Stolperschwelle zur Erinnerung an Israelitische Kuranstalt

Bad Soden (bs) – Auf Initiative der AG Stolpersteine wurde in der Talstraße auf Höhe der Hausnummer 14 eine Stolperschwelle verlegt. Sie soll anlässlich der Novemberpogrome, die Bad Soden am 10. November 1938 erreichten, an die Patienten, Ärzte und Mitarbeiter der Israelitischen Kuranstalt erinnern. Der Künstler Gunter Demnig, der sonst diese Gedenksteine verlegt und auch schon mehrere in Bad Soden verlegt hat, war diesmal verhindert. Mitarbeiter des städtischen Bauhofs haben daher die Aufgabe übernommen. Die am vergangenen Dienstag an diesem Ort vorgesehene Gedenkveranstaltung musste coronabedingt leider ausfallen und soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Bürgermeister Dr. Frank Blasch erklärte dazu: „Das Verlegen von Stolpersteinen in Bad Soden ist inzwischen zur Normalität geworden, es darf aber nie zur Routine werden. Der Zweite Weltkrieg ist 75 Jahre vergangen, die Zahl der Zeitzeugen wird immer geringer. Gerade vor diesem Hintergrund ist es von enormer Bedeutung, die Erinnerung an die Schoa und das Gedenken an unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu bewahren und immer wieder ins Bewusstsein zu rufen. Das tun wir an den regelmäßigen Gedenktagen, dazu regen aber auch im Alltag die Stolpersteine in unserer Stadt an, die nun durch die Stolperschwelle in der Talstraße eine wichtige Ergänzung erhalten.“

In Bad Soden hofften viele Menschen, von ihren Lungenkrankheiten geheilt zu werden, speziell von der damals stark grassierenden, tödlich verlaufenden Tuberkulose. Die Israelitische Kuranstalt war eine Kureinrichtung für jüdische Menschen, die in diesem Haus ihre religiösen Vorschriften beachtet fanden. Außerdem war sie eine soziale Einrichtung, in der arme Menschen einen kostenlosen Kuraufenthalt verleben konnten dank der orthodoxen Frankfurter Bankiersfamilie Baron Wilhelm Carl und seiner Frau Mathilde von Rothschild. 1889 war die Kureinrichtung in der Talstraße entstanden. Auch Gottesdienste wurden hier abgehalten und es gab einen Schrank mit Torarollen.

Die meisten Lungenkranken kamen aus Russland, Polen, Belgien, Frankreich, England und aus dem nahen Umfeld Bad Sodens. Mit der Israelitischen Kuranstalt war ein Ort praktizierter Wohltätigkeit in der Armen- und Krankenpflege entstanden.

Dies war den Nationalsozialisten in der Stadt ein Dorn im Auge.

Seit 1933 war die Kuranstalt Repressalien ausgesetzt. Im Jahr 1938 kam es in der Pogromnacht am 9. November landesweit zu antisemitischen Ausschreitungen, Verhaftungen und sogenannten „Sammelaktionen“. Am Mittag des 10. Novembers erreichten sie auch die Israelitische Kuranstalt.

Dabei warfen Schüler unter Anfeuerungsrufen ihrer Lehrerin Scheiben ein. NS-Männer drangen in das Haus, brachen die Türen auf und richteten große Zerstörungen an. Daraufhin mussten die vermutlich 60 Patienten das Haus verlassen. Teils im Bademantel und ohne Schuhe, nur im Schlafanzug. Die Israelitische Kuranstalt wurde angezündet und teilweise niedergebrannt. Die Kranken und die sie begleitenden Pfleger wurden nach Frankfurt gebracht. Von dort ging es weiter in die Vernichtungslager. Danach verloren sich ihre Spuren.



X