Bürgerinitiative fordert lokale Lösungen für den Klimaschutz

Bad Soden (bs) – Bereits Ende Februar hatten die aktiven Mitstreiter*innen der Bürgerinitiative Klimabewusstes Bad Soden zu einer spannenden Podiumsdiskussion eingeladen und mit diesem Konzept offenbar den Nerv der Bad Sodener Bürger*innen getroffen. Nicht weniger als 114 Teilnehmer*innen waren bei der Podiumsdiskussion mit den Parteien dabei, was die Wichtigkeit dieses Themas für die Bevölkerung, aber auch für den zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Wahlkampf, deutlich machte. Eines der Hauptziele der Bürgerinitiative ist es, dass Bad Soden bis zum Ende des Jahres 2021 zur Klima-Kommune erklärt werden kann – ein ambitioniertes Ziel, dem sich die jungen Mitbürger, die die Initiative im Herbst letzten Jahres neu gegründet hatten, mit viel Engagement stellen.

Im Rahmen der Online-Podiumsdiskussion hatten sich fünf Diskussionsteilnehmer*innen der Parteien der Diskussion mit Bürger*innen gestellt und sich dafür von den Initiatoren ein großes Lob für die konstruktive Diskussion verdient. Das wichtigste Ergebnis schon mal vorweg: ALLE Parteien befürworten den Beitritt Bad Sodens zu den Klima-Kommunen – manche jedoch unter dem Vorbehalt der finanziellen Prüfung und der Vorstellung im Bauausschuss.

Eröffnet wurde die Podiumsdiskussion von Vereinsmitglied Anna Bauerfeind, die eindringlich darauf hinwies, dass der Klimawandel auch an Bad Soden nicht spurlos vorbeigehe – Starkregenereignisse wie im August 2020, die bisher vierte Generationen Borkenkäfer (in diesem Jahr) und die noch immer vorherrschende Trockenheit setzten dem Wald enorm zu und strapazierten ihn weiterhin über Gebühr. Aus nationaler Sicht könne hier wenig Einfluss genommen werden, umso mehr jedoch auf kommunaler Ebene. Durch lokale Projekte, deren Umsetzung vor Ort und die Ausschöpfung vorhandenen Potentials könne sehr viel mehr erreicht werden. Geführt wurde die Podiumsdiskussion im Anschluss von Dominik Buhl, der das Wort direkt an die Vertreter der politischen Parteien weitergab. Auf dem Podium vertreten waren Birgit Czinkota (CDU), Jörg Ellminger (Grüne), Jan Willemsen (SPD), Sven Hahnel (FDP) und Julia Kappel-Gnirs (BSB). Die „hochkarätige“ Besetzung der Diskussionsteilnehmer ließ von Beginn an darauf schließen, wie wichtig den Parteien das Thema „Klimaschutz“ ist.

Konkrete Projekte angemahnt

Auf die Frage, was denn die jeweiligen Parteien konkret in Bad Soden gegen den Klimawandel leisten wollten, antwortete Birgit Czinkota (CDU), dass die Stadt bereits Einiges in Angriff genommen habe, z.B. den Wechsel auf Ökostrom in 2020, PV-Anlagen auf dem Parkhausdach sowie E-Fahrzeuge und E-Bikes für die Stadtverwaltung. Darüber hinaus orientiere man sich an ähnlichen Standards, wie sie ein Klimakonzept aufzeigen würde. Jörg Ellminger von den GRÜNEN monierte, seine Fraktion hätte in den letzten Jahren zahlreiche Anträge gestellt, es hätte jedoch der politische Wille gefehlt, Klimaschutz wirklich umzusetzen. Er nannte als Kernthemen die Forderung nach PV-Anlagen und Ladesäulen. Darüber hinaus stehe er für ein Klimaschutzkonzept und einen Klimaschutzbeauftragten. Jan Willemsen (SPD) bestätigte, dass seine Partei das Thema „Nachhaltigkeit“ für die nächste Wahlperiode zum Schwerpunktthema gemacht habe. Weitere Themen seien klimaneutrale Energieversorgung, klimaschonende Technologien, Verkehrsreduzierung und eine fahrradfreundliche Stadt. Sven Hahnel (FDP) merkte an, dass seine Partei für die stärkere Verwendung klimafreundlicher Technologien werbe, anstelle auf Verbote zu setzen. Die Stadt könne hier als Vorbild vorangehen, z.B. bei der E-Mobility und PV-Anlagen. Er verwies auch auf die Verantwortung jedes Einzelnen für klimaschonendes Verhalten. Julia Kappel-Gnirs (BSB) gab zu bedenken, dass der menschengemachte Klimawandel „im Hauptproblem“ auch auf die größere Anzahl an Menschen zurückzuführen sei. Auch Bad Soden sei enorm gewachsen, und die Bewahrung des Grüns gegen weitere Versiegelung und Bebauung seien das wichtigste Thema für ihre Partei in Bezug auf Klimaschutz.

Klimaschutzbeauftragter umstritten

Auf die Frage, ob und, wenn ja, wie die Stadtverwaltung als Vorbild vorangehen könne, antwortete Jörg Ellminger, dass die Stadt eine „absolut bedeutende Rolle“ habe. Er nannte u.a. die Ernennung eines Klimaschutzbeauftragten als wichtigen Ansatzpunkt, wobei ihm Jan Willemsen nur beipflichten konnte, da es jemanden brauche, „der sich um das Thema kümmert“, aber auch der städtische Fuhrpark müsse schneller umgestellt werden. Auch Sven Hahnel (FDP) pflichtete bei, da die neu zu schaffende Stelle eines Klimaschutzbeauftragten wirklich sinnvoll sei, weil die Verwaltung bereits stark ausgelastet sei. Außerdem plädiert er für die Zusammenlegung der Verwaltung an einem Verwaltungsstandort. Julia Kappel-Gnirs (BSB) verwies ebenfalls auf die „dünne Personaldecke“, sprach sich jedoch gegen die Notwenigkeit einer weiteren Stelle aus. Sie vertrat das Konzept, das Thema Klimaschutz „allgemein zu integrieren“. Auch Birgit Czinkota (CDU) plädierte dafür, das Thema generell in der Verwaltung zu verankern. Einer weiteren Stelle bedürfe es dafür aus ihrer Sicht nicht. Eher sehe sie die Stadt in einer Gesamtverantwortung von Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung.

Einbindung der Vereine und Unternehmen

Auf die Frage, wie alle Bürger*innen sowie Vereine, Institutionen und Unternehmen mit eingebunden werden könnten, schlug Sven Hahnel (FDP) vor, Ideenwettbewerbe für klimaschonendes Handeln, einen CO2-Spar- Wettbewerb und das Stadtradeln zu fördern. Julia Kappel-Gnirs (BSB) wünschte sich, die Bürger, Vereine und Schulen mehr „mitzunehmen“, z.B. beim Wald- und Insektenschutz. Birgit Czinkota (CDU) wies darauf hin, dass die Stadt im Bereich E-Mobilität bereits Einiges initiiert habe – sei es das Testen von E-Bikes und oder die Erstellung eines Mobilitätskonzeptes. Jörg Ellminger lobte das von CDU und SPD initiierte Konzept ebenfalls, mahnte aber auch die Umsetzung an - Initiativen wie Stadtradeln und Mehrwegbecher seien auf Anträge der Grünen zurückzuführen. Jan Willemsen (SPD) ergänzte, dass bei der Ansiedlung neuer Unternehmen auf deren Klimafreundlichkeit geachtet werden müsse.

Augenmerk auf aktuelle Bauvorhaben

Im weiteren Verlauf der Diskussion ging es um die Umsetzung des Klimaschutzes bei aktuellen Bauvorhaben, ein besonderes Augenmerk lag hier auf den Baugebieten Sinai II und III. Hier sei, so Birgit Czingota, eine Plus-Energie-Siedlung geplant, die teilweise autofrei gestaltet werden solle. Willemsen möchte es verhindert wissen, dass der Investor „das letzte aus dem Gebiet“ heraushole. Sven Hahnel hatte die Kosten – vor allem für die Mieter – im Kopf und möchte verhindern, dass nur noch wohlhabende Bürger*innen Wohnraum in Bad Soden finden. Die Verantwortlichen müssten bei dieser Frage „hart“ bleiben und dürften nicht vor Investoren „einknicken“, merkte Ellminger an. Der BSB lehne, so Kappel-Gnirs, das Bauvorhaben auf dem Sinaigelände gänzlich ab.

Verkehrsplanung überdenken

Beim Thema Verkehr waren sich die Teilnehmer einig, dass mit dem bereits angestoßenen Mobilitätskonzept ein guter Anfang gemacht sei. Zwar fehle eine gute Beschilderung des Parkhauses (Kappel-Gnirs), diese sei aber bereits beauftragt (Czingota). Darüber hinaus ruhten große Hoffnungen auf dem Ausbau des Personennahverkehrs, wobei die Regionaltangente West eine große Rolle spiele. Eine bessere Taktung würde sicher mehr Menschen den ÖPNV nutzen lassen, allerdings liege die Entscheidungsgewalt bei dieser Frage nicht bei der Stadt, so Kappel-Gnirs. Auch der Ausbau des Radwegenetzes sei ein wichtiger Baustein zur Vermeidung von städtischem Autoverkehr. Sven Hähnel setzt auf mobile Daten und hätte gerne eine Parkleit-App fürs Mobiltelefon. Ellminger forderte, den verkehrspolitischen Fokus auf die Fußgänger und Radfahrer zu legen. Ein noch immer fehlender Fahrradstreifen wäre schon ein großer Schritt, führte der SPD-Mann an.

Wald- und Hochwasserschutz

Das Starkregenereignis aus dem letzten Jahr frisch vor Augen, fragte Moderator Dominik Buhl zum Schluss noch nach sinnvollen Maßnahmen zur Verhinderung solcher Ereignisse in der Zukunft. Es war Konsens, dass die Kanalisation für solche Ausnahmeereignisse offensichtlich nicht ausgelegt sei, aber daran auch in kurzer Frist nichts zu ändern sei. Den Schutz der Wälder und den Beitritt Bad Sodens zum Projekt „Hessische Klimakommune“ unterstützten die Teilnehmer, wobei die Grünen die weitere Nutzung der Wälder als Wirtschaftswald klar ablehnten. BSB, CDU und FDP würden jedoch einen Projektbeitritt von einer Kostenprüfung durch die städtischen Gremien abhängig machen.



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