Besuch aus Argentinien an der Heinrich-von-Kleist-Schule

Claudia Gerstenhaber (l.) spricht mit Schülern der Heinrich-von-Kleist-Schule über die Flucht ihrer Familie vor dem Naziterror. Foto: HvK

Eschborn (ew). Auch in diesem Jahr hat die Stadt Frankfurt wieder eine Gruppe von Nachfahren von Holocaustüberlebenden zu einem Besuch eingeladen. Organisiert wird das Besuchsprogramm vom „Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt“. Ein zentraler Bestandteil des Programms ist immer auch die Begegnung und das Gespräch mit Jugendlichen an Schulen.

So kam am Montag Claudia Gerstenhaber, eine Teilnehmerin der Besuchergruppe, zu einem Treffen mit Schülern und Lehrern an die Heinrich-von-Kleist-Schule (HvK). Begleitet wurde sie von ihrer Tochter Sabrina und von Kirsten Schwartzkopff, einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin im Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt. Claudia Gerstenhaber lebt in Buenos Aires und hat dort vor ihrem Eintritt in den Ruhestand als Erziehungswissenschaftlerin gearbeitet. Sie hat familiäre Wurzeln in Frankfurt, ihre Großeltern und ihre Mutter lebten in der Adalbertstraße in Bockenheim, wo die Familie ein Viehhandelsgeschäft betrieb. Siegfried und Else Straus flüchteten 1937 mit ihrer Tochter Anita, der Mutter von Claudia Gerstenhaber, vor dem Naziterror nach Argentinien. Für Siegfried, Else und Anita Straus wurden am Sonntag in der Adalbertstraße 62 in Frankfurt Stolpersteine verlegt. An dieser Feier nahmen auch HvK-Geschichtslehrerin Petra Dejon und einige Schüler teil. Petra Dejon hatte zusammen mit ihrer Kollegin Stefanie Reckling und Fachbereichsleiter Heinz-Theo Krönker den Besuch an der HvK vorbereitet.

Nach einer Begrüßung durch Schulleiter Marc Heimann trafen die Gäste auf Schüler aus zwei Geschichtskursen der Qualifikationsphase zwei der Oberstufe. In der 90-minütigen Begegnung erzählte Claudia Gerstenhaber die Geschichte ihrer Familie und kam mit den Jugendlichen über Antisemitismus früher und heute ins Gespräch. Sehr ausführlich berichtete sie von ihrem Großvater Siegfried, ihrem geliebten „Opa Friedel“. Friedel war selbstverständlich Soldat im Ersten Weltkrieg, wo er 1915 durch einen Granatsplitter im rechten Oberschenkel schwer verletzt wurde. 1918 trat er in die Firma seines Vaters, der damals eine Futtermittelhandlung in der Kurfürstenstraße in Bockenheim betrieb, ein.

Die Schüler lauschten gebannt den Erzählungen ihres Gastes aus Argentinien. So berichteten Louis Kombol und Christian Hess aus dem Geschichte-Leistungskurs, dass sie noch einmal einen ganz anderen, sehr viel persönlicheren und emotionaleren Zugang zum Geschehenen bekommen hätten. „Das schafft kein noch so gutes Geschichtsbuch“, so die beiden jungen Historiker.

An der HvK will man sich auf jeden Fall auch im nächsten Jahr wieder beim Projekt „Jüdisches Leben in Frankfurt“ für einen Schulbesuch bewerben.



X