Desaster für die Kasse und Albtraum für den Kinderspaß

Für den kleinen Weihnachtshund Hubsi heißt es jetzt: Ab in die Kiste, Augen zu und durch... Für Otto Mayr, Schauspieler und Gründer der Kasperl Kompanie, heißt die Zwangspause wegen der Corona-Pandemie vor allem eines: Er vermisst sein geniales Theaterpublikum – die Kinder.  Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). Ein kleiner Hund, der mit Fußtritten von seinem Herrchen verstoßen wird und durch die Wälder irrt, um einen warmen Schlafplatz zu finden. Ein barmherziger Kasperl, der das erschöpfte Tierchen auf den Waldboden findet und mit zu seiner Großmutter nimmt, wo der Christbaum schon geschmückt ist, ein kuscheliges Körbchen am warmen Ofen bereitsteht und wo Kasperl dem Hündchen seinen größten Weihnachtswunsch erfüllt: Alle Tiere, die kein Zuhause haben, dürfen mit Kasperl, Seppel und der Großmutter Weihnachten feiern.

Angelehnt an die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2,1 in der Bibel, hatte der Schauspieler Otto Mayr von der Kasperl Kompanie Bad Homburg in den vergangenen Monaten sein neues Stück „Kasperl feiert Weihnachten oder Hubsi, der kleine Weihnachtshund“ geschrieben. Doch die von Oberbürgermeister Alexander Hetjes und Kurdirektor Holger Reuter unterstützte Aufführung im Bauernhof Leister in Gonzenheim im Dezember ist nun wegen der Corona-Pandemie doch abgesagt worden. „Nichts läuft mehr“, sagt Otto Mayr, dessen Kasperl Kompanie 2021 ihr zehnjähriges Bestehen feiert und normalerweise 30 bis 50 Auftritte im Jahr für die Kinder in und um Bad Homburg herum gestaltet.

Hatten Otto Mayr und seine Tochter Katarina D’Antoni, die zweite Kraft hinter der Kasperl Kompanie, auch ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept für die Theateraufführungen an verschiedensten Orten mit stark reduzierten Zuschauerzahlen ersonnen, so hatte es seit dem 13. März fast nur Absagen von Veranstaltern gegeben. „Wir hatten seitdem nur fünf Auftritte, neben dem finanziellen Desaster für die Kasperlkasse ist es vor allem ein Albtraum für den Bildungsauftrag und den Kinderspaß, für den wir uns mit unserem Theaterspiel einsetzen“, klagt der 75-Jährige. Im ersten Lockdown hatte Otto Mayr, der normalerweise auch für die Kleine Oper Bad Homburg auftritt, seine Kasperlbühne renoviert, Puppen genäht, alte Texte angeschaut und den Theaterbetrieb überprüft. Dass er mit seinem Kasperl-Konzept „Bildung durch Unterhaltung“ für Kinder von drei bis sechs Jahren richtig liegt, haben unzählige fröhlich leuchtende Kinderaugen ihm im vergangenen Jahrzehnt bewiesen. „Im Kasperltheater treten die einzelnen Puppencharaktere als Facetten einer Person auf. Hier gibt es eine klare Trennung von Gut und Böse, die Charaktere bleiben sich treu. Durch das ständige Einbeziehen der Kinder ins Spiel, bei dem sie dem Kasperl helfen, eine Situation durchzustehen, entsteht in ihnen Selbstsicherheit und Handlungsbereitschaft“, so Otto Mayr. Dem entgegen stünde das, was Kinder jetzt in der Corona-Zeit erlebten: „Für sie ist es schlimm, wenn jetzt sogar ihre Freundschaften eingeschränkt werden.“

Dem aus Bayern stammenden Schauspieler und Sänger, der seit Jahrzehnten in der Kurstadt lebt und 1990 die Kleine Oper Bad Homburg gegründet hatte, ist das Kasperltheater eine Herzensangelegenheit. „Mit der Idee zur Kasperl Kompanie hat er Freude und Frische in unsere Familie gebracht, wenn auch das Hobby nach kurzer Zeit aus dem Ruder gelaufen ist“, lacht Mayrs Frau Heidrun Kühnl. Für den „semiprofessionellen Perfektionisten“, wie Otto Mayr sich selbst nennt, ist es deshalb zur Zeit schwer, seine Pläne auf Eis liegen zu sehen. 16 selbsterdachte Kasperlstücke hat er in petto, seit März treibt der Kasperl mit seinen Mitstreitern keinen Schabernack mehr an den vielen Orten in der Stadt: in den Kindergärten, dem Louis-Saal im Schloss, der Villa Wertheimber – und selbst unter freiem Himmel im Kur- und Schlosspark, den Landgräflichen Gärten oder auf dem Bauernhof geht gerade nichts mehr. Hinzu kommt, dass Tochter Katarina D’Antoni aus privaten Gründen nun aus der Kasperl Kompanie aussteigt und der Ersatzspieler, ein Freund Otto Mayrs aus Studienzeiten, wegen Corona-Gefährdung derzeit nicht mittun kann. Das Stück „Hubsi, der kleine Weihnachtshund“ hatte Otto Mayr deshalb schon als Einmann-Stück umkonzipiert. Nun muss auch diese Aufführung warten. „Ich vermisse vor allem mein geniales jüngstes Theaterpublikum – die Kinder.“



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