Der erste Stadtbus-Fahrgast Arno Menzel erinnert sich

Arno Menzel zeigt den Ordner seines eigenen umfangreichen Archivs, in dem er unter anderem alles zur ersten Stadtbusfahrt gesammelt hat.Foto: Semeras

Oberursel (ow). Sein Name stand im Stadträtsel zur ersten Stadtbusstrecke. Da klingelte in der Redaktion der Oberurseler Woche das Telefon. Eine frische Stimme sagte: „Guten Tag, ich bin Arno Menzel. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich heute noch in Oberursel lebe.“ Arno Menzel war 1954 der erste Fahrgast im nagelneuen Stadtbus. Wie es häufig so ist, war es reiner Zufall. Kürzlich ist Arno Menzel 84 Jahre alt geworden. Viel hat er in über acht Lebensjahrzehnten erlebt, viel hat er zu erzählen.

In den 50er-Jahren wollte der gelernte Schweißer und Schlosser beruflich weg aus Oberursel. Bei seinem damaligen Arbeitgeber sei er gemobbt worden. Er sei „der Kerl, der für alle blöden Arbeiten zuständig ist“, gewesen. Überdies war sein Stundenlohn von 50 Pfennig wesentlich geringer als der seiner Kollegen. „Ich war halt sehr jung“, erzählt Menzel. „Mit 17 hatte ich ausgelernt.“ Möglich war dies, da er die Ausbildung im Alter von 13 Jahren begonnen hatte. „Mein Vater war kriegsgeschädigt, ich habe ihn mitbetreut und musste versuchen, etwas aus der Situation zu machen.“

Als die Farbwerke Hoechst neue Mitarbeiter suchten und obendrein einen Stundenlohn von 1,80 Mark versprachen, sah Menzel seine Chance. Die Stelle war für ihn auch deshalb besonders attraktiv, da es damals eine Bahnlinie von Friedberg über Bad Homburg und Oberursel nach Höchst gab. Deswegen habe er sich auch für Höchst entschieden. Bedauerlicherweise wurde „kurz darauf die Verbindung eingestellt“.

Doch zuvor ereignete sich noch Folgendes: „An einem Morgen war ich verspätet die Kirchgasse herunter gelaufen“, schreibt Menzel in einem Artikelentwurf zum 60-jährigen Stadtbusjubiläum 2014. „ Wie ich durchs Rathaustor auf den Marktplatz komme, sehe ich den neuen Stadtbus heranfahren. ,Mensch’, denke ich, ,der kommt ja wie gerufen, der fährt ja zum Bahnhof.’“ Da habe er dem Bus gewunken und sei an der Haltstelle in Höhe des ehemaligen „Café Merein“ eingestiegen. Hier empfing ihn eine Dame, die ihm lächelnd einen Blumenstrauß überreichte und ihn dazu beglückwünschte, dass er der erste Fahrgast sei. „Was war ich sprachlos und verlegen“, schreibt Menzel in seinem Text. „Nach einer kleinen Ansprache konnte ich antworten und bat, den Blumenstrauß dem nächsten Fahrgast zu geben, da ich in Eile war und zur Arbeit musste.“

„Was will ich mit Blumen?“

Im Gespräch fällt diese Schilderung jedoch ehrlicher aus. „Da kamen die mit dem Blumenstrauß. Ich hab mich gefragt, was will ich denn mit nem Blumenstrauß“, schmunzelt Menzel. Das ihm ebenfalls überreichte Monatsfreiticket habe er zwar angenommen, aber kaum genutzt. Da die Direktverbindung nach Höchst eingestellt wurde und Menzel früher zur Arbeit aufbrechen musste.

Seine beruflichen Mühen zahlten sich aus, und schließlich war er sogar als Ingenieur tätig. Orschel ist er jedoch immer treu geblieben. Menzel ist seit 65 Jahren Mitglied im Karnevalverein Frohsinn und betätigt sich privat als Hobbyhistoriker im lokalen und regionalen Bereich. Die Stadtgeschichte ist ein Stück weit ja auch seine Geschichte.



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