Trauer um Robert Becker – er war ein engagierter Gestalter und überzeugter Christ

Oberhöchstadt (hmz) – Robert Becker hat sich im Kreise seiner Familie aus dem Leben verabschiedet. Viele verbinden mit seinem Namen einen engagierten Gestalter und überzeugten Christen. Es gibt wohl kaum jemanden in der Stadt, dem Robert Becker nicht schon einmal im kirchlichen, kommunalpolitischen, kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich begegnet ist, also überall dort, wo er über Jahre hinweg gewirkt und mitgestaltet hat – überwiegend ehrenamtlich. Er stand beruflich wie privat für seine konservativen Werte ein und nahm Einfluss auf zahlreiche Entscheidungen in vielen Gremien. Zu seinem 85. Geburtstag veröffentlichte der Kronberger Bote einen Bericht, dem ein persönliches Gespräch mit ihm zugrunde lag. Zusammenfassend sollen seine Gedanken nochmals wiedergegeben werden. Im Gespräch gingen seine Erinnerungen immer wieder auf die Kriegsereignisse zurück, die seine Kindheit in Kransberg (Usingen), wo er geboren und aufgewachsen ist, geprägt haben. Wie die meisten in seiner Generation bereits früh mit Tod und Not konfrontiert, waren seine Mutter und Schwester sein größter Halt. „Weil viele Männer gefallen oder in Kriegsgefangenschaft waren, machten sich die überlebenden Frauen daran, die Trümmer des Krieges wegzuräumen. Es war eine unmenschliche Arbeit, aber es war ein kleiner Zuverdienst und es gab eine größere Lebensmittelration.“ Seine Erlebnisse während der Schulzeit, seine Ausbildung zum Dreher und schließlich in der Ingenieurschule zum Maschinenbautechniker, der Schichtdienst und die nächtlichen Heimfahrten auf dem Fahrrad, „bei denen ich gottfroh war, wenn ich wieder heil angekommen bin“, all dies hat seine Persönlichkeit in den Anfängen geformt und sie schließlich zu dem wachsen lassen, was in späteren Jahren an ihm geschätzt worden ist.

„Was mir immer geholfen hat, auch schwierige Lebensphasen durchzustehen, war mein Glaube. Die Lehre und die Kirche gaben mir die Kraft und die Überzeugung für das einzutreten, was meinem Leben Sinn gibt.“ In erster Linie war das seine Familie, seine Frau Christa seine beiden Kinder Michaela und Andreas und die beiden Enkelkinder. Die Hochzeit war im Jahr 1969, kennengelernt hat er seine Frau im Rahmen eines internationalen Jugendaustauschs in Israel, organisiert von der katholischen Jugend Kransberg. „Es waren wunderbare Begegnungen mit israelischen und palästinensischen Jugendlichen und es folgten noch viele Fahrten, wobei wir ohnehin sehr gerne gereist sind.“ Robert Becker war früher in einigen Funktionen der Katholischen Jugendarbeit aktiv, dann war er es in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Vitus in Oberhöchstadt. Er war Mitglied im Pfarrgemeinderat, zeitweise stellvertretender Vorsitzender und Mitglied des Verwaltungsrates der Gemeinde. In seiner Eigenschaft als Kommunionhelfer besuchte er regelmäßig kranke und bettlägerige Menschen in der Seniorenwohnanlage „Hohenwald“ und teilte dort die Kommunion aus. Als Sprecher des Pastoralausschusses wirkte er aktiv an der Bildung der neuen Gemeinde „Maria Himmelfahrt im Taunus“ mit. Lange Jahre war Robert Becker das Gesicht der „Kolpingfamilie“ in Oberhöchstadt und als Mitglied des Bezirksvorstands Hochtaunus organisierte er unter anderem die Kleidersammlungen für bedürftige Menschen. „Einmal im Jahr haben wir unsere Kochschürzen angezogen und für unsere Liebsten ein festliches Menü gekocht. Dieses Gala-Dinner war ein Dankeschön an unsere Frauen.“ Und diese Treffen waren legendär.

Robert Becker hat im Rahmen dieses Gesprächs nur einen Abriss seiner vielen Lebensstationen geben können, aber sie belegten eindrucksvoll, wie breitgefächert sein persönlicher Einsatz war. Etwa als Sprecher des Arbeitskreises Soziales, bei seinem Schwerpunktthema Kinder- und Jugendarbeit, im Landeswohlfahrtsverband Hessen oder bei der IG Metall, heute Verdi. Er war Stellvertreter im Gesamtbetriebsrat Deutschland, dann Mitglied im Europäischen Betriebsrat. Als freigestelltes Betriebsratsmitglied der Braun AG hatten die Kronberger Belange Priorität für ihn und als Aufsichtsrats-Mitglied des Unternehmens engagierte er sich für die S-Bahn-Haltestelle in Kronberg-Süd. Ohne diese Haltestelle würde es den Campus Kronberg und die Firma Accenture möglicherweise nicht geben. Eine gute Verkehrsanbindung war eine der Bedingungen für den Zuzug. Neben seiner Mitgliedschaft in Vereinen gehört eine dazu, die er bis zuletzt ausfüllte. Er war CDA-Kreisvorsitzender (Christliche Demokratische Arbeitnehmerschaft) und in diesem Zusammenhang wurden immer wieder Ausbildungsbörsen initiiert und umgesetzt. Wenn es seit dem Jahr 1991 ein „Kurzzeitpflegebett“ im DRK-Heim gibt, ist das ein Ergebnis, das er als Vorsitzender des CDU-Arbeitskreises Soziales erreicht hat, in Zusammenarbeit mit der damaligen Leiterin Irmgard Böhlig. Seinen 85. Geburtstag nahm die Kronberger CDU zum Anlass, ihn für seine 60-jährige Mitgliedschaft zu ehren. Von 1968 bis 2001 war Robert Becker Mitglied des Kreistages des Kreises Usingen beziehungsweise ab 1972 des Hochtaunuskreises. Auch hier hat er sich stark für Kronberger Belange sowie vor allem auch für die Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt. Von 1981 bis 1989 war er Vorsitzender des Jugendausschusses und des Jugendpflegeausschusses sowie von 1993 bis 1997 Vorsitzender des Fachausschusses für Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Doch damit nicht genug: Er engagierte sich in der Flüchtlingshilfe, dort im Arbeitsfeld „Sitten und Bräuche“.

„Ich habe alles aus meinem tiefen Glauben heraus getan und aus meinen Kindheitserinnerungen gelernt, was Not, Hunger und Angst aus Menschen macht. Als meine Kommunion angestanden hat, wurde sie immer wieder verschoben, ich wollte warten, bis mein Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkommt. Nach drei Jahren stand er dann genau an dem Tag vor der Tür.“ Er habe immer an seine Rückkehr geglaubt und seitdem schöpfe er auch weiterhin aus Gebeten seine innere Stärke, um seine selbstgewählten Aufgaben im Sinne der Gemeinschaft ausüben zu können. Es sei sehr viel gewesen, aber er habe es gerne und aus tiefster innerer Überzeugung getan.

Er leitete 50 Jahre lang die Bibelarbeit, „die Antwort auf viele Fragen, auch aktuelle, geben kann. Seit ich die sogenannten Trümmerfrauen erlebt habe, steht für mich die Gleichberechtigung außer Frage“. Zu anderen gesellschaftlichen Streitthemen vertrat er klare konservative Standpunkte, etwa, dass dem menschlichen Embryo derselbe moralische Status und dasselbe unantastbare Recht auf Leben wie erwachsenen Menschen zugesprochen werden soll. Das Vertrauen, das die Kirche mit dem Missbrauchsskandal verspielt habe, laste schwer. Der Zusammenhalt in der Gemeinde und das Wirken in der Gemeinde zeige aber auch deutlich, „was Kirche für viele ist und bleiben möchte“.

Robert Becker wurde im Jahr 1983 der Ehrenbrief des Landes Hessen verliehen, im Jahr 2003 das Bundesverdienstkreuz und im Jahr 2016 schließlich die Ehrenplakette der Stadt Kronberg.

Robert Becker unterstützte auch die „Empty Bowls“-Aktion beim Keramikmarkt.

Foto: privat



X