Von Karl May bis Karl Marx

50 Jahre Flohmarkt: Jubiläumsstand mit Ortsprominenz aus der Gründerzeit in der Allee (v. l.): Christoph Müllerleile, Hans-Georg Brum, Daniel Köhler. Foto: js

Oberursel (js). 50 Jahre danach waren die jugendlichen älteren Herren mit genauso viel Spaß dabei wie einst im Herbst 1971 in der Holzweg-Passage. Damals, bei der Premiere des Oberurseler Flohmarkts, der über all die Jahre zu einem beliebten Fixpunkt des samstäglichen Morgenlebens einmal im Monat geworden ist, waren sie jung, steckten wie heute voller Ideen und beschlossen, dass irgendwie Geld in die Kasse des Jugendrings kommen musste, um all die Ideen für Veranstaltungen zu finanzieren. Christoph Müllerleile, in Schule, Kirche und Jugendpolitik mit harter Tendenz zur CDU engagiert, ist als damaliger Vorsitzender des Jugendrings sozusagen der Urvater der Flohmärkte. Der gerade aus dem Bürgermeisteramt in den Ruhestand verabschiedete, etwas jüngere und schon damals rot angehauchte Hans-Georg Brum übernahm später den Jugendringvorsitz und organisierte den Flohmarkt.

Am Samstag, 50 Jahre danach, standen die Herren Müllerleile und Brum als schwarz-rote Koalition wieder gemeinsam als Verkäufer hinter dem reich gedeckten Tapeziertisch, ihre Freundschaft hat das manchmal unterschiedliche politische Weltbild nicht getrübt. Das Flohmarkt-Ambiente und der strahlende Herbstmorgen bescherten auch den Besuchern am Jubiläumsstand herrliche Zeitsprung-Erinnerungen. Angeregt auch durch die Auslagen, etwa die Sammlung kleiner Apfelwein-Bembelchen der jeweiligen Brunnenkönigin mit original unterschriebener Autogrammkarte. Oder die alten Karl May-Bände im klassischen Einband der 60er-Jahre, was gibt es da für Geschichten zu erzählen. Und abenteuerliche Verknüpfungen zu konstruieren, etwa die von Karl May zu Karl Marx, als bekannt wird, dass der im heutigen Magistrat „Die Linke“ vertretende „Andy“ Andernacht die alten Schinken von Cowboys und Indianern, Winnetou und Old Shatterhand zum Jubiläumsverkauf beigetragen hat. Andernacht war natürlich auch da in der Adenauerallee.

Von wegen Ausschlafen in der Nachbürgermeisterzeit, alle Gäste beim Abschied von Hans-Georg Brum zwei Tage zuvor hatten dem Arbeitstier dies gewünscht. Um halb sieben im herbstlichen Morgendunkel hatte Müllerleile den Jugendfreund zum Aufbau des Standes einbestellt, Flohmarkt ist ein Morgengeschäft. Später trudelten die neue Bürgermeisterin Antje Runge und vom Magistrat Monika Banzer und Daniel Köhler als Verkaufshilfen bei der Flohmarktsache ein, es war ein Kommen und Gehen am Jubiläumsstand. Verkaufsschlager waren auch die gesammelten Bürgermeister-Krawatten von Hans-Georg Brum mit hohem Sammlerwert, auf Wunsch mit Signatur des „HGB a.D.“, mit oder ohne Autogramm für einen Euro das Stück. Der Erlös der Verkaufsaktion soll der Unterstützung des neuen Altstadt-Kommunikationszentrums im Haus Alberti in der Strackgasse dienen.



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