Spielende Wortkünstler und weltreisende Diabolo-Königin

Lena Köhn erhellt die Show mit leuchtenden Diabolos.Fotos: Herzog/Kunstgriff

Oberursel (ow). Die Diabolo-Queen war am Wochenende bei „Viva Varieté“ im Einsatz, also war es für sie kein Problem, bereits am Mittwoch aus Berlin anzureisen und sich am Abend bei „Artistik und Plaudereien“ mit Moderator Kai Ahnung zu unterhalten. Auch der famose Wortakrobat Markus Jeroch hatte am Mittwoch vergangener Woche Zeit auf das rote Sofa zu kommen, musste er doch erst am nächsten Tag im Tigerpalast in Frankfurt als Moderator ins Rampenlicht treten.

So präsentierte der Kunstgriff bei seinem „Kleiner Mittwoch“ erneut zwei Top-Künstler – und nachdem Lena Köhn im recht flachen (und für diese Nummer extra abgedunkelten Saal des Kulturcafés) mit drei leuchtenden Diabolos den Saal erleuchtet hatte, wussten die Zuschauer endgültig, warum sie trotz Eis und Schnee zur der Veranstaltung gekommen waren. Sie hatten Kleinkunst ganz groß erlebt und dabei in den Gesprächen von Ahnung mit Köhn und Jeroch viel über das Leben der Künstler erfahren.

Den Auftakt hatte Jeroch mit einem fehlenden Buchstaben gemacht. Zuerst fehlte das „d“. „Sprechen wir‘ in ‘iesem Fall an’ers“, sagte er und machte das an der „Sprache als ein Gebäu’e“ deutlich. Konnte das Publikum bei einem fehlenden Buchstaben noch folgen, wurde das, als schließlich fünf Buchstaben gestrichen waren, nahezu unmöglich – und Jeroch leistete sich nicht einen Versprecher. Ein sensationelles Wort-Ku‘‘elmu‘‘el.

Eigentlich wollte Jeroch Straßenjongleur werden, verriet er Ahnung. Vor 1990 ließ er sich an der Etage in Berlin ausbilden, sammelte Erfahrung beim Rockzirkus Gosh und wurde Mitbegründer der Scheinbar in Berlin. Der Gewinn eines Jonglier-Preises überzeugte ihn von einer Künstler-Karriere. Heute ist er froh, dass er nicht mehr so viel jonglieren muss. Die sind „alle so gut geworden“, erkennt er an. Er selbst konzentrierte sich schon nach wenigen Jahren auf sprachartistische Arbeit. Mit drei Zigarrenkisten, die er „jonglierte“ brachte er einst einen Text von Ernst Jandl auf die Bühne. Heute gehören viele Jandl-Texte zu seinem Repertoire. Jeroch selbst schreibt nicht. Die Autorenrolle übernimmt seit vielen Jahren ein Freund, der Dichter Friedhelm Kändler.

Im September will Jeroch mit einem neuen Projekt auftreten. „Wenn es klappt, spiele ich das.“ Und wenn es nicht klappt, kann er sich ja den Brettspielen widmen, die er in der Freizeit gerne spielt; zum Beispiel Arkham Horror oder Spirit Island. Oder er trainiert, wie er als Churchill im Theater akrobatisch „durch“ den Stuhl Platz nimmt.

Zum Jonglier-Genre „Flow Arts“ gehört das faszinierende Spiel mit fünf scheinbar schwerelosen Kristallkugeln, das Köhn in ihrem glitzernden Kleid zeigte. Das Kleid hatte sie aus den Swarowski Welten in Österreich mitgebracht, wo sie die Kristallkugelnummer erstmals auf die Bühne gebracht hatte.

Bereits mit 17 gehörte Köhn, damals noch als Schülerin, zu den besten Diabolos jonglierenden Menschen in Europa. Diabolo sei bis zur Jahrtausendwende eher eine Nischendisziplin gewesen, erzählt sie, die nie etwas von sexualisierten Zirkusshows gehalten habe und deshalb froh gewesen sei, als sie über eine französische Kompagnie den „modernen Zirkus“ entdeckte. Sie selbst gehört heute weltweit zu den besten Diabolo-Künstlern. Entsprechend ist sie auf der ganzen Welt unterwegs, wo sie, Sternzeichen Zwilling, ihr schon großes Netzwerk weiter ausbauen konnte und kann. Chile, Indien, China und Südafrika zählt sie im Gespräch mit Ahnung auf. Ihre nächste Station: im Februar ein großes Kreuzfahrtschiff, das zwischen Australien und Neuseeland unterwegs ist.

Die nächste Station beim Kleinen Mittwoch des Kunstgriff: die Lesebühne am Mittwoch, 21. Februar, zu der sich Uli Höhmann und Jan König die Slamer Andrea Maria Fahrenkampf und Paul Bukowski eingeladen haben. „Artistik und Plaudereien“ wird das nächste Mal im Café Portstraße präsentiert. Dann hat Ahnung Artisten zu Gast, die für ihre Vorführungen mehr lichten Raum benötigen, als er über der Bühne im Kulturcafé zur Verfügung steht.

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