City-Tour per Velo mit Fahrrad-Professor

Am Bahnhof laufen alle Verkehre zusammen, hier ist auch der Startpunkt für die Rad-Expedition mit Professor André Bruns (3. v. r.). Mit auf Tour gehen Erster Stadtrat Christof Fink, der städtische Klimaschutzbeauftragte David Neugebauer, Verkehrsplaner Uli Molter und seine Kollegin Sandra Portella sowie wissenschaftliche Mitarbeiter der Wiesbadener Hochschule.     Foto: js

 

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Professor André Bruns kommt lässig in Jeans und Sneakern zum Ortstermin nach Oberursel, sein helles T-Shirt mit Aufschrift weist auf seine Zugehörigkeit zur Hochschule RheinMain hin. Bei der Anfahrt am Bahnhof trägt er ordnungsgemäß Helm, der Professor kommt mit dem Fahrrad. Bruns ist Professor für Verkehrsplanung und Mobilitätsmanagement, mit fünf jungen Damen und Herren, wissenschaftlichen Mitarbeitern an der Uni, ist er Teilnehmer einer Art „Tour de Deutschland“.

Ihr Ziel: „Radverkehr erfahren“, das steht auf der Rückseite des T-Shirts. Oberursel ist eine von vielen Stationen zwischen dem Start an der Hochschule Karlsruhe und dem Zielort Berlin mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).

Für ihre anwendungsbezogene Forschung ist die Wiesbadener Hochschule anerkannt, André Bruns ist Inhaber der Stiftungsprofessur Radverkehr und leitet wie sechs andere Kollegen aus sechs weiteren Hochschulen ein kleines Team, das die aktuelle Situation für Radfahrer „erfahren“ und wissenschaftlich aufarbeiten soll. Immer nah dran am Forschungsobjekt, sozusagen mittendrin, auf der Straße und auf Radwegen und vor allem im Gespräch mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft, Stadt- und Verkehrsplanung und Politik. Man kennt sich in der Szene, Oberursels Chefverkehrsplaner Uli Molter und Bruns kennen sich, bei der kleinen Tour zu innerstädtischen Brennpunkten des Radverkehrs ist Molter der Guide. Natürlich ist der Erste Stadtrat Christof Fink dabei, der ohnehin immer, auch zu Dienstfahrten, mit E-Bike und Helm unterwegs ist. Sandra Patella aus der Radverkehrsplanungsgruppe und der Klimaschutzbeauftragte David Neugebauer sind ebenfalls mit von der Partie.

Der Bahnhof ist ein guter Treffpunkt für die Planer am Ort und die wissenschaftlichen Theoretiker, die praxisbezogen denken und forschen wollen, um die Interessen von Radfahrern künftig noch stärker zu berücksichtigen. Von der Infrastrukturplanung über Mobilitätsmanagement bis zur fahrradfreundlichen Gesetzgebung. Daher auch die Förderung des Bundesministeriums, die sieben Hochschulen erhalten einen jährlichen Höchstbetrag von bis zu 400 000 Euro je Professur. Ihre Fahrt nach Berlin soll die Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf vielen Ebenen demonstrieren. Der Bahnhof ist ein guter Treffpunkt, weil er ein Abbild dessen ist, was sich in den vergangenen Jahren beim Radverkehr in Oberursel verändert hat.

Kristallisationspunkt Bahnhof

Die kleine Radtour mit Professor führt zu zentralen Punkten des Radverkehrs, etwa in die Zeppelinstraße mit dem Hot-Spot Gymnasium, wo man schön die Idee von Fahrradstraßen vermitteln kann, von dort zum gefährlichen Viadukt an den Drei Hasen, wo es kaum Möglichkeiten für Begegnungsverkehr gibt, und über die Homburger Landstraße und die Allee zurück zum Bahnhof, wo dereinst auch ein Radschnellweg Richtung Frankfurt vorbeiführen soll. Für das Bahnhofsumfeld hat Uli Molter Pläne mitgebracht, hier sei ein „Kristallisationspunkt“. Ein Punkt, wo der Umstieg von einem Verkehrsmittel aufs andere noch attraktiver gestaltet werden müsse, um Menschen aus dem Auto aufs Fahrrad oder in Bahn und Bus zu ziehen. Deshalb sei hier eine „Mobilitätsstation“ geplant.

Vergleicht man das heutige Bild vom Bahnhofsvorplatz mit dem vor zehn Jahren, also kurz vor dem Hessentag und der Fertigstellung des „neuen Bahnhofs“, dann hat sich viel getan. Es ist laut beim Fachgespräch, auf der einen Seite fahren Taunusbahn und S-Bahn in engem Takt vorbei, auf der anderen die U-Bahn, im Hintergrund Stadtbusse, die auch die Nachbarkommunen anbinden. Und die Zahl der abgestellten Fahrräder vor dem Bahnhof wächst von Jahr zu Jahr, schon mehrfach musste hier nachgerüstet worden. „Für uns ein Beleg, dass gute Infrastruktur Einstellung und Verhalten in Verkehrsfragen ändern kann“, so Verkehrsdezernent Christof Fink.

Das Oberurseler Filetstück können Professor Bruns und sein Team ein paar Meter entfernt erfahrend genießen. Und gedanklich mitnehmen für weitere Studien. Das kurze Stück vom Bahnhof entlang des Grünstreifens zwischen U-Bahn und Nassauer Straße bis zur Fußgängerampel in Höhe Zeppelinstraße. Knapp 200 Meter lang, sechs Meter breit, schön asphaltiert, ein Traum für Radfahrer. Sie werden ihn in die wissenschaftliche Welt tragen, die gesamte Radtour durch die Republik wird auf dem Instagram-Kanal „Radverkehr erfahren“ begleitet.

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