Königstein/Kronberg (pu) – Mit 22 Stimmen von CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen bei neun vehementen Gegenstimmen der Wählergemeinschaft „Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein“ (ALK) hat in der jüngsten Parlamentssitzung letztendlich eine breite Mehrheit die Weichen für die 1. Änderung des Bebauungsplans M 9 „Opel-Zoo“, Flur 6 und 7, Gemarkung Königstein und Flur 1, Gemarkung Mammolshain gestellt.
Im Klartext bedeutet dieser Beschluss womöglich den Schlusspunkt unter die jahrzehntelangen nervenaufreibenden Verhandlungen zwischen den Städten Königstein und Kronberg sowie der von Opel Hessischen Zoostiftung in Bezug auf die von Zoodirektor Dr. Thomas Kauffels als „wichtigsten Schritt“ für den Erhalt des Privatzoos bezeichnete Schließung des Philosophenwegs.
Gänzlich frei ist der Weg zum aktuellen Zeitpunkt freilich noch nicht, denn die Parlamentarier der Burgenstadt haben ihr besiegelndes „Grünes Licht“ an eine Bedingung geknüpft, über die nun wiederum die beiden anderen Partner der bereitliegenden städtebaulichen Verträge beraten müssen.
Weitere Zugangsmöglichkeit
Wie bereits absehbar war, beharren Magistrat und Stadtverordnete darauf, dass in den beiden Vereinbarungen die am westlichen Ende des Opel-Zoos am Kamelgehege zu schaffende Zugangsmöglichkeit für die Bürger beider Städte im Rahmen des zeitlich begrenzten Durchgangsrechtes geschaffen wird. Dort muss, so strich es erläuternd Stadtverordnetenvorsteher Alexander Freiherr von Bethmann (FDP) heraus, kein Kassenhäuschen stehen, man würde sich auch mit einem Kassenautomat begnügen. Mit ihrem mit Spannung erwarteten Votum haben die Königsteiner fünf Monate nach ihren Kronberger Kollegen nachgezogen, gleichzeitig ihren Verhandlungspartnern jedoch noch eine zu lösende Hausaufgabe aufgegeben.
Im Dezember letzten Jahres hatten Kronbergs Stadtverordnete mit 22 Ja-Stimmen bei vier Gegenstimmen und sechs Enthaltungen für die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 123 „Opel Zoo“ gestimmt und damit vorgelegt. Im Interesse der interkommunalen Abstimmung haben die Verwaltungen der Städte Kronberg und Königstein im Taunus eine bilaterale Vereinbarung entworfen, die den inhaltlichen Rahmen für das weitere Änderungsverfahren hin zu einem rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 123/1 „Opel-Zoo, 1. Änderung“ aufzeigen soll. Ferner haben die Städte Kronberg und Königstein im Taunus einen städtebaulichen Vertrag in Abstimmung mit der von Opel Hessischen Zoostiftung entworfen, der die Umsetzung der entsprechenden planungsrechtlichen Vorgaben und flankierenden Maßnahmen aus einem rechtskräftig gewordenen Bebauungsplan Nr. 123/1 „Opel-Zoo, 1. Änderung“ regelt.
Zwei Lager
Im Gegensatz zu den Kronberger Kollegen, die trotz namentlicher Abstimmung eine vergleichsweise ruhige Debatte führten, lief die Parlamentssitzung auf Königsteiner Seite infolge der harten Bandagen, die beide Lager teils anlegten, volle Kraft aus dem Ruder. Dabei hatte es nach der Sitzung des Bauausschusses und einem für Außenstehende überraschenden Abstimmungsergebnis von 10:1 noch nach einer relativ klaren Entscheidung ausgesehen, doch dieser Schein trog. Dem Viererbündnis bliesen nach Austausch der jeweiligen Argumente orkanartige Sturmböen entgegen.
Können annehmen oder nicht
Zum Einstieg in die Debatte meldete sich die Parteisprecherin des Ortsverbands von Bündnis90/Die Grünen, Dr. Bärbel von Römer-Seel, zu Wort und sprach von einem „sehr, sehr positiven Verhandlungsergebnis“. Ein „hohes Risiko“ sah sie durch die an das „Ja“ geknüpfte Bedingung und ließ sich das durch Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) noch einmal juristisch bestätigen. „Ja, durch die von Königstein veränderte Annahme des Angebots ist das Angebot nicht mehr gleich, das heißt, die andere Seite kann sich überlegen, ob sie annimmt oder nicht!“ Diese Aussage bewog die CDU dazu, um eine 15minütige Sitzungsunterbrechung „zur Klärung kurzfristig aufgetauchter Fragen“ zu bitten.
Danach beschwor der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Hees alle Kollegen, es sei wichtig, „einen konsensualen Weg mit den Nachbarn zu gehen, da es einerseits respektable Tierschutzgründe gibt, auf der anderen Seite das historisch gewahrte Interesse.“
Konsensualer Weg
Nach Meinung der Christdemokraten sollte Königstein Wert legen auf die Zugangsberechtigung am Kamelgehege durch Kasse oder Automat. „Ich glaube, das tut dem Zoo nicht sehr weh und aus Königstein ist es das Tüpfelchen auf dem i und ein Signal an Kronberg!“
„Konsens ist in der Regel sicher wichtig, aber wenn Königstein in diesem Fall den konsensualen Weg beschreitet, gleicht das fast einer kalten Enteignung“, wetterte dagegen ALK-Stadtverordneter Günther Ostermann. Um diesen Standpunkt zu untermauern, folgte ein umfänglicher Rückblick auf die Ereignisse von über vier Jahrzehnten aus Sicht der ALK mit dem Fazit: „Der Philosophenweg muss als öffentlicher Weg erhalten bleiben, als sicherste, schönste, sonnigste und autofreie Wegeverbindung für Schüler!“ Einen entsprechenden Änderungsantrag hatte die Wählerlegemeinschaft gleich mitvorbereitet mit dem Zusatz, dass der Weg in den Abend- und Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr geschlossen werden könne als Zugeständnis an den Zoo, obgleich, wie Ostermann betonte, „nur zwei Vandalismus-Vorkommnisse in zehn Jahren bekannt wurden“ und der Zoo sich trotz öffentlichem Philosophenweg „prächtig entwickelt hat“. Nach dem Wissen der Aktionsgemeinschaft sei der seit 2003/04 rechtskräftige Bebauungsplan damals als Zoo-Vision bezeichnet worden und mit der Hoffnung verbunden gewesen, dass „Ruhe in die Situation kommt“, doch schon wenig später habe die Zooleitung „so lange an der Kronberger Rathaustür gerüttelt, bis man aktiv wurde!“ Das aus Sicht der ALK untragbare Ergebnis der nachfolgenden langwierigen Gesprächsrunden liege nun auf dem Tisch, statt Klage einzureichen.
Macht des Faktischen
Das wiederum wollte das Viererbündnis mitnichten unwidersprochen stehen lassen. „Der Blick in die Geschichte führt uns an dieser Stelle nicht weiter, wir müssen uns den Tatsachen stellen, der Opel-Zoo liegt auf Kronberger Gemarkung und die können als ‚Herr des Verfahrens‘ den Philosophenweg auch ohne uns schließen“, rückte Alexander Hees (CDU) zurecht. Diesen Ball nahm der FDP-Stadtverordnete Ascan Iredi auf und hielt Ostermann entgegen, zum einen handele es sich um eine falsche Darstellung, dass Schüler schwerpunktmäßig den Philosophenweg benutzten, zum anderen müsse man die Macht des Faktischen anerkennen statt in historischer Verklärung zu versinken. Es gelte nach den ausgehandelten Errungenschaften Entscheidungen zu treffen und mit der Vergangenheit abzuschließen, ansonsten laufe man Gefahr, „auch das Ausgehandelte noch zu verlieren!“ Ins gleiche Horn stieß die SPD-Co-Fraktionsvorsitzende Inken Schmidt: „Entweder ziehen wir mit oder wir haben komplett verzockt!“
„Bravo, Herr Helm, Sie haben Ihr Bündnis voll im Griff“, machte ALK-Co-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak ihrem Ärger Luft, verwies zum wiederholten Mal auf den in der Vergangenheit mehrheitlich angestrebten Klageweg und warf dem Bürgermeister vor, er sitze die ganze Angelegenheit aus. Der Rathauschef wies diese Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück und rückte vor Augen: „Natürlich gibt es Chancen für eine Klage, die zuletzt aber gesunken sind, weil die Einziehung von Wegen juristisch deutlich einfacher geworden ist und vor Gericht zählt nun mal nicht, ob der eine Weg schöner als der andere ist!“
Zusammenfassend wurden sämtliche im Laufe der Debatte eingereichten Änderungsanträge der ALK abgelehnt, weil die Viererkoalition den Zeitpunkt gekommen sah, nach Möglichkeit den Schlussstrich unter eine die Gemüter bewegende strittige Situation zu ziehen. Das kann man je nach eigener Gesinnung so oder so beurteilen, eine Werbung für Fairness und sachlichen Politikstil war dieser Abend jedoch nicht, denn mit näherrückender Abstimmung verließen Einzelne diesen Pfad, verloren die Contenance und schreckten vor persönlichen Angriffen nicht zurück (siehe auch Kommentar dazu in dieser Ausgabe).