Das Singen in Zeiten von Corona

„Wir lassen uns das Singen nicht verbieten. Das Singen nicht und auch nicht die Musik“. So lauten Textzeilen eines Schlagers aus dem Jahr 1974 von Tina York. Die offene Singgruppe des Vereins „Altes Rathaus Burgholzhausen“ trifft sich deshalb coronabedingt einfach draußen auf dem Houiller Platz. Denn hier herrscht kein Singverbot. Im Gegenteil. Foto: bmi

Von Bettina Müller-Ifland

Friedrichsdorf. 20 Lieder,zwei Organisatoren, 52 Teilnehmer und genügend Platz plus Stromversorgung. Mehr brauchte die Open-Air-Version von „Sing mal wieder“ nicht. Nach coronabedingter Zwangspause starteten der Verein „Altes Rathaus Burgholzhausen“ und die Musikschule Friedrichsdorf unter freiem Himmel am vergangenen Freitag zum gemeinsamen Singen.

Der Zulauf beim ersten Open-Air-Singen des Vereins „Altes Ratahus Burgholzhausen“ auf dem Houiller Platz nach der coronabedingten Zwangspause war groß. Der Musikschule lagen im Vergleich zu früheren Sing-Treffen diesmal fast doppelt so viele Anmeldungen vor. Bernd Schüler, Mit-Organisator und Vorstandsmitglied des Burgholzhäuser Vereins, zeigte sich angetan von der Resonanz: „Das war ein Experiment, ein Test, ob diese Art des Singens ankommt. So viel Zuspruch ist eine schöne Bestätigung für uns.“

Bereits kurz nach 18 Uhr füllte sich die Fläche vor dem Schmuckladen von Beate Schellhas am Houiller Platz, der als Treffpunkt angegeben war. Die Teilnehmer wie auch die Organisatoren achteten dabei auf die Einhaltung der Abstandsregeln, so dass sich schließlich die Sing-Lustigen zu beiden Seiten des Geschäftes und entlang des Spielplatzes auf eine große Fläche verteilten. Das allein erregte schon viel Aufmerksamkeit, einige Vorübergehende blieben stehen. Als dann aber Peer-Martin Sturm, Fachbereichsleiter Gesang von der Musikschule Friedrichsdorf, das erste Lied anstimmte, vergrößerte sich der Kreis der Interessierten erneut.

„Ich mag kein Covid“

Zur Einstimmung in Corona-Zeiten, befand er, sei eine Umdichtung des bekannten Liedes von King Julien aus dem Film Madagaskar genau richtig: Statt „I Like To Move It“ hieß es jetzt „I Don’t Like Covid“. Anschließend folgte ein buntes Potpourri unterschiedlichster Lieder, beginnend mit „Singen macht Spaß“ über besinnlichere Weisen wie „Danke für diesen Tag“ bis hin zu bekannten Schlagern wie Udo Jürgens’ „Aber bitte mit Sahne“. Auch eine weite Range englischer Lieder fand sich in dem von Peer-Martin Sturm zusammengestellten Repertoire, von den Beatles mit „I Want To Hold Your Hand“ über „He’s Got The Whole World In His Hands“ und „Amazing Grace“ bis hin zu „The Lion Sleeps Tonight“. Letzteres entpuppte sich mit den extrem hohen Passagen als Herausforderung. Hier reagierte das sonst so sangesfreudige Publikum zunächst sehr zögerlich. Doch Sturm sparte nicht mit Ermutigungen und neckte seine Sänger gleichzeitig: „Warum habe ich denn hier gerade nichts gehört? Keine Traute? Das könnt ihr doch!“ Woraufhin die Wiederholung deutlich klangvoller über den Houiller Platz hallte. Hier machte sich bemerkbar, dass viele der Anwesenden sich von vormaligen „Sing mal wieder“-Treffen bereits kannten. Vor Corona fanden diese Treffen regelmäßig an jedem dritten Freitag im Monat im alten Rathaus in Burgholzhausen statt. Bereits seit 2012 besteht die Kooperation von Verein und Musikschule. Entstanden war die Idee zu einem offenen Singen aus dem steigenden Bedürfnis in der Bevölkerung, auch ohne Mitgliedschaft in einem Chor zu singen. Peer-Martin Sturm erläuterte: „Überall sprossen damals diese offenen Sing-Treffen aus dem Boden. Unsere Resonanz lag von Anfang an bei 20 bis 35 Teilnehmern pro Abend und bewegt sich seitdem durchgehend auf diesem Niveau.“ Bernd Schüler ergänzte: „Von Anfang an stellte der Verein die Räumlichkeiten und die Musikschule die musikalische Leitung. Es waren immer sehr entspannte, gesellige Treffen mit Getränken und viel persönlichem Austausch in den Pausen.“ Nachdem dieses erste Experiment nun so viel Anklang fand, überlegte Schüler: „Vielleicht können wir es noch einmal wiederholen, wenn das Wetter gut ist.“ Wie es insgesamt mit regelmäßigen Treffen weitergehen könnte, vermag auch Sturm noch nicht zu sagen: „Zukunftspläne sind schwierig, Singen in Innenräumen verbietet sich derzeit. Wir können nur auf ein Ende der Pandemie hoffen.“ Für diesen Abend sprach er Beate Schellhas seinen besonderen Dank aus für die Bereitstellung der Stromversorgung aus ihrem Laden. Ob und wann es eine Wiederholung dieses Open Air Singens geben wird, kann im Internet unter www.altes-rathaus-burgholzhausen.de oder unter www.musikschule-friedrichsdorf.de nachgelesen werden.

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