Volksbühne bringt den stacheligen Kaktus zum Blühen

Der Kaktus hat eine zarte rosa Blüte bekommen, und der Doktor (Armin Hauser) und Toni (Corinna Scheer) haben sich endlich gefunden. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Das war wieder eine rundum gelungene Aufführung der Volksbühne, die sich im Kurtheater der erfolgreichen Komödie „Die Kaktusblüte“ angenommen hatte. Sie ist auch verfilmt worden, und an diese Vorlage hat sich die Regie gehalten. Alle Rollen waren gut und „richtig“ besetzt, und Volksbühnenchef Rainer Maria Ehrhardt hat einmal mehr bewiesen, welch ein guter und einfühlsamer Regisseur er ist. Es war beeindruckend, wie geschickt er die technischen Möglichkeiten der Bühne genutzt hat. Angefangen beim beweglichen vorderen Teil, der hochgefahren, zum „Lokal“ wurde, bis zu „Buchhandlung“, die wie durch Zauberhand herabschwebte. Das spielfreudige Ensemble hat die „Kaktusblüte“ gemeinsam und engagiert zum Blühen gebracht und bei der Vorstellung am Sonntagnachmittag vom ersten Moment an für Heiterkeit und Gelächter im voll besetzten Kurhaus gesorgt.

Dr. Julian Winston (überzeugend Armin Hauser) ist ein umschwärmter Zahnarzt, der sein Singledasein eisern verteidigt. Sein Trick: Er behauptet den Damen gegenüber, dass er verheiratet und Vater von drei Kindern sei. Das hat bisher auch gut geklappt. Wenn seine neue Flamme Antonia (Susann Flade) nicht wäre. Er hat sich Hals über Kopf in die junge Frau verliebt und ist sogar bereit, endlich zu heiraten. Doch Toni hat ihre eigene Moral und besteht darauf, die Ehefrau des Doktors kennenzulernen und sich von ihr bestätigen zu lassen, dass auch sie die Scheidung will. Nun ist guter Rat teuer, und dem Doktor bleibt nicht anderes übrig, als seine langjährige Sprechstundenhilfe Stefanie (Corinna Scheer) und seinen Freund Harvey (Jens Müller-Langenhans) zu bitten, ihm aus der Patsche zu helfen.

Im Cocktailkleid

Stefanie ist eine eher unscheinbare, treue Seele, „so stur und so stachelig wie der Kaktus an ihrem Arbeitsplatz“, wie der Doktor meint. Dass sie ihn heimlich liebt, hat der Chef nicht mitbekommen. Stefanie und Freund Harvey willigen in das Spiel ein, Stefanie nun im schicken Cocktailkleid wie verwandelt, mit Freund Harvey als „Lebensgefährten“ an ihrer Seite. Ihm hat der Doktor Geld gegeben hat, damit er Stefanie ausführen kann. Das war wieder einmal die richtige Rolle für Jens Müller-Langerhans, der sein komödiantisches Repertoire gut ausschöpfen konnte. Dass dieser „Tausch“ nicht ohne Probleme und Eifersüchteleien vonstatten gehen kann, liegt auf der Hand, zumal auch Igor, ein angehender junger Schriftsteller und Verehrer von Toni (flott George Lavie Bohème) mitmischt. Stefanie hat die Nasse voll, und am Ende ist auch der Doktor ernüchtert und um die Erkenntnis reicher, dass Toni doch nicht die richtige Frau fürs Leben ist. Er hatte ihr die Heiratslüge gebeichtet, und sich damit ihren Zorn zugezogen. Aber auch Stefanie hat mit Senior Sanchez (glaubwürdig mit spanischem Akzent Bodo Henkel) einen Verehrer, der ebenfalls verheiratet ist und seine Frau herbeiwünscht, als Stefanie heftig mit Igor flirtet und sich von ihm auf den Hals küssen lässt.

Pfiffiges Bühnenbild

Die Verwicklungen und Verwirrungen lösen sich in Wohlgefallen auf. Der stachelige Kaktus ist erblüht, und der Doktor und Stefanie haben sich endlich gefunden. Es gab anhaltenden Beifall für diese rundum gelungene Aufführung mit ihrem pfiffigen, mehrteiligen Bühnenbild und überzeugendem Ensemble.

Es ist fraglich, ob diese preiswerten Sonntagsvorstellungen für Senioren weiterhin so gut besucht werden, wenn die Preise im nächsten Jahr an die der Abo-Vorstellungen angepasst werden müssen. Dort gibt es Probleme, den Saal zu füllen, und auch die Volksbühne muss die Finanzen im Auge behalten. Ob sich tatsächlich viele Senioren bereit finden, den Sondertarif zu nutzen und zu beantragen? Man würde der Volksbühne wünschen, dass sie mehr Unterstützung und Förderung erfährt, als das bisher der Fall ist. Seit über 90 Jahren sorgten und sorgen engagierte Amateure, darunter viele Homburger Bürger, ehrenamtlich und engagiert für Unterhaltung auf einem guten Niveau, und eine solche langjährige Initiative sollte der Stadt eine angemessene Unterstützung Wert sein. Hier wären auch Förderer gefragt, die über die Katharina Hardt Stiftung hinaus bereit sind, dieses bewährte Engagement mitzutragen. Es ist nicht so „spektakulär“ und „prestigeträchtig“ wie andere Projekte, dafür aber ein kleines lokales Juwel, das als eines der ältesten Amateurtheater seinen Glanz behalten sollte.



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