaiserwitwe operierte. So öffneten die meisten Archivare sogleich ihre mit historischen Quellen reich gefüllten Schatztruhen bereitwillig und entsprechend zügig, insbesondere in den preußischen Landesteilen. Daneben zitiert der Autor unter anderem Archivalien aus dem Reichsarchiv in Stockholm genauso wie aus Archiven in Prag, Wien, Luxemburg und München. Kein Wunder, dass er sich für die „allerwärts wohlfühlendste Förderung in Bibliotheken und Büchereien des In- und Auslandes“ ausdrücklich bedankt Den Abschluss bilden im „Ompteda“ mehrere umfangreiche Geschlechtstafeln, die mit Walter von Eschborn um das Jahr 1150 beginnen und mit dem Tod des letzten männlichen Kronbergers, Niklas von Kronberg, am 17. Juli 1704 enden. Diese Listen zeigen eindrucksvoll die starke Vernetzung der Kronberger Familie mit anderen Adelshäusern, die teilweise weit entfernt residierten und somit die bereits hohe Mobilität dieser Führungsschicht in früheren Zeiten zeigen. Doch lässt Ompteda seine Erzählung nicht mit dem Aussterben der Kronberger Adelsfamilie zu Beginn des 18. Jahrhunderts enden, sondern beschreibt zunächst noch kurz die Zeit unter Kurmainz und Nassau, um seinem Schlusskapitel den Titel „Des Herrensitzes Neuerstehung durch Schloss Friedrichshof“ zu geben. Sicherlich war diese Überschrift mit der Kaiserin als Initiatorin des Buches so abgesprochen und legt die Vermutung nahe, dass die Kaiserin mit ihrem Witwensitz, in dem sie seit Ende des Jahres 1894 lebte, quasi eine neue Burg Kronberg errichten wollte. Dabei sah sich Kaiserin Friedrich wohl in direkter genealogischer Verbindung mit der Kronberger Adelsfamilie. Darauf deutet zumindest Omptedas Feststellung in seiner Widmung zu Beginn seiner Ausführungen als „Euerer kaiserlich-königlichen Majestät allergetreuester und alleuntertänigster Diener“ hin, die da lautet: „Der Anteil dieser Vergangenheit war erweckt durch die landschaftliche und malerische Schönheit des von Euerer Majestät erworbenen Besitzes sowie durch das genealogische Band, das Euere Majestät selbst, als Glied der erlauchten Häuser: England, Hannover und Sachsen-Coburg Gotha, das ferner unser kaiserliches und königliches Haus, durch Braunschweig, Mecklenburg-Strelitz und Sachsen-Weimar als weibliche Nachkommen mit den Kronbergern verknüpft“.

Kronberger Geschichtssplitter

Der „Ompteda“

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