Tauben im Park vergiften – aber bitte im Walzertakt

Die Sängerinnen Annette Fischer und Ingrid El Sigai mit Stanislav Rosenberg am Piano (v. r.) begeistern beim Benefizkonzert des Lions Clubs Kaiserin Friedrich mit ihrer Kreisler-Hommage das Publikum. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Die Sängerinnen Annette Fischer und Ingrid El Sigai, unterstützt von Stanislav Rosenberg am Flügel, sind dem Geist und der musikalische Vielfalt von Georg Kreisler gut gerecht geworden. Ihm und seinen aufmüpfigen, satirisch-bittersüßen Songs war die Hommage gewidmet, mit der der Lions Club Bad Homburg Kaiserin Friedrich seine Benefizveranstaltung für die Kinderschutzambulanz des Uniklinikums Frankfurt verbunden hatte.

Diese Initiative kümmert sich um missbrauchte, misshandelte und vernachlässigte Kinder, und die engagierten medizinischen Helfer seien oft „bis an die Grenze der eigenen Kräfte dort im Einsatz, wo andere wegschauen“, wie es Dr. Marco Baz Bartels formulierte. Dieser Zweck des Konzerts hätte dem anarchischen Melancholiker Georg Kreisler gefallen, auch wenn er Zweifel hatte, dass er und seine Lieder etwa bewirken können: „Ich singe Lieder in die blauwattierte Ferne/Ich hänge Klagen an die pausenlose Zeit/Und ich lerne/Nur das Lied bleibt und die Hoffnungslosigkeit“. Immerhin, er hatte Recht. Seine Lieder sind geblieben, und die Hoffnungslosigkeit muss man nicht zulassen.

Die Songs haben in der Interpretation der beiden Sängerinnen nachdenklich gestimmt und begeistert. Viele davon sind bekannt und zu Evergreens geworden. Nicht zuletzt die Kreisler-Verehrer in der Englischen Kirche haben sich gefreut, sie wieder einmal so engagiert und temperamentvoll vorgetragen zu hören. Die beiden Damen von der Kammeroper Frankfurt waren sehr wandlungsfähig, und von der biederen Hausfrau bis zum Vamp war alles drin. Pianist Stanislav Rosenberg überraschte und beeindruckte mit dem Song vom Telefonbuch mit all den unaussprechlichen Namen aus den östlichen Teilen der alten K.-u.-k.-Monarchie, in denen die Vokale verschluckt werden und nur ein unaussprechliches „Schnurren“ übrig bleibt. Georg Kreisler hat es verstanden, gut zu dosieren und dem Publikum nach dem Bitteren auch etwas Süßes zu gönnen. Die Akteure sind bei der Zusammenstellung ihres Programms dieser „Linie“ gefolgt. Wenn die Tauben im Park schon vergiftet werden sollen, dann aber bitte im Walzertakt! Dieser beliebte Evergreen wurde sogar ein zweites Mal als Zugabe eines Konzerts gesungen, das die Zuhörer im gut besetzten Kulturzentrum mit viel Beifall aufgenommen haben.

Georg Kreisler war in einer innigen Hassliebe mit seiner Vaterstadt Wien verbunden, die die jüdische Familie 1938 in Richtung USA verlassen musste. Er wurde amerikanischer Staatsbürger und wollte später auf keinen Fall als „Österreicher“ bezeichnet werden. Die Stadt Bad Homburg hatte ihn 2010 mit dem Hölderlinpreis geehrt. Danach war der Künstler zusammen mit seiner Partnerin noch einmal in der Orangerie umjubelt worden. Der geistreiche Dichter, Sänger, Komponist und großartige Wortakrobat ist 2011 im Alter von 89 Jahren gestorben.

Oberbürgermeister Alexander Hetjes hatte die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen und die Gäste begrüßt, die danach auch von Präsidentin Ariane Schäfer vom Lions Club herzlich willkommen geheißen wurden.



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