Sexy Pilotin mag keine halben Sachen

Die Kabarettistin schlüpft in andere Rollen und Kleider wie etwa in diesen Petticoat, den sie genauso galant über die Bühne schwingt wie sie Sprüche mit weit geöffneten Armen von selbiger herunterklopft. Foto: Andreas Lachmund

Friedrichsdorf (rosa). Nein, die Friedrichsdorfer waren nicht enttäuscht. Auch wenn die mehrfache Kleinkunstpreisträgerin und Kabarettistin Martina Brandl, die vor Kurzem im Forum gastierte, erst einmal behauptete: „Ich weiß auch nicht mehr als Ihr über Sex, Ihr seid einfach auf mich reingefallen, ich habe mein Programm nur „Schon wieder was mit Sex“ genannt, weil „Sex sells“.“ Letztendlich erwartete hier kein Mensch einen Durchblicker-Lehrgang, sondern einen lustigen Donnerstagabend mit Musik, Tanz, Wortwitz und...naja vielleicht mit „irgendwas mit Sex“. Also doch. Aber spätestens nach der Aufforderung Brandls: „Hand hoch, wer hatte heute schon Sex, und wer war dabei mindestens zu zweit“ war klar, der Spaß geht in die richtige zwischenmenschliche Richtung. Dabei wurden keine Wahrheiten ausgelassen, denn Brandl ist nichts zu peinlich, als dass sie es nicht ordentlich durch den Kakao ziehen könnte. So sang sie als Freundin eines jüngeren, attraktiven Mannes: „Lass mich dein Defizit sein, die Freundin, die nicht zu dir passt. Ich bin etwas älter, hab Übergewicht und morgens vom Kissen Knitterfalten im Gesicht“ oder „Baby, es passiert nix, wenn du untenrum nich rasiert bist“ als Macho beim One-Night-Stand. Der Klassiker, das Zwiegespräch im Bett, drehte sich selbstverständlich ebenso um die schönste Nebensache der Welt. Er: „Bist du gerade gekommen?“ Sie: „Nee, ich bin schon die ganze Zeit hier.“ Er: „Nein, ich meine hat’s dir gefallen und so..?“ Sie: „Ach, wir hatten gerade Sex? Mensch, hättest ja mal was sagen können!“ Das amüsierte nicht nur Sanja und Marcel in der ersten Reihe, die das Kulturprogramm in Friedrichsdorf sensationell finden und über ihre bereits 28 Jahre währende Beziehung ins Gespräch mit Brandl kamen: „Bist Du freiwillig hier, Marcel?“ Auch die Müttermafia, eine Gruppe von fröhlichen Müttern, die sich selbst so nennen, lachte ausgelassen über Aussagen Brandls zum Klimakterium wie etwa: „Im Winter kann man mich mieten als Heizpilz für die Terrasse.“ Mit Friedrichsdorfs Landfrauen hatte sich die Schwäbin ebenfalls schnell angefreundet. Besonders mit deren Vorsitzender mit der tiefen Stimme. Sie fühlte sich einfach wohl in Friedrichsdorf. Sicherlich auch, weil es Backstage nicht nur müffelnde, schwitzende Käsebrötchen, sondern eine angenehme Betreuung von Kulturamtsmitarbeiterin Heike Havenstein für sie gab. Also erspielte sie sich mit der Ukulele, ersang und ertanzte sich – im Petticoat „der verdeckt die Wampe so gut“ – weiterhin die Sympathien der Gäste im Forum. Denn diese amüsierten sich köstlich bei ihren Liedern wie etwa: „Reiner, Du hast dich in mein Herz geputzt, Reiner, die anderen haben mich nur benutzt. Auch wenn du mich nicht sehr erregst. Du wirst ein Anderer, wenn du fegst.“

Dass jede Frau ganz bestimmt schon einmal ihre Brüste gewogen habe, war sich die 53-jährige ganz sicher: „Dann wird mit den Ergebnissen bei geheimen Treffen geprahlt, bei denen übrigens auch – Brandl suchte mit ihrem Blick die Männer im Saal – Eure Penislänge diskutiert wird.“

Schließlich schickte sie die Müttermafia, die Landfrauen, Sanja mit Marcel und den ganzen Rest bestens unterhaltener Menschen mit guten Tipps wie die aus dem Lied: „Nichts ist schlimmer als halbe Sachen, frickel doch nich rum, lass richtig krachen. Es gibt nicht sowas wie ein bisschen Exzess. Ich will Pilotin sein, nicht Stewardess!“ nach Hause. Jedoch gab’s dann noch ein paar Auberginen als Zugabe, oder lieber nicht...? Zur Melodie „Don’t Cry For Me Argentina“ aus dem Musical Evita interpretierte sie theatralisch „Schenkt mir nie wieder Auberginen“, um anschließend zum Abschied zu loben: „Danke Friedrichsdorf, Ihr wart ein tolles Publikum. Ihr seid gekommen, habt geduscht, was Schönes angezogen, Ihr riecht gut“. Noch schnell ein wenig Werbung für ihre CDs: „Jedesmal wenn ein Zuschauer keine CD kauft, stirbt eine Pointe“, und nichts wie ab hinter die Bühne zu den guten Schinkenbrötchen.

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