Ortsprominenz auf dünnem Eis

Ordentlich in die Pedale tritt Michael Velten (l.), Vize-Vorsitzender der CDU-Stadtverordnetenfraktion, und geht gegen Kurdirektor Holger Reuter bei der Icebyk-Challenge in Führung.

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Der „Bad Homburger Eiswinter“ ist vorbei, das erste kleine Jubiläum mit der fünften Auflage erreicht. Und das Ziel, einen winterlichen Anziehungspunkt im Kurpark zu schaffen, ebenfalls. Kur und Stadt melden zum aufregenden Finale einen erneuten Besucherrekord.

Ordnung muss sein. Immer schön im Gegenuhrzeigersinn. Immer links herum, wie überall auf öffentlichen Eisbahnen, das funktioniert auch beim Kreiseln um die Heilquelle des alten Kaiserbrunnens fast perfekt. Weil sich die meisten Kufenflitzer an die Spielregeln halten, wenn nicht mal kurzfristig jugendliches Testosteron übersprüht beim heißen Flirt auf kaltem Eis. Contenance allenthalben, das passt zum historischen Winterambiente zwischen Kaiser-Wilhelms-Bad und Spielbank im Kurpark zu Bad Homburg.

Nach Winter und Eiszeit fühlt es sich bei Plusgraden im Nieselregen auch am letzten Wochenende des „Eiswinters“ noch nicht an. Macht nichts, die nötigen Accessoires werden ja geboten, die Winterillusion kommt auf dem etwa 500-Quadratmeter-Areal aus beleuchtetem und manchmal auch glänzendem Kunst-eis so romantisch wie versprochen daher. Das Licht der Scheinwerfer wechselt smart die Farben, nur die mächtigen Bäume, die sonst ihre Äste Richtung Kaiserbrunnen recken, werden nur rot angestrahlt. Es geht ruhig zu am frühen Abend im leichten Niesel, immer links herum, damit man sich beim Kreiseln nicht in die Quere kommt. Die Mädels mit dem Smartphone in der einen Hand und den Jungs im anderen Auge, jene natürlich cooler, mit Imponiergehabe und mit kratzenden Kufen. Die Kinderstunde ist fast schon vorbei, die blauen und roten Rentiere zum Schieben warten im Stapel, auch die Seelöwen als Hilfsmittel für die erste Generation auf dem Eis sind kaum gefragt.

Spenden ins Klinik-Schweinchen

Ordnung muss sein? Nun ja, nicht immer. Beim „Großen Eiswinter-Finale mit Benefiz-Icebyk-Challenge“ durfte es auch mal andersherum im Uhrzeigersinn gehen. Für bessere Fotos ohne Scheinwerfer-Gegenlicht. Immer also rechts herum. Geht der Oberbürgermeister auch aufs Eis? Eine Frage, die am letzten Laufabend am Rande bewegt, aber schnell beantwortet ist. Wenn die Ortsprominenz aus Politik und Wirtschaft ihr Können auf dem Eis unter Beweis stellt, muss und will der OB dabei sein. In vorderster Front, gleich im ersten Rennen. Es geht darum, möglichst schnelle Runden um den Kaiserbrunnen zu fahren, auf einem Gefährt, das vorne Fahrrad ist und hinten zwei Schlittschuhkufen hat. Der Förderverein Kinderklinik Bad Homburg hat dazu eingeladen. Eigentlich sollten die Zuschauer ein hübsches Sümmchen auf ihren persönlichen Favoriten setzen und damit den Förderverein finanziell unterstützen. Weil das Projekt Kinderklinik aber in der Landeshauptstadt immer noch mit Samthandschuhen angefasst wird und noch keine endgültige Entscheidung auf dem Tisch liegt, fiel die Wette unters Eis, es wurde lediglich um Spenden in das Klinik-Schweinchen gebeten.

„Alles Gute zum 5. Geburtstag“, in der Einladung zum „Bad Homburger Eiswinter“ haben sich Stadt und Kur schon mal selbst beglückwünscht zu ihrer Idee der Wiederbelebung alter Winterfreuden im Kurpark. Das lassen sie sich was kosten, der Werbefaktor ist immens und der Spaßfaktor hoch. In der Vorweihnachtszeit lässt sich Eislaufen mit dem Besuch des schnuckeligen Weihnachtsmarktes im Landgrafenschlosshof kombinieren. Auf dem Weg hinunter in den Kurpark Zwischenstation im „Almstadl“ vor dem Kurhaus, das war für viele eine gelungene Winter-Kombination. Das Konzept kommt an, die Besucherzahlen steigen auch ohne Winter im Kurpark. Auf der Eisbahn wurden schon vor dem Jahreswechsel mehr als 13 000 Gäste gezählt, am Ende waren es ungefähr 3500 mehr als im vergangenen Jahr, was wiederum der Kurdirektor „großartig“ findet. „Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden, das Wetter hat in diesem Jahr gut mitgespielt“, sagt OB Hetjes. Und der Kurdirektor freut sich, dass sich das Projekt inzwischen fast selbst trägt. Trotz eines Kostenvolumens von rund 150 000 Euro werde am Ende dank der Einnahmen und der Unterstützung von Sponsoren nur ein Zuschuss in Höhe von etwa 10 000 Euro stehen, so Holger Reuter. Einem „6. Eiswinter“ stehe nichts entgegen.

Auch so ein Eisflitzer der Kurdirektor, der die Bahn von seinem Arbeitsplatz im Kaiser-Wilhelms-Bad aus täglich im Blick hat. Klarer Sieg gegen den Vize-Vorsitzenden der CDU-Stadtverordnetenfraktion, Michael Velten, im Vorlauf über drei Runden. Die SPD hatte mit Tobias Ottaviani, Jacob Donath und Beate Denfeld gleich drei Cracks aufs Eis geschickt, für den Förderverein Kinderklinik waren die Vorsitzende Yvonne Velten und ihre Vorstandskollegin Britta Markloff am Start. Aber nur einer zeigte allen stets von Anfang an die Rücklichter und versprühte aufstäubendes Eis: Die Fönwelle sitzt auch nach dem dritten Rennen noch, erster Icebyk-König ist Alexander Hetjes, auch der Kurdirektor kann das im Finale nicht verhindern.

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